Georg Friedrich Rebmann

Georg Friedrich Rebmann

Georg Friedrich Rebmann (* 24. November 1768 in Sugenheim/Franken; † 16. September 1824 in Wiesbaden) war ein deutscher Publizist zur Zeit der Französischen Revolution. Er veröffentlichte viele seiner Texte anonym, gelegentlich auch unter Pseudonym, z.B. Anselmus Rabiosus der Jüngere.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Vater, ein ehrgeiziger, aber auch pedantischer Mann, hatte sich aus kleinen Verhältnissen zum Sekretär bei den Ritterschaften des Steigerwaldes emporgearbeitet; die Söhne sollten den Aufstieg der Familie durch ein Studium fortsetzen. Georg Friedrich besuchte seit 1785 die Universität in Erlangen, wo die Familie mittlerweile lebte. Er studierte Rechtswissenschaften. Im Zug einer Duellaffäre wich er 1787 nach Jena aus, wo er zwei Jahre später seine Prüfungen ablegte. Nach Erlangen zurückgekehrt, tauchte er noch einmal in das Studentenleben ein, verließ aber nach neuen Konflikten 1791 seine fränkische Heimat und reiste über Berlin nach Dresden.

Bald danach erschienen Rebmanns 'Briefe über Erlangen', in denen die Hochschuleinrichtungen, das Tun der Professoren und das Studentenleben kritisch beleuchtet werden. Der Verkaufserfolg, aber auch die Empörung vor allem in Erlangen zeigten, dass der Autor einige wunde Stellen berührt hatte. Rebmann verfasste bald darauf eine ähnliche Schrift über seinen zweiten Studienort Jena.

Der Jurist erkannte in dieser Zeit, dass er sich auch als Schriftsteller und Journalist durchbringen konnte. Er schrieb in der Folgezeit Reiseberichte in Form von Briefen, in denen er seine Beobachtungen in verschiedenen deutrschen Staaten und Städten verarbeitete, und daneben satirische Texte. So nahm er den altbekannten Stoff der Schildbürgerstreiche auf, die er mit Kommentaren zur Zeitsituation anreicherte. In 'Hans Kiekindiewelts Reisen' werden (eng angelehnt an verschiedene literarische Vorlagen, zum Beispiel von Voltaire) die Erlebnisse eines jungen Mannes geschildert, der zusammen mit einem aufgeklärten Begleiter durch verschiedene europäische und asiatische Länder reist, dann versklavt und nach Afrika verkauft wird, schließlich aber als freier Mann in den USA seine Zelte aufschlägt, in deren demokratischer Gesellschaft er sein Lebensglück findet. Die Einheit der Erzählung liegt nicht in der Handlung mit ihren bunt aneinander gereihten Erlebnissen und Erfahrungen, sondern im durchgehenden Gegensatz von Aufklärung und rückständigen Lebensverhältnissen. Despotie, Standesunterschiede, religiöser Wunderglaube und Fanatismus stehen im Zentrum der satirisch vorgetragenen Kritik. Damit steht Rebmann im breiten Strom aufklärerischen Denkens; er vertritt die Ideen, die am Anfang der Französischen Revolution standen, sucht aber den Ausgleich mit den deutschen Fürsten und setzt auf vernunftgeleitete Politik und Reformen von oben.

