Die Rose (Walser)

Die Rose (Walser)
Robert Walser

Die Rose ist ein Band Essays von Robert Walser, im Februar 1925 bei Ernst Rowohlt in Berlin erschienen.

In diesem letzten Buch, das Walser noch selber zusammengestellt hat, werden literarische und andere menschliche Bemühungen mehr bitter-ironisch als humoristisch betrachtet.

Inhaltsverzeichnis

Eine Zahl in runden Klammern verweist auf die Seite in der Quelle oder in der Literaturstelle. Titel erwähnter Kurzgeschichten sind unterstrichen.

Genre

Wilpert kategorisiert die siebenunddreißig kurzen Texte Walsers als Essays.

Greven (2) bezeichnet diese Sammlung als Miniaturen, Kurzgeschichten sowie literarische und humoristische Betrachtungen. Er nennt jene Exkurse, Parabeln, aphoristischen Gedanken und Anspielungen eine höchst originelle Kulturkritik (Nachwort, 111).

Eine Ohrfeige

In Eine Ohrfeige und Sonstiges schreibt Walser, er sei schon auf die eigentümlichsten Einfälle (53) gekommen. Von derartigen Skurrilitäten wimmelt es in Walsers Buch. Bei alledem spricht der Autor sein Programm deutlich aus: Nachdem Walser die Kreuzigung Jesu - beinahe blasphemisch - haarklein beschrieben hat (53), meint er, der Schriftsteller solle sich nicht ans Großartige schmiegen, sondern in Kleinigkeiten bedeutend (54) werden. Der Autor tändelt mit seiner Intelligenz (86). Ständig behält er schreibend seinen Leser im Auge - etwa, wenn er einschränkt: falls das nicht übertrieben klingt (88). Gern spricht er beiseite, überblickt dichtend sein Erlebtes (75), glaubt, dass er etwas wert sei (70) und dichtet überhaupt verblüffend trocken (73). Obwohl er spärlich gelesen werde, so ermuntert er sich, gäbe es Leser, die ihn gerade darum schätzten (80). Sogar um das finanzielle Wohlergehen der bedauernswerten Verleger sorgt sich dieser umsichtige Autor. Jene Herren sollten sich Autoren halten, die im Leben sonst noch etwas sind (81). Sich und sein Handwerk nimmt der Poet nur so ernst als unbedingt nötig. Mensch sein und spazieren sei genau so schön wie die Buchproduktion (Sonntagsspaziergang (I), 10). Ein Poet ist er schon, denn er schätzt eingebildetes Leben höher als wirkliches (101).

Erich

Walser möchte ein großer Dichter sein. Jammerschade, hohe Lieder der Liebe liegen bereits fix und fertig gedichtet vor. Gerne kröche er durchs Lieferantentürli in die Paläste der Literatur (48). Walser nennt den Helden seiner Kurzgeschichte Erich, weil dieser Vorname so blond (44) sei. In dieser Geschichte wird auch Pieter Maritz, der Burensohn, durch den Kakao gezogen. Maupassant, Graf Villiers de l'Isle-Adam, Dumas, Balzac (66) und Sacher-Masoch, der Schilderer östlicher Eigenart (68), kommen in der Geschichte Von einigen Dichtern und einer tugendhaften Frau auch nicht viel besser weg. Und wie hält es der Autor mit Kleist, Goethe, Schiller (67) und besonders mit Hölderlin, dem edlen, der am dichtenden Verstummen zugrunde ging (59)? Walser schämt sich über seine gute Laune, wenn er von solchem Großsein schreibt.

Gott und die Welt

  • Gott gibt nicht viel, schreibt Walser, wenn er in seinem fünften Lebensjahrzehnt über den Menschen nachdenkt, dem karge siebenzig Jahre zugemessen sind, damit das Wenige etwas bedeute (46). Für die eigene Person hat Walser diese biblische Norm (Die Bibel, Das Alte Testament, Der Psalter, Psalm 90,10) um acht Jahre übertroffen.
  • Walser muss nicht extra Geschichten erfinden, um gedruckt zu werden. So greift er einfach eine Meldung aus dem Blätterwald heraus: Lenin verstarb. Schon ist der Bezwinger der Massen für eine Betrachtung Lenin und Christus? gut (55). Jener revolutionäre Sohn eines Simbirsker Schulinspektors wohnte immerhin reichlich zehn Jahre nach dem ewigen Mieter Walser während des Ersten Weltkriegs in der Spiegelgasse im Zürcher Oberdorf (Nachwort, 115).

Die Rose

In der kleinen Szene, die dem Band den Titel gab, schenkt der trotzige Arthur der Kellnerin keine Rose. Die Kellnerin bekommt die Blume von einem anderen und bedauert das: Nicht die Aufmerksamen machen den Frauen Eindruck, sagt sie. Wir schauen achtungsvoll auf Achtlose. Die Beschäftigten, Inanspruchgenommenen gefallen uns. (94, 95)

Der Einsame

Ein poetisches Loblied auf die geistig-moralische Freiheit und Ungebundenheit des Einsamen, Nichtintegrierten. (101,102)

Zitate

  • Quillt nicht gute Laune oft aus schlechter? (50)
  • Hinaufzukommen versuchen ist schöner, als oben zu sein (60).
  • Einwilligung hat Folgen (62).
  • Wir befassen uns lieber mit andern als mit uns selbst (70).
  • Vielleicht ist gerade die Liebe die Feindin der Liebe (70).

Wörter und Wendungen

Zitierte Verbalakrobatik ist unterstrichen.

  • Bildungssprachliches: Walser spielt mit dem Leser, wenn er z.B. schreibt Darüber war die Wirtin intrigiert (43) und vermutlich indigniert meint.
  • … mit vor Sehnen zu Kreisen geweiteten Augen… (49)
  • Nachdem eine Garderobenfrau ihn vertraulich behandelt hat, lodert Walser wie ein Scheit (51).
  • brünseln (52) für brunzen [urinieren].
  • plakätische [Plakat] Zeiten (59).
  • Der Mann, der gern eine schöne Frau kennenlernen mögen könnte,… (65)
  • Kleist ist gemißbilligt worden (67).
  • Seine Verse erscheinen aus Gemüt und Verstand herausgenötigt (67).
  • das Nichtnotizdavonnehmen (58), das Verständnisentgegenbringen (77), das Nichtnachahmenkönnen (91).
  • das Vorläufig-alles-dies-noch-nicht-für-möglich-halten-Können (92).

Selbstzeugnis

Walser schreibt im Herbst 1925 an Resy Breitbach: 'Die Rose' ist eines meiner feinsten Bücher… Es ist das ungezogenste, jugendlichste aller meiner Bücher,…(Nachwort, 110).

Rezeption

Literatur

Quelle

  • Jochen Greven (Hrsg.): Robert Walser: Die Rose. Mit einem Nachwort des Herausgebers. Zürich 1986. 123 Seiten, ISBN 3-518-37608-X

Sekundärliteratur

  • Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments. Revidierte Fassung der deutschen Übersetzung Martin Luthers (1912)
  • Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren A - Z. S.648. Stuttgart 2004. 698 Seiten, ISBN 3-520-83704-8

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