Evozierte Sprachdiagnose grammatischer Fähigkeiten

Evozierte Sprachdiagnose grammatischer Fähigkeiten

Der ESGRAF-Test ist ein spezieller Sprachleistungstest, der grammatische Störungen bei Kindern und Jugendlichen untersucht und daraus Therapie- und Lernziele ableitet. ESGRAF steht für Evozierte Sprachdiagnose grammatischer Fähigkeiten. Der Test wurde von Hans-Joachim Motsch, einem Professor für Sprachbehindertenpädagogik, der zurzeit an der Universität Köln und der Düsseldorfer Akademie – Schule für Logopädie forscht und lehrt, entwickelt.[1]

Inhaltsverzeichnis

ESGRAF

Die erste Version des Tests erschien 1999. Als Zielgruppe wurden „vier bis zehnjährige Kinder mit Spracherwerbsstörungen, die erkennbare Auffälligkeiten beim Erwerb des grammatischen Systems ihrer Bezugssprache zeigten“[2] in den Blick genommen. Der Test untersuchte anhand fünf spielerischer Sprachanregungen das Sprachverhalten des Kindes und sollte per Videokamera aufgezeichnet und später ausgewertet werden. Diagnostisch wurden die Grammatikfelder Syntax (Relativsatz, Indirekter Fragesatz und Temporalsatz), Subjektiv-Verb-Inversion und Subjekt-Verb-Kongruenz untersucht. Fakultativ konnten außerdem noch die komplexe Syntax (Konditionalsatz), das Futur I sowie der Konjunktiv untersucht werden.

Im Lauf der Zeit wurde der Test weiter verfeinert und um drei Ergänzungstests erweitert, die auch die Sekundarstufe mit einbezogen.

ESGRAF-R

2008 wurde der Test komplett neu aufgelegt. Der überarbeitete Test war nun modularisiert und gliederte sich in fünf Basismodule, die um bis zu zehn Ergänzungsmodule erweitert werden konnten. Wie der ESGRAF legte auch der überarbeitete Test Wert auf eine spielerische Erhebungssituation. Insgesamt werden 120–140 Items anhand eines Zirkuszeltes abgefragt. Auch dieser Test soll anhand einer Videoaufnahme ausgewertet werden. Die Zielgruppe wurde auf vier bis 16jährige ausgedehnt. Die Zeitdauer des Tests selbst beträgt 25 Minuten, die Auswertungszeit soll etwa 35 Minuten betragen.

Aufbau des Tests

Modul Regel/Fähigkeit
Basismodul 1 Subjekt-Verb-Kontrollregel und Verbzweitstellungsregel
Erweiterungsmodul 1b Verbzweitstellungsregel (Objekttopikalisierung)
Erweiterungsmodul 1c Verbzweitstellungsregel (Temporaladverb)
Erweiterungsmodul 1d Verbzweitstellungsregel (Temporaladverb und Verbalphrase mit Partizip)
Basismodul 2 Verbendstellung im Nebensatz
Erweiterungsmodul 2b Verbendstellung im Nebensatz
Erweiterungsmodul 2c Verbendstellung im Nebensatz
Erweiterungsmodul 2d Verbendstellung im Nebensatz (Einsatz von Schriftsprache)
Basismodul 3 Kasusregel (Dativ in Nominalphrasen)
Erweiterungsmodul 3b Kasusregel (Akkusativ in Nominalphrasen)
Erweiterungsmodul 3c Kasusregel (Akkusativ in Präpositionalphrasen)
Erweiterungsmodul 3d Kasusregel (Dativ in Präpositionalfragen)
Erweiterungsmodul 3e Kasusregel (Akkusativ und Dativ Nominalphrasen)
Modul 4 Genussicherheit
Modul 5 Pluralmarkierung

Rezeption

Der ESGRAF und der ESGRAF-R sind Standardtests in der Sprachbehindertenpädagogik und der Sprachheilpädagogik. Motsch selbst bezeichnete den Test in Manfred Grohnfeldts Standardwerk Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie. Band 3: Diagnostik, Prävention und Evaluation als einen der ersten, der die „Zufälligkeit freier Spontansprachprobe“ überwunden habe.[3]

Literatur

  • Hans-Joachim Motsch: ESGRAF – Testmanual. Reinhard, München 1999, ISBN 978-3497015498.
  • Hans-Joachim Motsch: ESGRAF-R: Modularisierte Diagnostik grammatischer Störungen – Testmanual. Reinhard, München 2008, ISBN 978-3497014934.

Einzelnachweise

  1. Prof. Dr. Hans-Joachim Motsch. Düsseldorfer Akademie, abgerufen am 28. Juni 2010.
  2. Hans- Joachim Motsch: ESGRAF-R: Modularisierte Diagnostik grammatischer Störungen – Testmanual. Reinhard, München 2008, ISBN 978-3497015498, S. 9.
  3. Manfred Grohnfeldt (Hrsg.): Grammatische Störungen. In: Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie Band 3: Diagnostik, Prävention und Evaluation. Stuttgart 2008, ISBN 978-3170199231, S. 170.

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