Bankraubserie Nordbaden/Südpfalz

Bankraubserie Nordbaden/Südpfalz

Die Bankraubserie in Nordbaden und der Südpfalz gilt als eine der spektakulärsten Bankraubserien der deutschen Kriminalgeschichte.[1] Sie begann im April 1995. Die Täter überfielen insgesamt 21 Banken und Sparkassen. Die Serie endete am 10. Dezember 2010 in Karlsruhe mit dem Tod der Täter, als diese kurz nach einem Banküberfall auf der Flucht einen Schusswechsel mit der Polizei verursachten.

Inhaltsverzeichnis

Raubüberfälle

Die Täter waren professionell vorgegangen. Sie suchten sich Banken und Sparkassen mit veralteten oder gar keinen Videoaufzeichnungsanlagen aus und spähten das Objekt tagelang aus.[2] Bei ihren Taten waren sie resolut, aber immer höflich aufgetreten. So haben sie beispielsweise einer in einem Geldinstitut festgehaltenen Geisel den Autoschlüssel geraubt, um den Wagen als Fluchtfahrzeug zu nutzen; den Autoschlüssel schickten sie jedoch zurück. Nach einem weiteren Überfall entschuldigten sie sich per Brief. Daher wurden sie von den Ermittlern und vielen Presseorganen auch als „Gentlemen-Räuber“ bezeichnet.[3] Zunächst agierten sie zu dritt, ab 2002 nur noch zu zweit – ein Mann und eine Frau. Insgesamt haben sie über zwei Millionen Euro erbeutet.[4]

Die Serie begann am 13. April 1995. Zunächst überfielen sie die Sparkasse in Karlsruhe-Wolfartsweier. Ein halbes Jahr später, am 27. Oktober 1995, folgte in der Sparkasse in Philippsburg-Rheinsheim der zweite Raub. Im Februar 1996 überfielen sie gleich zwei Geldinstitute: Am 2. Februar war es die Sparkasse in Altlußheim und am 9. Februar die Volksbank Speyer in Westheim. Im folgenden Monat, am 15. März 1996, betraf es die Sparkasse in Malschenberg und am 4. Juli 1996 die Sparkasse in Rot. Es folgten in unregelmäßigen Abständen am 23. April 1997 wiederum die Sparkasse in Altlußheim, am 12. August 1998 die Sparkasse Lustadt, am 4. Januar 1999 die RV-Bank in Bobenheim-Roxheim, am 22. Oktober 1999 zum dritten Mal die Sparkasse in Altlußheim und am 7. Dezember 2000 die Volksbank in Karlsruhe-Knielingen.

Die Täter pausierten 2001. Am 13. Juni 2002 setzten sie ihre Serie mit der Sparkasse Karlsruhe-Rüppurr weiter fort. Es folgten zwei Überfälle auf die Sparkasse in St. Leon, und zwar am 24. Oktober 2002 und am 28. Januar 2004. Am 22. März 2005 war die Sparkasse in Malsch (bei Wiesloch) betroffen. Die Täter überfielen manche Geldinstitute mehrfach, wie die Volksbank Karlsruhe-Nordweststadt am 26. Oktober 2006 und am 24. Oktober 2007. Der Jahrestakt setzte sich mit der Sparkasse Karlsruhe-Heidenstückersiedlung am 24. November 2008 und der Volksbank Mannheim-Käfertal am 3. Dezember 2009 fort. Am 13. Juli 2010 überfielen sie die Sparkasse Grünwinkel. Hierzu stiegen sie einige Tage zuvor in einem Hotel in Pforzheim ab, um sich auf den Raub vorzubereiten.[5]

Die Bankräuber waren anfangs unmaskiert, tarnten sich dann bis 1999 durch Wollmützen mit Sehschlitzen, danach traten sie nur noch mit Perücken und Sonnenbrillen auf. Ihre Gesichter waren auf den Bildern der Überwachungskameras zu erkennen und die Phantombilder wurden im Laufe der Zeit immer besser. Dennoch blieb eine Fernsehfahndung in der Sendung Aktenzeichen XY ungelöst fruchtlos.[6]

Im Dezember 2010 veröffentlichte die Kriminalpolizei Karlsruhe ein neues Phantombild des Täters. Insgesamt war zu diesem Zeitpunkt eine Belohnung in Höhe von 50.000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung der Täter geführt hätten.[7]

