Dekadenkult

Dekadenkult

Der Dekadenkult (frz.: Culte décadaire) ist einer der Revolutionskulte der Französischen Revolution.

Im laizistischen Staat der Ersten Französischen Republik wurde dieser Kult als Ersatzreligion konzipiert. Seinen Beginn nahm er mit den Entchristianisierungsbestrebungen des Jahres II des Französischen Revolutionskalenders (1793–1794).

Inhaltsverzeichnis

2. Republikanischer Kalender

Das Kalendergesetz vom 4. Frimaire II (24. November 1793) sah eine dezimale Zeiteinteilung mit Beginn des Jahres III (22. September 1794) vor. Mit ihm wurde beabsichtigt den Kalender als politisches Instrument zu nutzen und den Bruch mit der christlichen Kultur auch in der Zeitrechnung durch Abschaffung des Gregorianischen Kalenders zu manifestieren. So sollte er zum Beispiel den Sonntag als Ruhetag ersetzen. Die Woche wurde durch die Decadi von 10 Tagen ersetzt, drei Dekaden bildeten einen Monat. Die zehn Tage der Dekaden wurden durchgezählt. Dadurch gab es nur noch alle zehn Tage einen freien Tag, das Fest der Vernunft, und zusätzlich einige Feiertage am Jahresende im September. Die traditionellen christlichen Feiertage (Weihnachten, Ostern, etc.) wurden durch Revolutionsfeste ersetzt.

Auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands verkündete François Joseph Rudler am 19. Juli 1798 nach dem endgültigen Gewinn des linken Rheinufers diese fundamentale Umstellung der bisherigen Lebenswelt als Tugendkatalog.[1] [2] Während einer Übergangszeit hielten sich nur die Administration („usage civil“) und bewusst revolutionsaffine Bürger (vrais citoyens) an die Dekaden, in der Direktorialverfassung wurden sie nicht mehr erwähnt und versanken in die Bedeutungslosigkeit. In offiziellen Schriften wie Notarverträgen wurde oft eine Doppeldatierung vorgenommen, damit die Eindeutigkeit der Willenserklärung transparent blieb.

François-Martin Poultier entwarf eine 44 teilige Redensammlung direkt für den Gebrauch an den Dekadenfesten, die in Lieferungen zu je zwei Stück erscheinen sollten.[3] Der Mainzer Republikaner und Clubist Georg von Wedekind übersetzte während seines Exils in Straßburg drei Lieferungen ins Deutsche, danach blieb jedoch die Unterstützung für dieses Projekt aus und die Übersetzungen wurden eingestellt.[4]

Im Direktorium

Mit dem Staatsstreich des 18. Fructidor V etablierte sich wieder eine radikalere Regierung. Mit Erlass des Direktoriums vom 3. April 1798 (arrêté du 14 germinal an VI) wird eine verstärkte Umsetzung des Revolutionskalenders und Erneuerung der Dekadenfeiern angeordnet.

Ab dem 17. Thermidor VI (4. August 1798) erhielt der Dekadenkult aber auch Gesetzeskraft, der Decadi wurde erstmals als Ruhetag allgemein festgeschrieben. Verwaltungsvorschriften vom 13. Fructidor VI ordneten ihm den Termin für die Zivilehe im Rahmen der Verwaltungsfeiern zu. Ab dem 23. Fructidor VI (9. September 1798) wurde der Dekadi für alle Bereiche der Gesellschaft gültig. Der neue Kult wurde durch missionarische Sendboten und mit staatlichen Zwangsmaßnahmen durchgesetzt.

Mit dem Konkordat von 1801 und dem Inkrafttreten der Organischen Artikel wurde die antiklerikale Politik der Revolutionszeit beendet. Am 1. Januar 1806 wurde der Dekadenkult schließlich abgeschafft.

Georg Friedrich Rebmann rühmte den Revolutionskalender mit seinem Dekadenkult

„als Ausdruck des Mutes des französischen Volkes, die errungene Freiheit gegen die ganze Welt zu behaupten.“

Literatur

  • Albert Mathiez: La Théophilanthropie et le culte décadaire sous le Directoire. 1904
  • Wolfgang Hans Stein: Revolutionskalender, Dekadi und Justiz im annektierten Rheinland, 1798-1801 [5]

Einzelnachweise

  1. Franz Dumont, Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz: Mainz – Die Geschichte der Stadt. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1998 (S. 358).
  2. Joseph Hansen: Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der französischen Revolution 1780-1801, Band 4, Bonn, 1938, S. 922 ff.
  3. François-Martin Poultier d’Elmotte: Discours décadaires pour toutes les fêtes de l’année républicaine, Paris, ans II—III
  4. Dekadenreden auf alle Feste des republikanischen Kalenders vom Bürger Poultier, übersetzt von Bürger G. Wedekind, Straßburg an III
  5. Wolfgang Hans Stein (Koblenz): Revolutionskalender, Dekadi und Justiz im annektierten Rheinland, 1798-1801

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