Gedenkort „Passagen“

Gedenkort „Passagen“
Blick durch den Korridor des Gedenkortes „Passagen“

Der Gedenkort „Passagen“ ist ein 1994 eröffnetes Denkmal für den Philosophen Walter Benjamin an der Costa Brava in seinem Sterbeort Portbou, welches der Künstler Dani Karavan entworfen hat.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Porträt Benjamins am Eingang des Gebäudes der Walter Benjamin Stiftung in Portbou

Walter Benjamin befand sich 1940 auf der Flucht vor der deutschen Gestapo. Er trug eine Aktentasche mit Manuskripten bei sich. Mit einer kleinen Gruppe unter Führung der Fluchthelferin Lisa Fittko überquerte er am 25. September die Pyrenäen, um in den spanischen Küstenort Portbou zu gelangen. Von dort wollte Benjamin, der ein Visum für die USA besaß, nach Lissabon weiterreisen. Aufgrund einer Herzkrankheit konnte er den Weg nur sehr langsam zurücklegen. Wider Erwarten wurde den Flüchtlingen in Portbou gemäß einer neu erlassenen Verordnung der spanischen Regierung die Einreise verweigert. Benjamin starb in der Nacht zum 26. September in seinem Hotelzimmer. Angesichts der für den nächsten Tag angekündigten Abschiebung der Flüchtlingsgruppe zurück nach Frankreich wird vermutet, dass er sich mithilfe einer Überdosis Morphium das Leben nahm. Benjamin ist auf dem Friedhof von Portbou bestattet, auf dem seit 1979 eine Tafel an ihn erinnert.

Gestaltung

Blick in den dunklen Eingang des Korridors

Das Denkmal befindet sich am Friedhof von Portbou, der etwas außerhalb der Stadt ungefähr zwanzig Meter über dem Meeresspiegel auf einer felsigen Halbinsel liegt, welche die Bucht von Portbou an ihrer südlichen Flanke verengt.

Das Denkmal besteht aus mehreren, in der Landschaft verteilten, aus rostigem Stahl gefertigten Elementen: einer kleinen, vierstufigen, in den Himmel führenden und dann abbrechenden Treppe, einer quadratischen Plattform mit einem Kubus in ihrem Zentrum sowie einer weiteren Treppe, die in ostnordöstlicher Richtung vom Friedhofsvorplatz aus durch einen Eingang unterirdisch hinab in den Felsboden führt. Von dort gelangt man in einem nach oben offenen Korridor aus Stahl, der über das Meer hinaus ragt, hinab zur Bucht. Von der Treppe aus erblickt man am gegenüberliegenden Ufer die nordöstliche Flanke der Bucht. Der Korridor ist am unteren Ende mit einer Glasplatte verschlossen, in die auf Deutsch das Zitat

„Schwerer ist es, das Gedächtnis der Namenlosen zu ehren als das der Berühmten.
Dem Gedächtnis der Namenlosen ist die historische Konstruktion geweiht.
Walter Benjamin, G.S. I, 1241“

eingraviert ist. Es stammt aus Benjamins Notizen zu seinem letzten, 1939 entstandenen Aufsatz Über den Begriff der Geschichte.

Entstehungsumstände

Eingang in den Korridor, im Hintergrund die Friedhofsmauer

Das Denkmal wurde auf Anregung von Bundespräsident Richard von Weizsäcker initiiert und sollte zunächst durch das deutsche Auswärtige Amt finanziert werden. Nachdem 1992 die Boulevard-Zeitungen Bild und Neue Revue die Höhe der auf 980.000 DM veranschlagten Kosten kritisiert und das Ministerium angegriffen hatten, intervenierte auch der Bundesrechnungshof beim Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, woraufhin das Ministerium das Projekt stoppte.

Im Jahre 1993 übernahmen die deutschen Bundesländer, die Regionalregierung von Katalonien, die Gemeinde Portbou und Privatleute die Finanzierung des Projektes und führten es zu Ende. Das Denkmal wurde am 15. Mai 1994 in Anwesenheit von Lisa Fittko eingeweiht.

Literatur

  • Dani Karavan, Ingrid Scheurmann, Konrad Scheurmann: Dani Karavan: Hommage an Walter Benjamin. Der Gedenkort „Passagen“ in Portbou, Verlag Philipp von Zabern, 1995, ISBN 3-805318-65-0
  • Karin Ceballos Betancur: Die letzte Passage, Vor 70 Jahren starb der Philosoph Walter Benjamin auf der Flucht vor den Nazis. Ein Wanderweg durch die Pyrenäen folgt seinen Spuren., in: Die Zeit Nr. 37 (9. September 2010), Reisen, Seite 63

Weblinks

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