- Denkverbot
-
Mit dem Begriff Denkverbot wird die Unterdrückung von Meinungen oder deren Äußerung bezeichnet, sofern diese von gängigen Interpretationen oder Dogmen abweichen.[1]
Inhaltsverzeichnis
Verwendung
Sigmund Freud sprach sich gegen Denkverbote der Religion aus, welches sie „im Sinne ihrer Selbsterhaltung ausgehen lässt“. Diese würden eine „Denkhemmung“ mit sich ziehen. Nur das Primat der Vernunft könne eine „Diktatur im menschlichen Seelenleben“ vermeiden.[2] Denkverbote führten für den einzelnen zu neurotisierenden Einflüssen, aber im weiteren Kontext zu einer Einschränkung der Freiheit des Denkens, was eine Gefahr für die Gesellschaft sei:[3]
„Aber der gemeinsame Zwang einer solchen Herrschaft der Vernunft wird sich als das stärkste einigende Band unter den Menschen erweisen und weitere Einigungen anbahnen. Was sich, wie das Denkverbot der Religion, einer solchen Entwicklung widersetzt, ist eine Gefahr für die Zukunft der Menschheit.“
– Sigmund Freud 1933
Fritz Erik Hoevels schrieb in seinem Werk Wilhelm Reichs Beitrag zur Psychoanalyse: „Schon Freud hatte sich 1908 zur Illustration seiner durchaus anstößigen Theorie von der „Vorbildlichkeit des Sexuallebens für das nicht sexuelle“ einen biologischen Kern der „unzweifelhaften interkulturellen Inferorität so vieler Frauen“ geleugnet und diese auf das für Frauen erziehungsbedingt stärkere sexuelle Denkverbot zurückgeführt und jenes obendrein mit dem „religiösen Denkverbot“ und dem „jovialen Denkverbot des braven Untertans“ in Parallele gesetzt.“ [4] Der Volkskundler Martin Scharfe sprach in Anlehnung an Freud von Denkverboten in Wissenschaften, die er als „affektive Ablehnung“ gegenüber „bestimmten Wissenschaftsinstitutionen, -perspektiven und -lager“ bezeichnet. Er bemerkte: „Wir haben Tabus in verschiedener Hinsicht errichtet, wir unterwerfen uns, wenn wir Wissenschaft betreiben paradoxerweise einem denkkollektiven Widerstandsaviso“ und stellte das Vertrauen in die Unfehlbarkeit und Rationalität nicht nur in den Kulturwissenschaften in Frage. [5]
Der Begriff des Denkverbotes findet ebenso im politischen Diskurs Verwendung. So kritisierte etwa der Kultursoziologe Detlef Grieswelle, die Politische Korrektheit ziele darauf ab, „was man öffentlich sagen, was man tun muss bzw. was man öffentlich nicht sagen, nicht tun darf, wenn man nicht moralisch verurteilt werden will.“ Der Meinungsdruck reiche „von bestimmten Worttabus […] bis hin zu ideologischer Korrektheit und weltanschaulichen Denkverboten.“[6] Die Journalistin Gesa von Leesen machte in der Zeitung Das Parlament Denkverbote in allen politischen Lagern aus: „Denkverbote, die sich über Sprache ausdrücken“ existierten „in jeder festen Weltsicht“. Ebenso führe die Weigerung „Kant zu folgen“ zu Denkverboten. [7] Der Psychologe Ewald Krainz nannte Denkverbote als eine der „unangenehmen Eigenarten der Hierarchie“, die von oben nach unten durchgesetzt werden. Sie äußern sich „weniger streng gesagt durch eine ‚eingeschränkte Denkzuständigkeit‘, die sich in allen möglichen Tabuisierungen und Sprechverboten“ ausdrücken würde. Erklären würde dies die oftmals „beobachteten Hemmungen“, die sich aber später in „Turbulenzen“ äußern könne.[8]
Siehe auch
Weblinks
-
Wikiquote: Denkverbot – Zitate
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag Denkverbot bei duden.de
- ↑ vgl. Leon Wurmser: Die zerbrochene Wirklichkeit. Bd.2, Wert und Wahrheit in der Psychoanalyse, Vandenhoeck & Ruprecht 2002, S. 40 hier online
- ↑ Marianne Springer-Kremser und Alfred Springer: Zur Aktualität von Sigmund Freuds Kulturtheorie heute
- ↑ Fritz Erik Hoevels: Wilhelm Reichs Beitrag zur Psychoanalyse Ahriman-Verlag 1996, S. 61.
- ↑ Martin Scharfe: Menschenwerk: Erkundungen über Kultur 2002 S. 125 ff. hier online
- ↑ Detlef Grieswelle: Politische Rhetorik: Macht der Rede, öffentliche Legitimation, Stiftung von Konsens, Deutscher Universitäts-Verlag, 2000, S. 353
- ↑ Gesa von Leesen: "Das sagt man nicht!" - Political Correctness zwischen Moral und Kampfbegriff in: Das Parlament, Nr. 01-02 vom 2. Januar 2007
- ↑ Zitiert in: Barbara Lesjak: Die Kunst der Politik: Zum Potenzial von Gruppendynamik und Organisationsentwicklung für politische Lernprozesse,Vs Verlag 2009, S. 151, online
-
Wikimedia Foundation.