Karnatik

Karnatik

Karnatik (engl. Carnatic) ist eine veraltete Bezeichnung für eine Landschaft im Süden Indiens. Zur Karnatik gehört das Gebiet zwischen den Ostghats und der Koromandelküste.[1] Die Encyclopædia Britannica von 1911 zählt zur Karnatik die damaligen Distrikte Nellore, Chingleput, North Arcot, South Arcot, Tanjore, Trichinopoly, Madura und Tinnevelly.[2] Dies entspricht dem größten Teil des heutigen Bundesstaates Tamil Nadu und dem Südteil Andhra Pradeshs.

Karnatik ist die eingedeutschte Form des englischen Carnatic.[3] Dies stellt seinerseits eine Anglisierung der Sanskrit-Bezeichnung Karnataka (Karṇāṭaka) dar. Ursprünglich bezeichnete der Begriff das Kannada-sprachige Gebiet im südwestlichen Teil des Hochlands von Dekkan, entsprechend dem heutigen Bundesstaat Karnataka. Die Sanskrit-Namen Karṇāṭa und Karṇāṭaka erscheinen bereits früh in der altindischen Literatur (so im Epos Mahabharata und im Bhagavatapurana) als Bezeichnung eines Landes und des dort lebenden Volkes.[4] Es stammt von den dravidischen Wörtern karu für „schwarz“ und nāṭu für „Land“ ab und verweist auf die Schwarzerde des Dekkan-Hochlands. Auch der Sprachenname Kannada (Kannaḍa) bzw. Kanaresisch hat den selben etymologischen Ursprung.[5] Die Muslime, die ab dem 14. Jahrhundert über Teile des Dekkans herrschten, weiteten die Bezeichnung auch auf das südöstlich gelegene Flachland unterhalb der Ostghats aus. Während der britischen Kolonialzeit wurde der anglisierte Begriff Carnatic im 18. und 19. Jahrhundert schließlich auf die letztere Bedeutung eingeengt.[6] Gleichzeitig wurde die über Kannada ebenfalls von Karnata(ka) abgeleitete Bezeichnung Canara auf den schmalen Küstenstreifen im Westen übertragen.[7]

Der Begriff Karnatik findet sich in den Namen der Karnatischen Kriege, welche Großbritannien und Frankreich im 18. Jahrhundert in der Region ausfochten, sowie der Herrscherdynastie der Nawabs der Karnatik, die meist nach ihrer Residenzstadt Arcot als Nawabs von Arcot bekannt sind, sowie nicht zuletzt der Bezeichnung Karnatische Musik für die südliche der beiden Hauptrichtungen der klassischen indischen Musik. Als geografische Bezeichnung ist Karnatik heute aber nicht mehr gebräuchlich. Hingegen wurde der nach den Sprachgrenzen des Kannada gebildete Bundesstaat Mysore 1973 in Karnataka umbenannt. Damit wurde der Begriff in seiner Sanskrit-Form wieder auf seine ursprüngliche Bedeutung übertragen.

Einzelnachweise

  1. Imperial Gazetteer of India, Band 9, Oxford 1908, S. 301 f.
  2. Encyclopædia Britannica, 11th ed., London 1911, Eintrag "Carnatic".
  3. Zur Verwendung im Deutschen siehe Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10, Leipzig 1907, S. 663, Herders Conversations-Lexikon, Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 555, Pierer's Universal-Lexikon, Band 3, Altenburg 1857, S. 701.
  4. Grosses Petersburger Wörterbuch, bearbeitet von Otto Böhtlingk und Rudolph Roth, Band 2, St. Petersburg 1855, S. 126.
  5. Robert Caldwell: A Comparative Grammar of the Dravidian or South-Indian Family of Languages, 4th ed. repr., Madras 1961, S. 30 f. Vgl. auch T. A. Burrow & M. B. Emeneau: Dravidian Etymological Dictionary, 2nd ed., Oxford 1984, Einträge "1278 (a) Ta. karu", "3638 Ta. nāṭu" und "1284 Ta. kar(u)nāṭakam, kaṉṉaṭam".
  6. Henry Yule: Hobson-Jobson: A Glossary of Colloquial Anglo-Indian Words and Phrases, London 1903, Eintrag "Carnatic".
  7. Hobson-Jobson, Eintrag "Canara".

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Karnatik — Karnatik, s. Carnatik …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Karnatik — (englische Verderbung des aus dem Sanskrit, richtiger wohl aus dem Drawidischen stammenden Karnataka, »schwarzes Land«), 1) Bezeichnung für die in der britisch ind. Präsidentschaft Madras, am Bengalischen Golf und dem Meerbusen von Manar… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Karnatik — Karnatik, Karnara, Theil Vorderindiens unter der Präsidentschaft Madras, 2448 QM. groß, mit mehr als 5 Mill. E., wird in das Hoch u. Niederland getheilt, ist wohlbewässert, gut angebaut, an der Küste sandig, mit den Handelsstädten Madras und… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Varnam — is a form of song in the Carnatic music repertoire. A varnam is a relatively long piece and can range from 30 minutes to up to nearly an hour or 40 50 min. It is usually set to Aadi or Ata tala. It is the center piece in a recital of music or… …   Wikipedia

  • Indien [4] — Indien (Gesch.). Die älteste Geschichte I s ist in Dunkel gehüllt, da die Indische Literatur eine eigentliche Geschichtsschreibung nicht kennt u. die auf uns gekommenen chronikartigen Schriften u. dgl. durchaus den mythologischen Charakter tragen …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Kerala percussion genres kshetram vadyam and other Indian music systems — Kerala percussion genres kshetram vadyam and other Indian music systemsThere has been some confusion about how to categorise the many Indian music systems. The widely used great little traditions dichotomy (great for classical and little for… …   Wikipedia

  • Madras — Madras, 1) Präsidentschaft des Angloindischen Reichs, den Osten u. die Südspitze des Dekan umfassend, 6242 QM. ohne die einheimischen Schutzstaaten, mit letztern aber 8690 QM. groß, im Westen von den Westlichen Ghats, im Osten von den Östlichen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Haider Ali — Haider Ali, Radscha von Maisur, geb. 1728 als Sohn eines mohammedanischen Gouverneurs der Bergfeste Bangalor, gest. 10. Dez. 1782, erhielt 1749 ein kleines Kommando im Heer von Maisur, das damals von zwei Brüdern aus dem Hause Wodeyar im Namen… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Iyer — Infobox Ethnic group group = Iyer அய்யர் poptime = 1901:415,931 2004: 2,400,000 (Estimated) [Accurate statistics on the population of Iyers are unavailable. This is due to the fact that the practice of conducting caste based population census… …   Wikipedia

  • Aarabhi — is a raga that dates back to 7 AD. Originally, it was called as pazhanthakka in Tamil music. Then it was sung in a mixed variation of Devagandhari and Aarabhi (which is sung now). But now these ragas are clearly distinguishable.Aarabhi raga is an …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”