- Zirkuspädagogik
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Zirkuspädagogik ist eine Methode der Sozialarbeit, die künstlerisches Können und pädagogisches Handeln verbindet. Durch die gekonnte Vermittlung der diversen Zirkus-Künste fördern Zirkus-Pädagogen die Persönlichkeitsentwicklung, das Körperempfinden und die Toleranz ihrer Schüler. Jeder Einzelne muss sich um sein 'Können' bemühen, dabei Ausdauer und Konzentration schulen - und dies dann auch noch in Gemeinschaft mit vielen anderen. So ist Zirkuspädagogik ein sehr motivierendes Feld für unterschiedlichste Talente. Vor allem für solche, die zunächst gar nicht wissen, dass sie ein Talent sind, weil sie z.B. im leistungsorientierten Sport nur Misserfolge hatten.
Zirkuspädagogik fördert eine Gemeinschaft, in der die Mitglieder einander ernst nehmen, in der jeder glänzen kann, seine Möglichkeiten entwickelt und zum Nutzen aller einsetzt. Sie kann so Impulse setzen und Erlebnisse schaffen, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen stark machen, sich auch den Herausforderungen des Lebens besser zu stellen.
Inhaltsverzeichnis
Ausbildung
Wichtig für eine gute Zirkus-Pädagogik sind ausgebildete Fachkräfte, die nicht nur mit Herz, sondern auch mit viel Können bei der Sache sind - zum Wohle und zur Sicherheit der ihnen anvertrauten Kinder, Jugendlichen (und Erwachsenen). Da mittlerweile viele Anbieter auf dem Markt sind, sollte jeder, der nach einem Kooperationspartner im Bereich Zirkuspädagogik sucht, vor allem die pädagogische Qualität der Anbieter prüfen. Eine Hilfestellung ermöglicht die BAG Zirkuspädagogik - eine Dachorganisation, die potentiellen Kunden die Möglichkeit bietet, sich über Fragen der Qualität und Sicherheit zu informieren.
Die BAG (Bundesarbeitsgemeinschaft) Zirkuspädagogik bietet zur Verbesserung der Qualität Ausbildungen für Jugendliche zum Zirkus-Gruppenleiter an und gestaltet gemeinsam mit fünf Bildungsinstitutionen in Deutschland eine Ausbildung zum 'Zirkuspädagogen BAG'. Diese Bezeichnung soll in den kommenden Jahren alle diejenigen ausweisen, die ihre fachliche und pädagogische Eignung zur Durchführung zirkuspädagogischer Angebote nachgewiesen haben. Das von der Bildungskommission der BAG entworfene Bildungsmodell benennt Standards zu den Themenbereichen 'Pädagogik', 'Methodik', 'Technik', 'Sicherheit/Gesundheit' und 'Zirkus-Kunst'.
Zirkuspädagogische Angebotsformen
In der Zirkuspädagogik stehen die Stärkung des Selbstvertrauens und der Gruppenfähigkeiten im Vordergrund. Die zirzensischen Künste und die Menschen, die miteinander agieren, sind hierbei die 'Gegenstände', um diese pädagogischen Ziele zu erreichen. Auch die meist abschließende Präsentation vor Publikum ist wesentlicher Teil dieses Settings. Trainiert werden in zirkuspädagogischen Projekten sowohl Clownerie und Zaubern, um die schauspielerischen Talente zu erreichen, diverse Balance-Künste (Akrobatik, Kugel, Rola, Seillauf) und die Arbeit mit vielerlei Kleingeräten (Diabolo, Jonglage, Stangen, Reifen). Hinzu kommen je nach Schwerpunkt der Anbieter spezielle Künste mit Feuer, Einrädern oder auch Trapez, Vertikaltuch und Trampolin.