Raubüberfall am 10. Dezember 2010

Karlsruher Innenstadt: in der Mitte das Karlstor
Volksbank am Karlstor

Am 8. Dezember 2010 fuhren die beiden Täter mit ihrem Privatfahrzeug nach Pforzheim, um dort im selben Hotel wie bereits im vergangenen Juli zu wohnen. Am 10. Dezember 2010 fuhren sie von dort aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Karlsruhe. Sie betraten kurz vor Geschäftsschluss gegen 16 Uhr eine in der Innenstadt gelegene Filiale der Volksbank Karlsruhe am Karlstor und überfielen diese. Nachdem sie das Geld eingesteckt hatten, sperrten sie die fünf Bankangestellten und vier anwesenden Kunden in einen separaten Raum und nahmen ihnen die Mobilfunktelefone ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte einer der Angestellten bereits einen so genannten „stillen Alarm“ ausgelöst, bei dem zwar die Polizei automatisch alarmiert wird, in der Bank selbst jedoch kein Alarm zu hören oder zu sehen ist. Die Täter forderten auch diesmal wieder die Autoschlüssel der Anwesenden, um sich so ein Fluchtfahrzeug zu organisieren. Das Ansinnen blieb jedoch erfolglos, so dass sie die Bank zu Fuß verließen.[5] Der Alarm lief kurz nach 16 Uhr bei der Polizei auf. In dem Augenblick, als die Täter aus der Bank stürmten, traf der erste Streifenwagen der Polizei ein. Die Täter liefen auf die andere Straßenseite und eröffneten sofort das Feuer auf die Polizei, wobei sie mindestens zehn Schüsse abgaben. Hierbei erlitt die eingesetzte 28-jährige Polizistin einen Oberschenkeldurchschuss. Passanten wurden in der vorweihnachtlich belebten Einkaufstraße nicht getroffen.[8] Die Polizeibeamten erwiderten die Schüsse, indem sie ihrerseits 19 Schüsse aus ihren Dienstpistolen Heckler & Koch P 2000 abgaben.[9] Dabei trafen sie sowohl die Täterin als auch den Täter jeweils mehrfach, wobei der Täter einen Schuss in die Brust erhielt. Die Täterin richtete sich im Zuge dieses Schusswechsels selbst, indem sie sich die Schusswaffe in den Mund hielt und sich in den Kopf schoss. Der Täter verstarb wenige Minuten später.[4]

Der Täter hatte zwei Magazine mit insgesamt 28 Schuss bei sich. Nach Angaben eines Polizeisprechers seien die beiden Täter „ganz offenbar bereit“ gewesen, „sich den Weg notfalls auch freizuschießen“.[5] Durch einen DNA-Abgleich des Identifizierungsmusters der Täter mit Tatspuren vergangener Tatorte konnte am 14. Dezember 2010 bestätigt werden, dass es sich bei den Tätern um die Serienbankräuber handelte.[4]

Die in den Oberschenkel getroffene Polizeibeamtin ist noch am Tattag operiert worden, bleibende Schäden sind nicht zu erwarten.[2]

Täter

Bei den Tätern handelte es sich um die 38 Jahre alte Růžena B. und ihren 40 Jahre alten Ehemann Jaroslav B. Beide stammten aus dem kleinen tschechischen Ort Dubenec im Bezirk Pibrans, etwa 120 Kilometer südwestlich von Prag gelegen. Ruzena B. hatte einen zur Tatzeit 20-jährigen Sohn, dessen Stiefvater Jaroslav B. war. Vor ihm hielten sie ihre Taten geheim. Auf welche Weise die beiden ihre Beute anlegten oder ausgaben, ist unbekannt; sie lebten in Tschechien in einem bescheidenen Einfamilienhaus.[5] Dennoch schätzte die Kriminalpolizei anhand der bisherigen Raubüberfälle die monatlichen Ausgaben der beiden auf rund 10.000 Euro und rechnete daher noch vor Weihnachten 2010 mit dem nächsten Raubüberfall.[10]

Einzelnachweise

  1. Artikel Das Doppelleben der Gentlemen. In: Berliner Zeitung vom 15. Dezember 2010.
  2. a b Artikel Totes Paar: Es waren vermutlich die „Gentlemen-Räuber“. In: Hamburger Abendblatt vom 10. Dezember 2010.
  3. Artikel Getötete Bankräuber waren offenbar Serientäter. In: Der Spiegel vom 10. Dezember 2010.
  4. a b c Artikel Bestätigt: Getötete Bankräuber waren die „Gentleman-Räuber“. In: Hamburger Abendblatt vom 14. Dezember 2010.
  5. a b c d Artikel Banküberfall in Karlsruhe: „Bereit, sich den Weg freizuschießen“. In: ka-news vom 14. Dezember 2010.
  6. Artikel Tschuldigung, es war nicht bös' gemeint. In: Süddeutsche Zeitung vom 12. Dezember 2010.
  7. Artikel „Gentlemen-Räuber“: Neues Phantombild. In: ka-news vom 3. Dezember 2010.
  8. Artikel Zwei Tote nach Banküberfall in Karlsruhe. In: Die Zeit vom 10. Dezember 2010.
  9. Artikel Banküberfall in Karlsruhe: Mindestens 19 Schüsse auf „Gentlemen-Räuber“. In: ka-news vom 21. Dezember 2010.
  10. Artikel Pforzheimer Hotel als Operationsbasis der Bankräuber. In: Pforzheimer Zeitung vom 13. Dezember 2010.

Weblinks


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