Entlassungsmanagement

Entlassungsmanagement

Als Entlassungsmanagement (auch Pflegeüberleitung oder Überleitungsmanagement) werden innerhalb der professionellen Pflege und des Gesundheitswesens pflegerische, organisatorische und interdisziplinäre Maßnahmen verstanden, die der Entlassung oder Verlegung eines Patienten beziehungsweise Pflegebedürftigen vorangehen sollen. Ziel des Entlassungsmanagementes ist dabei die Sicherstellung poststationärer Versorgung und das Vermeiden eines Bruches in der Versorgungskontinuität des Einzelnen.

Inhaltsverzeichnis

Zielsetzung

Auf Basis einer in der verlegenden Einrichtung zu erstellendem Pflegeassessments (Ist-Stand), soll die kontinuierliche poststationäre Versorgung durch sektorübergreifende Behandlung und Betreuung gewährleistet werden und Folgeschäden und -kosten durch Versorgungsbrüche vermieden werden. Durch eine geplante und abgestimmte Überleitung können Patienten früher entlassen werden, während die niedergelassenen Ärzte die Behandlung bei gleichzeitiger organisatorischer Entlastung optimieren können. Die ambulanten Pflegedienste oder die nachfolgende Einrichtung profitieren dabei von der verbesserten Koordination und können ihre personellen Ressourcen optimieren. Je nach Definition und Zielsetzung werden diese Ziele durch unterschiedliche Maßnahmen angestrebt, beziehungsweise wird das Verständnis der Pflegeüberleitung weiter oder enger gefasst.

Begriffe und Definitionen

Innerhalb der Pflege werden verschiedene Begriffe verwendet, mit denen die pflegerischen Maßnahmen zur Versorgungsintegration vor, während und nach der Entlassung eines Patienten beschrieben werden. Einheitliche Bezeichnungen und Definitionen zu diesem Gebiet lassen sich aus der pflegewissenschaftlichen Fachliteratur nicht ableiten.[1]

Pflegeüberleitung

Pflegeüberleitung[2] beschreibt im Allgemeinen die strukturellen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der poststationären Versorgung. Der Pflege kommen dabei schwerpunktmäßig Beratungs- und Managementaufgaben zu, die Pflegeüberleitung umfasst dabei die Kontrolle, die Moderation und die Begleitung der als Prozess verstandenen Überleitung des Patienten in ein neues Umfeld. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) definierte 1997 neben der pflegerischen Beratung und Anleitung des Patienten auch die frühzeitige und fachgerechte Beschaffung von Heil- und Hilfsmitteln, sowie die Vermittlung von Kurzzeitpflegeplätzen zur Vermeidung von Fehlbelegungen in den Akutkrankenhäusern als Aufgaben der Pflegeüberleitung.[3]

Übergangspflege

Der in Österreich weitgehend einheitlich verstandene und verwendete Begriff der Übergangspflege wird in Anlehnung zu Böhm definiert, der in seinem psychodynamischen Pflegemodell ein Konzept zur Übergangspflege integriert hat.[4] Die Übergangspflege beginnt hierbei nicht zeitnah vor der Entlassung, sondern setzt bei der Aufnahme ein. Dabei werden über die organisatorischen Maßnahmen hinaus auch persönliche Dienstleistungen durch die Pflege verstanden, die beispielsweise die Schulung der Angehörigen, Informationen über den Heilungsverlauf und die unmittelbare Begleitung des Patienten in die häusliche Umgebung umfasst. Sie entspricht im Wesentlichen dem in Deutschland verwendeten Definition der Pflegeüberleitung, während der in Deutschland verwendete Begriff Übergangspflege zum einen im Sinne einer Kurzzeitpflege verwendet wird oder auch in Anlehnung an das Böhmsche Konzept benutzt wird.[1]

Überleitungspflege

Als Überleitungspflege wird nach der Definition von Joosten analog zu Böhm eine über die organisatorischen und strukturellen Maßnahmen der Pflegeüberleitung hinaus die unmittelbare Pflege verstanden, die während der Entlassung und des Übergangs in ein neues Betreuungsumfeld stattfindet.[5] In der Regel lässt sich die Übergangspflege im deutschen Pflegesystem aufgrund leistungsrechtlicher und organisatorischer Probleme nicht verwirklichen.

Brückenpflege

Hauptartikel: Brückenschwester

Das in den 1980ern in Baden-Württemberg entstandene und in die Regelversorgung implementierte Konzept der Brückenpflege dient dazu insbesondere onkologischen Patienten eine häusliche Versorgung zu ermöglichen, die dem Versorgungsstand innerhalb eines stationären Umfeldes gleicht. Neben den Aufgaben der Überleitung überwacht die Brückenpflege auch im ambulanten Bereich die Effizienz der Versorgung, gewährleistet die psychosoziale Betreuung der Erkrankten und die Symptomkontrolle.[6]

Entlassungsplanung/Entlassungsmanagement

Die Begriffe Entlassungsplanung und -management werden in neueren Schriften verwendet, Diese Begrifflichkeiten sollen den multiprofessionellen und interdisziplinären Ansatz der Pflegeüberleitung betonen. Zu dieser Thematik wurde 2002 in Deutschland vom Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) der Expertenstandard Entlassungsmanagement formuliert. Dieser soll nicht die Organisation der Entlassung im Einzelnen regeln, sondern die vorhandenen Ansätze einer systematischen Patientenentlassung optimieren, betont die Koordinierungsfunktion der Pflegefachkräfte und den multidisziplinären Ansatz.[7]