Nachdem Rebmann eine Rede von Robespierre gegen den Krieg übersetzt und veröffentlicht hat, beginnt die Hetze gegen den angeblichen Jakobiner. Dieser verlässt bald darauf Dresden, wird aus Dessau ausgewiesen und lässt sich in Erfurt nieder (1794), wo er zusammen mit einem Buchhändler einen Verlag gründet und das 'Neue graue Ungeheuer' herausgibt, eine politische Zeitschrift, die ihn in ganz Deutschland bekannt macht. Dort erscheint unter anderem ein Artikel, der sich in scharfer Form gegen die Verfolgung und Misshandlung der Mainzer Jakobiner durch preußische Truppen und durch den Mainzer Fürstbischof richtet. Zwar stand der Autor Rebmann der gelenkten, autoritären 'Demokratie' der Mainzer Republik recht reserviert gegenüber, aber den Verfolgten gilt seine Solidarität. Dieses mutige Eintreten für Menschenrechte bringt ihm einen Haftbefehl ein (Erfurt gehörte zum Herrschaftsbereich des Mainzer Kurstaats), dem er sich Ende 1795 nur durch überstürzte Flucht entziehen kann. Für einige Zeit kommt er in Altona unter. Seine politischen Positionen verschärfen sich nun allmählich. Anders als sehr viele Deutsche, die den Beginn der Revolution begeistert gefeiert hatten, dann aber der Republik den Rücken kehrten, bekennt Rebmann sich nun offen zur republikanischen Staatsform, lehnt allerdings die Schreckensherrschaft der französischen Jakobiner weiterhin ab, ja er sieht diese im Dienst gegenrevolutionärer Bestrebungen in und außerhalb Frankreichs.

1796 begibt sich Rebmann nach Paris, wo er sich 15 Monate aufhält. Die Ernüchterung bleibt nicht aus. Er sieht die Ideale der Revolution vergessen und verraten, stattdessen Streben nach Macht und Gier nach Reichtum, Vetternwirtschaft und Ämterkauf, dazu das Vordringen von Kräften, die die Monarchie erneut einsetzen und die geistige Macht der Kirche wieder stärken wollen. "Ich glaubte ins Heiligtum der Freiheit zu treten und trat - in ihr Bordell."[1]

In literarischen Briefen über seine Reise nach Frankreich sowie über Paris legt Rebmann seine Ansichten zum Stand der Revolution dar. Überzeugte Republikaner erkennt er nur noch in den unteren städtischen Schichten, die von der Revolution am wenigsten profitiert haben. Jetzt beginnt er sich auch mit den Konzepten und Zielen der Jakobiner näher zu befassen, betrachtet die jakobinische Bewegung aber eher als vorübergehenden Bündnispartner in Krisensituationen der Republik; seine eigentliche Sympathie gilt weiterhin der (ehemaligen) Gironde.

In der Forschungsliteratur wird Rebmann häufig als Jakobiner bezeichnet. Das kann allenfalls für seine kurze Pariser Zeit gelten und auch da nur in sehr eingeschränkter Weise, da sein Verhältnis zum Jakobinismus letztlich gebrochen bleibt, er sich auch nicht für das allgemeine Wahlrecht (von Männern) ausspricht; zwar will er die Massen sozial heben, sie aber politisch nicht an die Macht bringen, denn er fürchtet, dass ihre Urteile und Handlungen zu unkontrolliert vom Gefühl geleitet werden.

Gedankenspiele Rebmanns mit einer deutschen Revolution beruhen auf irrigen Voraussetzungen, auch bleibt seine Position hier sehr schwankend, da er der Bereitschaft seiner Landsleute zu einer Erhebung selber nicht recht traut. Seine Hoffnung, unter dem Schutz französischer Revolutionstruppen könne in den linksrheinischen Regionen eine Republik Cisrhenanien entstehen, erfüllt sich nicht, da Frankreich die Gebiete kurzerhand annektiert.

Ende 1797, faktisch 1798 wird Rebmann im nunmehr französischen Mainz als Richter eingesetzt. 1800 erhält er eine Stelle am Revisionsgericht in Trier, 1803 wird er Vorsitzender der Strafkammer in Mainz und 1811 kehrt er als Präsident des Berufungsgerichtshofs nach Trier zurück. Seine Tätigkeit trägt ihm hohes Ansehen ein, nicht zuletzt wegen seiner sicheren Prozessführung gegen die so genannte Schinderhannes-Bande (1803), die ihm den Orden der Ehrenlegion durch Bonaparte einträgt. Im gleichen Jahr heiratet er Katharina Runten, die er über ihren Bruder, einen Trierer Anwalt, kennen gelernt hat.

