Redeverbot

Redeverbot

Als Redeverbot bezeichnet man „das (zeitweilige) Verbot, öffentlich (politische) Reden zu halten“[1] oder das Verbot, über einen bestimmten Sachverhalt generell zu sprechen.

Der Begriff ist nicht genau abgegrenzt und wird hauptsächlich für Eingriffe in die Meinungsäußerungsfreiheit verwendet. Aber auch das Gebot zur Ruhe in Kirchen und Bibliotheken wird damit bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Rechtslage in Deutschland

Der Staat hat das Recht, einzelne Grundrechte einzuschränken, um Gegnern der Freiheitlich demokratischen Grundordnung den Handlungsspielraum zu entziehen – dazu gehört auch die Einschränkung der freien Meinungsäußerung zum Beispiel bei Veranstaltungen und in öffentlichen Medien. Im Grunde genommen verstößt ein solches Erteilen eines Redeverbots zwar gegen Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes, da es aber als Waffe der Streitbaren Demokratie zur Abwehr ihrer Gegner verwendet wird, wurde ein Missbrauch bisher nicht definiert. Dieses Mittel existierte bereits in der Weimarer Republik.[2]

Redeverbot als Mittel der Zensur

Redeverbot gegen einen Pfarrer in der Zeit des Nationalsozialismus

Intern kann mit dem Instrument des Redeverbotes die Diskussion über bestimmte Themen oder Zustände (zum Beispiel über den Umgang mit Betriebsräten in einem Unternehmen) verboten und so bis zu einem gewissen Grad interne negative Diskussionen und daraus resultierende unerwünschte Aktionen reduziert und nach außen schlechte Publicity unterdrückt werden.[3] Nach außen hin kann die Mitteilung unerwünschter Positionen unterbunden werden.[4][5]

Politisches Redeverbot bedeutet den Ausschluss unangenehmer Positionen aus der aktuellen politischen Meinungsbildung. Abweichler werden durch präventives Redeverbot zu bestimmten Themen entweder „zurück ins Glied“ gezwungen oder aus bestimmten Diskussionen vorab ausgeschlossen. Auf diese Weise ist ihre Meinung effektiv aus der öffentlichen Wahrnehmung entfernt und wird von größeren Teilen der Gesellschaft nicht oder kaum wahrgenommen. Nach außen entsteht so der Eindruck, in der Politik herrsche bei bestimmten Themen ein allgemeiner Konsens, der eigentlich nicht existiert.

Besonders bedenklich sind Redeverbote gegenüber Journalisten, da in diesem Fall die journalistische Tätigkeit, die eigentlich nicht behindert werden darf, ohne rechtliche Folgen eingeschränkt werden kann und damit die „Vierte Gewalt“ in demokratischen Systemen ihre Funktion der Meinungsbildung nur noch eingeschränkt erfüllen kann. Ein Beispiel hierfür ist der so genannte „Maulkorberlass“ des Berliner Schulsenators Klaus Bögner, mit dem Lehrern der Stadt Berlin verboten wurde, mit Journalisten über die Missstände an ihren Schulen zu sprechen.[6]

In repressiven, nichtdemokratischen Regimen wird das Instrument des Redeverbotes häufig benutzt, um politische Gegner, die einen zu großen Bekanntheitsgrad besitzen oder anderweitig unangreifbar sind, generell zum Schweigen zu bringen, wie im Beispiel von Aung San Suu Kyi. Besitzt ein System genügend internationale Macht, kann es durch versteckte oder offene Unmutsbekundungen sogar außerhalb seiner eigenen Grenzen unerwünschte Meinungen oder Berichterstattung unterbinden.[7][8]

Redeverbot als Bestandteil von Mobbing

Redeverbot ist nach Heinz Leymann auch ein Bestandteil von Mobbing: der Gemobbte wird (meist unter Androhung weiterer Repressalien) von den Mobbern zum Schweigen gezwungen.[9][10]

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Redeverbot – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache
  2. Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung: Öffentliches Redeverbot für Hitler (März 1925)
  3. Christian Esser, Franziska Hofmann, Reinhard Laska: Frontal 21, Manuskript zum Beitrag: Angst am Arbeitsplatz – Die miesen Methoden bei H&M; Sendung vom 21. März 2006 (pdf, 51 kB)
  4. Holocaust-Leugner: Redeverbot für Williamson; Zeit-Online, Meldung vom 15. April 2010.
  5. Rita Flubacher: Redeverbot für den ehemaligen Chefökonomen der UBS; Meldung v om 8. Mai 2009
  6. Florentine Anders: Redeverbot für Lehrer gegenüber Journalisten; Berliner Morgenpost, Bericht vom 10. Juni 2008.
  7. Frankfurter Buchmesse: Redeverbot für Dai Qing. Bei Ling erhielt ebenfalls Redeverbot; topnews.de, Meldung vom 19. Oktober 2009.
  8. Amnesty International kritisiert Redeverbot auf Frankfurter Buchmesse; topnews.de, Meldung vom 20. Oktober 2009
  9. F.Graf: Die 45 Mobbing-Handlungen nach Leymann, Abschnitt 1; psychokrieg.de
  10. Jula Müller (Institut für Bildungscoaching): Mobbing im Arbeitsrecht;

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