- Eisenbahnunfall am Gare de Lyon
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In einem unterirdischen Teil des Gare de Lyon in Paris ereignete sich am 27. Juni 1988 ein schweres Zugunglück. 56 Menschen starben, als ein außer Kontrolle geratener Nahverkehrszug aus Melun mit hoher Geschwindigkeit auf einen voll besetzten Regionalzug auffuhr, der im Bahnhofsbereich auf seine Abfahrt wartete.
Ablauf bis zum Unglück
Dem Unglück ging eine Notbremsung einige Kilometer vor dem Gare de Lyon voraus, die eine Reisende auslöste, als sie bemerkte, dass der Zug nach einem Fahrplanwechsel nicht mehr an einer früheren Station hielt. Als der Lokführer versuchte, die Bremsen in den Normalzustand zurückzusetzen, schloss er versehentlich ein Bremsventil. Weil der Zug dann nicht losfuhr, ließ er auch noch die restliche Druckluft ab, wodurch die Bremsen in den hinteren sieben von insgesamt acht Wagen außer Funktion gesetzt wurden.
Um die verlorene Zeit wieder hereinzuholen, beschleunigte der Lokführer den Zug anschließend rasch auf fast 100 km/h und verzichtete nach Rücksprache mit der Fahrdienstleitung auf den letzten Haltepunkt vor der Endstation. Dadurch bemerkte er den Ausfall des Bremssystems erst bei der Anfahrt auf den Gare de Lyon, konnte den Zug mit nur einer funktionierenden Bremse jedoch noch auf etwa 45 km/h abbremsen. Auch ein Rückgriff auf die elektrische Bremse, die in der Praxis kaum verwendet wurde, wurde anscheinend vergessen. Bei der Information des Fahrdienstleiters über die Situation vergaß er jedoch, seinen Namen und die Zugnummer zu nennen, wodurch die Herkunft des Notrufes im Unklaren blieb.
Während seitens der Leitstelle versucht wurde, im Ausschlussverfahren den defekten Zug ausfindig zu machen, löste dessen Lokführer einen für das gesamte Streckennetz geltenden Alarm aus und versammelte alle Fahrgäste im hintersten Wagen des Zuges. Der ausgelöste Alarm behinderte die Recherche, da alle anderen Lokführer sofort ihre Züge anhalten mussten und sich bei der Zentrale nach der Ursache erkundigten. Außerdem führte er dazu, dass alle Signale auf Halt geschaltet wurden und die Vorprogrammierung der Weichen, die den Unglückszug auf ein freies Gleis geleitet hätte, gelöscht wurde.
Das Unglück
Der außer Kontrolle geratene Zug, durch das Gefälle vor dem Gare de Lyon erneut auf über 90 km/h beschleunigt, kollidierte mit einem im Bahnhof stehenden Regionalzug. Dabei starben 56 Personen, ebenso viele wurden schwer verletzt. Das Personal und die Passagiere des Unglückszuges, die sich im hinteren Zugteil versammelt hatten, kamen mit leichten Verletzungen davon.
Der Fahrer des stehenden Zuges, André Tanguy, der den Unglückszug auf sich zufahren sah, rettete vielen Passagieren das Leben, indem er sein Leben opferte, auf seinem Platz blieb und bis zum Moment der Kollision über die Zuglautsprecher die Anweisung durchgab, den Zug unverzüglich zu verlassen.
Siehe auch
48.8447222222222.3736111111111Koordinaten: 48° 50′ 41″ N, 2° 22′ 25″ OKategorien:- Zugunfall
- Schienenverkehr (Paris)
- Geschichte von Paris
- Verkehrsunglück 1988
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