Carl Ransom Rogers

Carl Ransom Rogers
Carl Rogers.

Carl Ransom Rogers (* 8. Januar 1902 in Oak Park, Illinois, einem Vorort von Chicago; † 4. Februar 1987 in La Jolla, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Psychologe und Psychotherapeut, dessen herausragende Leistung in der Entwicklung der klientenzentrierten Gesprächstherapie und dem Ausbau der Humanistischen Psychologie besteht. Der von Rogers geschaffene klientenzentrierte Ansatz ist heute u. a. sowohl fester Bestandteil der Gesprächsführung im Rahmen von Therapiegesprächen, als auch in der generellen Gesprächsführung der alltäglichen pädagogischen Arbeit mit Klienten.


Inhaltsverzeichnis

Kernaussagen und Wirkung

Im Gegensatz zu Freud betonte Carl Rogers die Einzigartigkeit des Individuums. Er legte besonderen Wert auf Begegnung im voll-menschlichen Sinn - d. h. unter Einschluss der emotionalen Ebene, der nonverbalen Äußerungen, des gegenseitigen prinzipiellen Wohlwollens. Er hat das Konzept des Encounter = der Begegnung entwickelt, sowie jene Definition von „Gefühl“, die zu Empathie, also einer Haltung verstehenden Zuhörens führt:

Gefühl ist eine spontane innere Reaktion in mir - auf eine Person, eine Örtlichkeit oder eine Situation, die ich erlebe oder an die ich denke.

Besondere Anliegen Rogers' waren

  • gute gegenseitige Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern, und
  • stabile, vertrauensvolle Beziehungen zwischen Ehepartnern, die auch an Konflikten weiter wachsen können.

Anders als viele andere Psychotherapeuten sah Rogers von Grund an das Gute im Menschen. Zitat: Der Mensch ist gut.

Seine von einem humanistischen Menschenbild geprägten Arbeiten wirken in viele Bereiche der angewandten Psychologie, Soziologie, Pädagogik, Sozialen Arbeit, Seelsorge und Medizin hinein.

Rogers war nicht nur selbst gefragter Psychotherapeut, sondern gründete und erlebte viele Encounter-Gruppen (der Begriff stammt von Viktor Frankl), schrieb motivierende Bücher, hielt Vorträge und vieles mehr. Zu Rogers' Schülern zählen u. a. Eugene T. Gendlin als Nachfolger an der Universität von Wisconsin, Reinhard Tausch, Peter F. Schmid, Dr. Marshall B. Rosenberg und Thomas Gordon.

Im späteren Verlauf seiner akademischen Karriere entwickelte er, basierend auf seinen Beratungskonzepten, auch entsprechende Lernkonzepte. Nachdem er 1963 seinen Lehrauftrag als Professor für Psychologie und Psychiatrie an der Universität von Wisconsin zurückgegeben hatte, gründete er in La Jolla, Kalifornien, das Center for the Study of the Person.

In seinen letzten 15 Lebensjahren begann sich Rogers mehr und mehr für soziale Fragen und Friedenspolitik zu interessieren und beschäftigte sich mit den politischen Implikationen des Personzentrierten Ansatzes. 1985 entstand das Carl Rogers Peace Project. Rogers leitete u.a. verschiedene Workshops mit verfeindeten politischen Parteien, etwa mit irischen Katholiken und Protestanten oder mit zentralamerikanischen Politikern. Bei Workshops in Südafrika 1982 und 1986 (Rogers/Sanford 1983; 1986; Rogers 1986c) engagierte er sich in der Rassenproblematik. Auf verschiedenen Vorträgen setzte er sich mit dem Atomkrieg und seiner Vermeidung auseinander. [1]

Die Persönlichkeitstheorie

Grundlegende Annahmen

Grundgedanke Rogers' Persönlichkeitstheorie ist das Streben des Menschen nach Selbstverwirklichung und Selbstaktualisierung. Der Mensch setzt sich im Kindes- und Jugendalter mit seiner Umwelt auseinander, und die hierbei erlebten Wahrnehmungen, Eindrücke und Erlebnisse beeinflussen die Entwicklung des Selbstkonzeptes. Es kann sowohl ein negatives als auch ein positives Selbstkonzept entwickelt werden. Das Selbstkonzept beinhaltet das Idealselbst (die Erwartungen der Gesellschaft an den Menschen, bzw welche Eigenschaften und Fähigkeiten er gerne hätte) und das Realselbst (Welche Eigenschaften/Fähigkeiten der Mensch tatsächlich hat) und ist Sitz der individuellen Realität. Die individuelle Realität bestimmt unser eigenes Erleben, Wahrnehmen und Verarbeiten von äußeren Reizen. Die beiden Pole (Idealselbst & Realselbst) dürfen hierbei nicht zu weit voneinander abweichen, da es sonst zu Minderwertigkeitsgefühlen oder anderen psychischen Störungen kommen kann.

Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts

Laut Rogers gibt es sieben wesentliche Botschaften, welche die Eltern im Laufe der Erziehung an den Heranwachsenden senden müssen, um die Entwicklung eines positiven Selbstkonzeptes zu begünstigen.

1. Ungeschuldete Liebe, das heißt die Einstellung der Eltern muss sein, das Kind zu lieben so wie es ist. Darunter versteht man, dass die elterliche Liebe nicht an Bedingungen geknüpft werden darf. Vor allem nicht an Bedingungen, welche das Kind nicht im Stande ist zu erreichen.

2. Wertschätzung ist entscheidend. Sie zeigt sich durch die Partnerschaftlichkeit der Eltern mit dem Kind und durch die Berücksichtigung der kindlichen Bedürfnisbefriedigung. Hierzu gehört auch, dass die Eltern das Kind in das Aufstellen von Regeln altersangemessen mit einbeziehen.

3. Echtheit und Interesse sind außerdem für ein positives Selbstkonzept wesentlich. Eltern sollten ein ehrliches Interesse an der positiven Entwicklung des Kindes zeigen. Zudem soll sich die Außendarstellung der Eltern nicht stark vom Verhalten gegenüber dem Kind unterscheiden (Vermeidung der Künstlichkeit).

4. Wichtig ist auch, ob ein Kind Autonomie genießt oder unter ständiger Kontrolle leidet. Autonomie bedeutet hier ein Vertrauen in das Kind und die Unterstützung der freien Entfaltung. Ständige Bevormundung, Kontrolle, Überprüfung und Zwang sind zu vermeiden.

5. Es ist die Aufgabe der Eltern, dem Kind Anregung und Unterstützung zu gewähren.

6. Des Weiteren sind Sicherheit, Geborgenheit und vor allem Zuverlässigkeit zentrale Voraussetzungen, auf die Kinder in ihrer Entwicklung angewiesen sind.

7. Sehr von Bedeutung ist vor allem auch das Zulassen von Gefühlen. Kindern muss es erlaubt sein, Gefühle zuzulassen, auch solche, die negativer Natur sind, wie etwa Angst oder Enttäuschung und Trauer. Werden diese Gefühle bzw. das Zeigen dieser Gefühle von den Eltern sanktioniert und unterdrückt, so begünstigt dies die Entwicklung eines negativen Selbstkonzeptes.

Die nicht-direktive Gesprächpsychotherapie

Rogers ist der Begründer der nicht-direktiven Gesprächpsychotherapie. Rogers fertigte als erster Gesprächsprotokolle von therapeutischen Gesprächen und versuchte herauszufinden, wann er in der therapeutischen Situation hilfreich sein konnte. Das zentrale Merkmal ist für Rogers „das Zutagefördern jener Gedanken und Einstellungen, Gefühle und emotionell belasteten Impulse, die sich um die Probleme und Konflikte des Individuums konzentrieren. ... Der Berater muss wirklich imstande sein, dem Klienten die Freisetzung zu ermöglichen, damit es zu einem angemessenen Ausdruck der grundlegenden Probleme seiner Situation kommt.“ (Carl Rogers: Die nicht direktive Beratung. München 1972; Original: Counselling and Psychotherapie. Boston 1942, S. 123)

Im Therapieprozess steht die Suche des Klienten nach Hilfe am Beginn. Damit versucht er, die Verantwortung für die Lösung seiner Probleme dem Berater/Therapeuten zuzuschieben.

Im zweiten Schritt, in dem dieser definiert, dass der Berater keine Patentlösung hat, aber in den Sitzungen dem Klienten helfen will, Lösungen zu erarbeiten, kommt es im gelungenen Gespräch dazu, dass der Klient wieder die Verantwortung für seine Probleme übernimmt. Er schildert dem Therapeuten seine Probleme, und dieser ermutigt ihn dazu, alle Gedanken und Gefühle auszudrücken. In dieser Phase akzeptiert der Berater die Erklärungen des Klienten und versucht diesem zu einer klareren Sicht seiner Probleme zu verhelfen: Er verbalisiert das, was der Klient ausgedrückt hat - auch und vor allem in Bezug auf die Gefühle - so dass dieser sich im Idealfall vollkommen verstanden fühlt: „Ja, genau so habe ich es gemeint.

Durch das tiefe Verstehen kann sich der Klient mit der Zeit öffnen und neben seinen negativen Gefühlen auch positive Gefühle entdecken. Der Berater hilft dem Klienten auch hier, diese positiven Gefühle bewusst wahrzunehmen, er akzeptiert sie in gleicher Weise wie vorher die negativen Gefühle.