Entlassungsplanung im Case management

Im anglo-amerikanischen Raum hat die Entlassungsplanung in Pflegepraxis und -forschung nicht zuletzt wegen ihrer Bedeutung für die Kostendämpfung im Gesundheitswesen einen erheblichen Stellenwert. Die allgemeine Definition ähnelt dabei im Wesentlichen dem deutschen Verständnis der Pflegeüberleitung, ein zusätzlicher Fokus liegt dabei auf der Vermeidung unnötiger Krankenhausaufenthalte durch bestmögliche häusliche Versorgung. Unterschieden werden kann dabei zwischen Discharge planning (engl. für Entlassungsplanung), bei der die Entlassung aus dem stationären Bereich auch die Beendigung der Pflegesituation und -notwendigkeit bedeutet und dem Transitional planning (engl. für Übergangsplanung), bei der der Übergang von einem Pflegeumfeld in ein anderes oder der Übergang in eine andere Pflegeebene geplant wird. Seit den 1980ern wird das ehemals ausschließlich dem discharge planer (engl. für Entlassungsmanager) zugeordnete Fachgebiet der Überleitung in den Bereich des Case Managements (engl. für Fallmanagement)[8] zugeordnet.[9] Die Betreuung endet dabei nicht mit der Verlegung sondern geht weit in die poststationäre Phase hinein und umfasst die ambulante Ressourcenmobilisation, die multidisziplinäre Koordination und die Patientenbetreuung durch Anwendung pflegewissenschaftlich fundierter Techniken des patientenorientierten Case managements beim Übergang von einer Betreuungsebene in eine andere.[10]

Literatur

  • Sabine Dörpinghaus, Frank Weidner: Überleitung und Case Management in der Pflege. Schriftenreihe des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V Pflegeforschung. Schlütersche, 2004, ISBN 3899931289.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Sabine Dörpinghaus, Frank Weidner: Überleitung und Case Management in der Pflege. Schriftenreihe des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V Pflegeforschung. Schlütersche, 2004, ISBN 3899931289, S. 27-40.
  2. In einigen Schriften wird der Begriff Pflegeüberleitung durch einen Bindestrich getrennt als Pflege-Überleitung geschrieben
  3. Diskussionspapier des DBfK: Pflegeüberleitung im Krankenhaus, 1997, Seite 5
  4. Beschrieben in Erwin Böhm: Ist heute Montag oder Dezember? Erfahrungen mit der Übergangspflege. Psychiatrie-Verl., Bonn 1992, ISBN 3884140620, Seite 112 ff oder unter dem Titel: Erwin Böhm: Krankenpflege - Brücke in den Alltag
  5. Marly Joosten: Die Pflege-Überleitung vom Krankenhaus in die ambulante Betreuung und Altenpflege. Von der Lücke zur Brücke. Thieme, Stuttgart, ISBN 3131210516, Seite 21
  6. S Kranzle, Ulrike Schmid, Christa Seeger: Palliative Care: Handbuch für Pflege und Begleitung. Springer, 2009, ISBN 3642013244, Seite 185.
  7. Zitat aus der Präambel des Expertenstandards Entlassungsmanagement in der Pflege: „Der Expertenstandard regelt nicht das organisatorische Vorgehen des Entlassungsmanagements innerhalb der jeweiligen Einrichtungen (Absprachen in direkter Form zwischen allen Beteiligten oder Einsatz einer koordinierenden Vermittlungsinstanz). Er stellt vielmehr in Rechnung, dass viele Einrichtungen bereits über Ansätze einer systematischen Patientenentlassung verfügen, die sich mit Hilfe des Expertenstandards weiter optimieren lassen. Gleichwohl geht der Standard mit Bezug auf internationale Studien davon aus, dass im Entlassungsprozess die Pflegefachkraft aufgrund ihrer Nähe zu Patienten und Angehörigen die entscheidende Koordinationsfunktion einnimmt. Das heißt jedoch nicht, dass sie alle Schritte des Entlassungsmanagements selbst durchführt. Ein gelungenes Entlassungsmanagement kann nur in multidisziplinärer Zusammenarbeit erreicht werden, in der auch die anderen Berufsgruppen, wie Medizin, Sozialarbeit, Physiotherapie, Ergotherapie und Psychologie ihren Anteil wahrnehmen. " In: Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (Hrsg.): Expertenstandards Entlassungsmanagement in der Pflege - Entwicklung, Konsentierung, Implementierung, 2002
  8. Der angloamerikanische Verständnis des Begriffs Case Management geht dabei über die im deutschsprachigen Raum verwendete Terminologie des Fallmanagements hinaus
  9. Toni G. Cesta, Hussein A. Tahan: The Case Manager's Survival Guide: Winning Strategies for Clinical Practice. 2. Auflage. Elsevier Health Sciences, 2002, ISBN 032301688X, Transitional Planning and Case Management, S. 113-116.
  10. Kimberley Dash, Nancy C. Zarle, Lydia O´Donnell et al.: Entlassungsplanung, Überleitungspflege, Elsevier, Urban & Fischer, 2000, ISBN 3861266148, Seite 10

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