Nur noch gelegentlich schreibt Rebmann politische Artikel. Besonders setzt er sich gegenüber den Behörden dafür ein, in den neuen französischen Departements Deutsch als Amtssprache zuzulassen. Hatte er den General und später den 1. Konsul Bonaparte als "Held" mit starker und zugleich ruhiger Hand gerühmt, so steht er dem napoleonischen Kaisertum ablehnend gegenüber. In dieser neuen Diktatur sieht er die Ideen der Revolution entehrt. Seinen Beruf allerdings kann er auch unter dem Kaisertum mit Überzeugung ausüben, da er das moderne französische Gerichtswesen mit Geschworenen und öffentlicher Verhandlung als Frucht der Revolution und Fortschritt im Sinn der Aufklärung betrachtet.

Nach dem Sturz Napoleons wird die Rheinpfalz an Bayern angeschlossen. Rebmann gelingt es aufgrund seines hervorragenden Rufs als Jurist, trotz seiner früher geäußerten radikalen Ansichten in den bayrischen Staatsdienst übernommen zu werden. Seine Sympathie für den ehemaligen Rheinbundstaat, der in den vorhergegangenen Jahren tief greifende Reformen durchgeführt hatte, macht er auch publizistisch offenbar; unzweideutig äußert er sich gegen den beginnenden restaurativen Kurs der preußischen Politik und gegen rückwärtsgewandte politische Mittelalter-Schwärmerei. Stattdessen setzt er auf eine Weiterführung der politischen und gesellschaftlichen Liberalisierung und auf eine Verfassung, die der Bildungsschicht Mitwirkungsrechte im Staat einräumt.

Die wenigen überlieferten Äußerungen aus seinen letzten Lebensjahren lassen erkennen, dass Rebmann die Entwicklung im Deutschen Bund, die in die entgegengesetzte Richtung führte (Karlsbader Beschlüsse), entschieden abgelehnt und mit tiefem Pessimismus beantwortet hat. Zudem verschlechterte sich sein schon von früh an kränkelnder Zustand immer mehr; schließlich war er von zunehmender Erblindung bedroht und nur noch begrenzt arbeitsfähig. Während einer Kur in Wiesbaden starb er im September 1824.

Bemerkenswert an Rebmann ist seine Treue zu den Grundsätzen der Aufklärung, die ihm bei allem Schwanken in strategischen Fragen lebenslang Orientierung gegeben haben. Seine Überzeugung war stets, dass die Menschen sich zunächst geistig - im Sinn zunehmender Vernunft - weiterentwickeln müssten, bevor die Verhältnisse in Gesellschaft und Staat nachhaltig verändert werden könnten. Er selber ist nie in politische Romantik abgeglitten wie etwa der ehemalige Jakobiner Joseph Görres oder wie Ernst Moritz Arndt. Als seinen legitimen Nachfolger im Fach des politischen Journalismus mag man Ludwig Börne betrachten, der in jenen Jahren zu schreiben begann, als Rebmann die Feder niederlegte.