Zirkuspädagogik wird meist zunächst als Impuls in Form von Projekttagen oder -wochen initiiert. Hierbei kooperieren die Schulen und Jugendeinrichtungen in der Regel mit pädagogischen Profis, die mit Know-How und Material anreisen und die Koordination des Projekts übernehmen. Im Anschluss an solche Projektwochen entstanden in vielen Einrichtungen feste Gruppen, die regelmäßig trainieren. Manche Schulen haben das Angebot mit der Zeit zu einem schulischen Schwerpunkt ausgebaut und nehmen sogar an Wettbewerben teil oder richten selbst solche Zirkustreffen aus (z.B. in Köln oder auch in Hüchelhoven). Zirkuspädagogik ist dennoch vorrangig keine Ausbildungsschmiede für den professionellen Zirkusartisten-Nachwuchs, auch wenn sicher vielleicht einige der Kinder aus den vielen Projekten in den großen Zirkussen der Welt auftauchen. Zirkuspädagogen haben in erster Linie den Entwicklungsprozess ihrer Gruppen im Blick. Ob Einzelne daraus einen professionellen Ehrgeiz entwickeln, ist ein dann sehr schönes, aber nicht notwendiges Nebenprodukt. Viele bleiben diesem schönen Hobby dadurch erhalten, dass sie dann als Jugendliche oder Pädagogen später selbst wieder Kinder anleiten. Und damit schließt sich dann der Kreis hin zur nächsten Generation.
Beispiele für zirkuspädagogische Konzepte
An der Gesamtschule Bergheim bei Köln existiert ein besonderes Konzept zur Durchführung von Zirkus-Projektwochen. In Kooperation mit dem reisenden pädagogischen Zirkus Soluna werden Jugendliche der Oberstufe zu Gruppenleitern ausgebildet. Sie begleiten zunächst ein Soluna-Woche in einer Grundschule und unterstützen die Lehrkräfte im Training mit den Kindern. Einige Wochen später führen sie dann im Team eigenständig die Zirkus-Woche für 150 Kinder des 6.Jahrgangs der Gesamtschule Bergheim durch. Im Anschluss leiten sie dann ein ganzes Schuljahr lang eigene Gruppen im Ganztagsbereich der Schule. Das Projekt wurde sowohl bei der Initiative SozialGenial wie auch beim bundesweiten Wettbewerb Ideen-Initiative-Zukunft ausgezeichnet und gefördert. Das Projekt bietet den Jugendlichen viele persönliche Entwicklungsmöglichkeiten: Sie können mit dem Zertifikat sofort ein Studium aufnehmen, eine Weiterbildung beim ZAK in Köln machen oder mit dem Landesjugendzirkus NRW selbst auftreten.
Ein mittlerweile internationales Projekt ist der seit Anfang der 90er-Jahre existierende Kölner Schulzirkus Radelito. Dort bildet sich jedes Jahr eine zusätzliche neue feste Gruppe, die in vielen Zirkus-Genres trainiert, viele Auftritte spielt und alle 2 Jahre einen eigenen Zirkus-Wettbewerb veranstaltet. Besonderes hervorzuheben ist allerdings die Kooperation und Unterstützung eines Kinder- und Jugendzirkus in Nicaragua. Im jährlichen Wechsel fahren die Radelios nach Nicaragua, um im folgenden Jahr die Besucher aus Nicaragua für 3 Wochen in Köln zu empfangen. Diese aufwendige und beispielhafte Projekt hat schon vielerlei Preise gewonnen, so im Jahr 2010 den mit 2.500 € dotierten MIXED UP Preis im Bundeswettbewerb Kultur macht Schule.
Die Stadt Berlin fördert die Zirkuspädagogik sehr intensiv: Gleich an fünf Standorten im Stadtgebiet gibt es für Kinder und Jugendliche die Gelegenheit in festen stationären Zelten und mit ausgebildeten Zirkus-Pädagogen zu trainieren. Schulen können Projekte in den Cabuwazi-Zelten buchen und durchführen. Die Jugendlichen haben über diese Form der Jugendarbeit sogar vielen Gelegenheiten zu weiten Reisen, da sie oft an Zirkus-Festivals außerhalb von Berlin teilnehmen.
Literatur
- Wilhelm Kelber-Bretz: Zaubern mit Kíndern. Meyer&Meyer Verlag, 2000, ISBN 3-89124-657-9.
Weblinks
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