Ferdinand von Neureiter

Ferdinand von Neureiter

Ferdinand von Neureiter (* 23. Juli 1893 in Budapest; † 7. Juni 1946 in Bad Peterstal im Schwarzwald) war ein Medizinalbeamter im Reichsgesundheitsamt und Professor an der Reichsuniversität Straßburg. Er war Mitglied der NSDAP und des NS-Ärztebundes.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Von Neureiter wurde als Sohn eines Ingenieurs geboren. Er absolvierte an der Universität Wien ein Medizinstudium und wurde unter Albin Haberda (1868 – 1933) Assistent am dortigen gerichtlich-medizinischen Institut. 1923 wurde er zum ordentlichen Professor für Gerichtsmedizin an der Universität Riga berufen. Er verfasste unter anderem zwei Lehrbücher in lettischer Sprache. [1] 1927 wurde er - neben dem Grazer Strafrechtler Adolf Lenz und dem Straubinger Gefängnisarzt Theodor Viernstein - einer der Gründer und stellvertretender Vorstand der Kriminalbiologischen Gesellschaft.

Von 1937 bis 1938 leitete von Neureiter die Kriminalbiologische Forschungsstelle im Reichsgesundheitsamt[2] sowie ab 1937 den Kriminalbiologischen Dienst der Reichsjustizverwaltung[3] und hatte eine Professur für Kriminalbiologie an der Universität Berlin inne. Im Juli 1939 wurde er Ordinarius auf dem neu geschaffenen Lehrstuhl für Gerichtliche Medizin an der Universität Hamburg. Seine Antrittsvorlesung hielt er über das Thema „Verbrechen und Vererbung”.[4] 1941 wurde er an die im selben Jahr von den Nationalsozialisten gegründete Reichsuniversität Straßburg berufen. Im Jahre 1944 erkrankte er schwer.

Ferdinand von Neureiter gilt als wichtiger Theoretiker der Kriminalbiologie und zeitweise auch Vollstrecker nationalsozialistischer Kriminalpolitik.[5] Bereits 1929 vertrat er die Notwendigkeit einer obligatorischen Sicherungsverwahrung gefährlicher Gewohnheitsverbrecher.[6]

Werke

  • Handwörterbuch der gerichtlichen Medizin und naturwissenschaftlichen Kriminalistik. J. Springer, Berlin 1940
  • Wissen um fremdes Wissen, auf unbekanntem Wege erworben. Klotz Gotha, 1935

Literatur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 434.
  • Schwarzacher: Ferdinand v. Neureiter zum Gedenken. Wien Klin Wschr 1956, 932 Volltext

Einzelnachweise

  1. Wolfram Fischer: Exodus von Wissenschaften aus Berlin, Band 7 von Forschungsbericht der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1987, Walter de Gruyter, 1994, ISBN 3-11013945-6, S. 520
  2. Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid, 1996, S. 140.
  3. Jürgen Simon: Kriminalbiologie und Zwangssterilisation. Eugenischer Rassismus 1920-1945, Münster u. a.: Waxmann, 2001, S. 183ff.
  4. Heidrun Kaupen-Haas, Christian Saller: Wissenschaftlicher Rassismus: Analysen einer Kontinuität in den Human- und Naturwissenschaften, Campus Verlag, 1999, ISBN 3-59336228-7, S. 279
  5. Fischer, Hierholzer & Hubenstorf: Exodus von Wissenschaften aus Berlin. S. 559 Gruyter, 1994 ISBN 3110139456 Volltext
  6. Neureiter: Zum Gesetzprojekt über das Arbeitshaus, über die Sicherungsverwahrung und über die Bestellung von Fürsorgern für Haftentlassene. Rigasche Z. Rechtswiss. 3, 234:--244 (1929). (referiert in: International Journal of Legal Medicine 15(2); 1930 Volltext)

Weblinks


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