Diesem Prozessschritt folgt die Entwicklung positiver Impulse und kleiner Schritte mit neuen Erfahrungen unter dem Eindruck dieser positiven Impulse. Schließlich entwickelt der Klient Einsicht in sein So-sein, wie er ist, und kann nun mit dem Berater daran gehen, zu überlegen, wie und was er ändern möchte. Die Funktion des Beraters besteht darin, „die verschiedenen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu klären und die Angst und die Mutlosigkeit, die das Individuum fühlt, anzuerkennen. Seine Funktion ist es nicht, zu einem bestimmten Ablauf zu drängen oder Ratschläge zu erteilen“ (Carl Rogers: Die nicht-direktive Beratung. München 1972; Original: Counselling and Psychotherapy. Boston, 1942 S. 47f).

Schließlich folgen den positiven Gefühlen auch Handlungen in die neue Richtung, die der Klient einschlagen will. Da er ja selbst diese Handlungen entwickelt hat, mit dem Berater für und wider durchgespielt hat, überlegt hat, was ist wenn... ist die Aussicht auf erfolgreiches Handeln groß. Rogers beschreibt das als einen der faszinierendsten Aspekte dieser Therapie.

Mit diesem Erfolg beginnt das Individuum neues Vertrauen in sich zu fassen. Die Einsicht in sein 'früheres' Handeln nimmt zu, und neues, verändertes Handeln wird immer mehr möglich.

Dies führt zu steigender Unabhängigkeit vom Therapeuten und schließlich zur Beendigung der Therapie.

Schriften

  • Carl R. Rogers: Die nicht direktive Beratung, München, 1972; Original: Counselling and Psychotherapy, 1942, Boston ISBN 3-463-00535-2, Kindler Studienausgabe
  • Carl R. Rogers: Entwicklung der Persönlichkeit Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten Aus dem Amerikan. übers. von Jacqueline Giere. Stuttgart: Klett-Cotta, 2000 - 13 A. 409 S. (Originaltitel: On becoming a person) ISBN 3-608-95197-0, 2006: ISBN 3-608-94367-6 - das Standardwerk
  • Carl R. Rogers: Partnerschule. Zusammenleben will gelernt sein - das offene Gespräch mit Paaren und Ehepaaren, FfM, 1991, Fischer-Verlag, ISBN 3-596-42236-1
  • Carl R. Rogers: Der neue Mensch, 1981, 5. Aufl. 1993, Klett-Cotta, ISBN 978-3-608-95230-8 - Alterswerk Rogers
  • Carl R. Rogers: Lernen in Freiheit. Zur Bildungsreform in Schule und Universität. München, 1984, Kösel-Verlag ISBN 3-466-42042-3
  • Carl R. Rogers: Gespräch mit Martin Buber (1957), genaue Fundstelle siehe dort

Sekundärliteratur

  • David Cohen: Carl Rogers: A Critical Biography, Constable and Robinson, Neuauflage 2000, ISBN 0094801002
  • Norbert Groddeck: Carl Rogers. Wegbereiter der modernen Psychotherapie. Primus Verlag (Darmstadt) 2002. 213 Seiten. ISBN 3-89678-435-8. Rezension hier. [2]
  • Luca Corchia, La teoria della personalità di Carl R. Rogers, in Il Trimestrale. The Lab's Quarterly, 4, 2005, ss. 13, ISSN 1724-451X

Anton Zottl: Erfahrung und Gegenwärtigkeit. Dialogische Folien über der Anthropologie von Carl Rogers, Göttingen 1980

Belege/Einzelnachweise

  1. Peter F. Schmid: Carl Rogers 1902-1987 Ein biografischer Abriss
  2. Inhaltsverzeichnis des Buches von Norbert Groddeck

Weblinks


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  • Rogers — /roj euhrz/, n. 1. Bernard, 1893 1968, U.S. composer. 2. Bruce, 1870 1957, U.S. book designer and printer. 3. Carl (Ransom), 1902 87, U.S. psychologist. 4. Ginger (Virginia Katherine McMath), born 1911, U.S. actress and dancer …   Universalium

  • Rogers, Carl R. — ▪ American psychologist in full  Carl Ransom Rogers   born Jan. 8, 1902, Oak Park, Ill., U.S. died Feb. 4, 1987, La Jolla, Calif.  American psychologist who originated the nondirective (nondirective psychotherapy), or client centred, approach to… …   Universalium

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  • carl — carlish, adj. carlishness, n. /kahrl/, n. 1. Scot. a. a strong, robust fellow, esp. a strong manual laborer. b. a miser; an extremely thrifty person. 2. Archaic. a churl. 3. Obs. a bondman. Also, carle. [bef. 1000 (in compounds; see HOUSECARL);… …   Universalium

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