- Dorfkirche Wittenau
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Die Dorfkirche Wittenau auf dem Dorfanger Alt-Wittenau ist eine der über 50 Dorfkirchen in Berlin. Die einfache Saalkirche wurde 1482 bis 1483 im einstigen Dalldorf errichtet, dem heutigen Berliner Ortsteil Wittenau, der Turm erstmals 1489. Die Kirche, die unter Denkmalschutz steht, wurde 1956/57 restauriert, der Turm im Jahr 2000.
Inhaltsverzeichnis
Das Kirchenschiff
Ende des 15. Jahrhunderts wurde diese Dorfkirche als einfache, rechteckige Feldsteinkirche ohne Chor mit hohem Satteldach errichtet, wie in vielen anderen Dörfern schon zwei Jahrhunderte früher. Um die Wende des 13. zum 14. Jahrhundert trat ein Wandel in der Bauweise der Dorfkirchen ein. Die Steinhauer spalteten und behauten die Granitfindlinge zunehmend flüchtig und wenig exakt. Die Umfassungsmauern entstanden als äußerst nachlässig gemauerten Verband aus gespaltenen Granitsteinen unterschiedlicher Größe. Einheitliche Verbände mit sauberen Lagerfugen, wie sie die Bauten des 13. Jahrhunderts aufwiesen, gab es nicht mehr. Feldsteine als Baumaterial waren in der Gegend zunächst reichlich vorhanden. Sie wurden erst knapp, als unbefestigte Landstraßen in gepflasterte Chausseen umgewandelt wurden. Ziegel mussten nun als Ergänzungsbaustoff zum Feldstein bei der Renovierung der Dorfkirche verwendet werden. Seit dem 14. Jahrhundert gab es zwar Ziegelmaterial, das in den meist durch Klöster betriebenen Ziegeleien hergestellt wurde, für Dorfkirchen dürfte es aber zu teuer gewesen sein. Bei späteren Renovierungen wurden nur noch Ziegel verwendet, allerdings wurden die Wände nun auch außen verputzt. Die Kirche wurde nachweislich im Dreißigjährigen Krieg zum Teil zerstört. Bei der Feuersbrunst im Jahr 1796 wurde die Mehrzahl aller Gebäude des Dorfes, die meist mit Stroh oder Rohr gedeckt waren, vernichtet. Vermutlich blieben auch das Dach und der Turm der Kirche nicht verschont, worauf die Arbeiten an der Kirche im Jahr 1799 schließen lassen. Das östliche Giebeldreieck aus Ziegeln im sogenannten Klosterformat oberhalb der bis zur Traufhöhe reichenden Feldsteinwand entstand entweder beim Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg oder erst nach der Feuersbrunst. Die ursprüngliche Pforte an der Südwand der Kirche wurde vermauert. Erhalten blieb das abgetreppte Rundbogengewände. Die heutige Südpforte und die verbreiterten Fenster erhielten um 1830 Gewände mit Segmentbögen aus Ziegeln, ebenso das Westportal, das von Anfang an bestanden hat, allerdings ist dieses abgetreppt und spitzbögig. Die alte Pforte an der Südwand aus der Entstehungszeit der Kirche wurde vermauert. Im Ostgiebel befanden sich ursprünglich drei Fenster, von denen das mittlere die beiden seitlichen überragte. Die Segmentbögen waren gleich steil. Seit Einbau des barocken Kanzelaltars im 18. Jahrhundert ist das mittlere Fenster zugemauert und nur noch als Nische erhalten. Die beiden äußeren Fenster wurden später verbreitert. Das vorgeblendete Maßwerk in den zwei Nischen des Giebeldreiecks gliedert sich entsprechend der üblichen Gestaltung gotischer Fenster jeweils in zwei schmale Spitzbogenfelder und eine darüber liegende Rosette.
Der Turm
Auf Grund des Vorhandenseins zweier Bronzeglocken im Glockengeschoss des heutigen hölzernen Fachwerkturmes mit den Jahreszahlen 1484 und 1583 kann angenommen werden, dass die Kirche von Anfang an einen Turm hatte, vermutlich auch eine mit Holzschindeln verkleidete Fachwerkkonstruktion. Im Dreißigjährigen Krieg oder bei der Feuersbrunst im Jahr 1796 verlor die Kirche wahrscheinlich ihren Turm. Jedenfalls wurde der heute vorhandene quadratische Turm mit seiner hohen achteckigen Spitze erst 1799 an der Westwand aufgesetzt und in das Dach des Kirchenschiffs eingebunden. Der Turm ist also dem Baukörper „aufgesattelt“, das bedeutet er hat keine eigenen Grundmauern. Allerdings ist das Dreiecksfeld des Westgiebels unter dem Turm aus Ziegeln. Die erhaltene Spitze in der „klassischen Anordnung“ von Knauf, Windfahne und Stern stammt aus dem Jahre 1799. Die Holzschindeln des Turms und die Holzverkleidung des Westgiebels wurden 1894 durch Schiefer ersetzt.
Das Innere
In der Kirche wurde um 1500 ein Flügelaltar aufgestellt, von dem nur noch die Schnitzfiguren des heiligen Nikolaus und die der Anna selbdritt, d. h. der heiligen Anna und der Maria mit dem Kinde auf einer Mondsichel erhalten geblieben sind. Heute befindet sich in der Kirche ein barocker Kanzelaltar aus dem 18. Jahrhundert. Bei der Erneuerung von 1956 bis 1957 wurde die flache Saaldecke durch eine hölzerne Stichbogentonne ersetzt, damit der barocke Kanzelaltar zur besseren Wirkung kommt. Anlässlich der Preußen-Ausstellung 1982 wurden die Farben des Altars erneuert. Die Figur des Christus des Auferstandenen über dem Südportal kam als Stiftung erst 1966 in die Kirche. Ihre Entstehung wird der Renaissance zugeordnet. Auf der Empore unter dem Turm steht eine kleine, 1958 von Karl Schuke gebaute Orgel.
Literatur
- Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin: Berlin und seine Bauten. Teil VI. Sakralbauten. Berlin 1997.
- Matthias Hoffmann-Tauschwitz: Alte Kirchen in Berlin. Berlin 1991.
- Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. Berlin 1978.
- Kurt Pomplun: Berlins alte Dorfkirchen. Berlin 1984.
- Hans-Jürgen Rach: Die Dörfer in Berlin. Berlin 1990.
- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band Berlin. München/Berlin 2006.
Weblinks
Commons: Dorfkirche Wittenau (Berlin) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste mit weiteren Informationen
- Evangelische Kirchengemeinde Alt-Wittenau
52.59224313.325456Koordinaten: 52° 35′ 32,1″ N, 13° 19′ 31,6″ OKategorien:- Kirchengebäude in Berlin
- Kirchengebäude der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
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- Baudenkmal (Berlin)
- Feldsteinkirche
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