Einzelnachweise

  1. Holland und Frankreich. In: Werke und Briefe Bd. 2 S. 319

Werke

  • Heinrich von Neideck Erlangen 1791
  • Apologie einer geheimen Gesellschaft edlerer Art gegen die Angriffe eines Ungenannten: nebst einigen Bemerkungen über geheime Verbindungen überhaupt, und die sogenannten schwarzen Brüder insbesondere / von I. Z. S. M. [Andreas Georg Friedrich von Rebmann] Frankfurt und Leipzig 1792
  • Empfindsame Reise nach Schilda Leipzig 1793
  • Hans Kiekindiewelts Reisen in alle vier Weltteile und den Mond Leipzig 1794
  • Briefe über Erlangen. Faksimile der Ausgabe 1792 mit einem Nachwort von Ernst Schubert. Erlangen 1984 (Bibliotheca Franconica; 9).
  • Werke und Briefe. (3 Bände) Hrsg. von Hedwig Voegt, Werner Greiling und Wolfgang Ritschel. Berlin: Rütten & Loening 1990. Band 1 ISBN 3-352-00310-6; Band 2 ISBN 3-352-00311-4; Band 3 ISBN 3-352-00312-2
  • Jena fängt an, mir zu gefallen. Stadt und Universität in Schriften und Briefen. Mit einem Anhang. Herausgegeben und mit einer Einleitung von Werner Greiling. Jena; Leipzig 1994 (Schriften zur Stadt-, Universitäts- und Studentengeschichte Jenas; 8).
  • Neuestes Manifest der Frankenrepublik an alle Völker der Welt 2 Bl., 44 S. Kartonage. (Dessau 1793/94). Höchst seltene erste deutsche Ausgabe der bedeutenden Rede Robespierres zur Außenpolitik der französischen Republik vom 18. November 1793, von Rebmann kongenial in dieser eminent politischen Übersetzung dem deutschen Publikum vorgestellt.
  • Ein Gemählde menschlicher Sitten, Vorurtheile, Thorheiten, Laster & c, & c, in allen Himmelsstrichen. Seitenstück zu Hans Kiekindiewelts Reisen / von Ludwig (Waghals oder Waagehals) (Andreas Georg Friedrich von Rebmann) Leipzig und Gera 1795.
  • Das Ministerium der Hölle. Acherontia 5796
  • Blick auf die vier neuen Departemente des linken Rheinufers. Trier 1802
  • Der revolutionäre Kalender, 1805
  • Bescheidene doch freimütige Andeutung über Übertreibungen und Rückwirkungen mit besondrer Hinsicht auf Deutschland. Germanien [Mainz] 1815
  • Andeutung einiger Forderungen an eine gute Strafrechtspflege mit besonderer Rücksicht auf mündlich-öffentliche Verhandlungen und auf Geschworene. Wiesbaden 1819

Literatur

  • Friedrich Laun [= Friedrich August Schulze], Memoiren. Bunzlau 1837 (Kapitel über Rebmann in Teil 1)
  • Inge Stephan: Literarischer Jakobinismus in Deutschland (1789-1806). Stuttgart 1976
  • Rainer Kawa: Georg Friedrich Rebmann (1768-1824). Studien zu Leben und Werk eines deutschen Jakobiners. Bonn 1980
  • Maria Anna Sossenheimer: Georg Friedrich Rebmann und das Problem der Revolution. Revolutionserfahrungen, Revolutionsinterpretationen und Revolutionspläne eines deutschen Republikaners. Frankfurt/Bonn/New York/Paris 1988
  • Hedwig Voegt: Einleitung. In: Georg Friedrich Rebmann, Werke und Biefe (hrsg. von Wolfgang Ritschel). Berlin 1990. Bd. 1 S. 5-52
  • Christian Wirth: Der Jurist Johann Andreas Georg Friedrich Rebmann zwischen Revolution und Restauration. Frankfurt am Main 1996. (Rechtshistorische Reihe 144) ISBN 3-631-48870-X
  • Elmar Walde und Gerhard Sauder (Hrsg.): Georg Friedrich Rebmann (1768 - 1824), Autor, Jakobiner, Richter. Sigmaringen 1997. (Schriften der Siebenpfeiffer-Stiftung 4) ISBN 3-7995-4904-8
  • Anne Cottebrune: Mythe et réalité du "jacobinisme allemand". Atelier National de Reproduction des Thèses, Lille 2005, ISBN 978-2-284-04884-8 (Rezensiert von:Susanne Lachenicht Historisches Seminar, Universität Hamburg).
  • Franz Brümmer: Rebmann, Andreas Georg Friedrich von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 27, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 483–485.
  • Hermann Uhrig: Rebmann, Andreas Georg Friedrich. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 7, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-048-4, Sp. 1436–1457.
  • Georg Seiderer: Rebmann, Georg Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 226–228.

Weblinks


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