Gleitkreisverfahren

Gleitkreisverfahren
Böschungsbruchkörper mit Gleitkreis, in Lamellen unterteilt

Das Gleitkreisverfahren (englisch: "Method of Slices" und "general limit equilibrium method") ist eine Methode zur Standsicherheitsberechnung von Böschungen in der Geotechnik (Böschungsbruch-Nachweis).

Inhaltsverzeichnis

Das Verfahren

Kräfte auf eine Lamelle
Böschungsbruch mit ungefähr kreisbogenförmiger Rutschfläche

Da beim Abrutschen einer Böschung häufig kreisbogenförmige Rutschflächen entstehen (besonders deutlich in Ton, wo Alexandre Collin dies zuerst in den 1840er Jahren beobachtete), untersucht man kreisförmige Bruchkörper und spricht deshalb vom Gleitkreisverfahren. Bei der Berechnung unterscheidet man lamellenfreie Verfahren (hierbei gibt es einen einzigen Bruchkörper) und Lamellenverfahren (hierbei wird der Bruchkörper in eine Vielzahl von vertikalen Scheiben, die Lamellen, unterteilt). Die Verfahren unterteilen sich weiter je nach den Kräften (Eigengewicht, Erddruck, Wasserdruck, Auftrieb, Verkehrslast, usw.) und Widerständen (Reibung, Scherfestigkeit) und den Mechanismen, die dabei berücksichtigt bzw. vernachlässigt werden. Die ersten, die Berechnungen nach dem Gleitkreisverfahren durchführten, waren Knut Petterson und Sven Hultin von der Hafenbehörde in Göteborg im Jahr 1916[1][2]. Sie berechneten die Rutschung einer Hafenkaimauer in Göteborg. Fellenius[3] (und auch Krey[4]) verbesserten das Verfahren in den 1920er Jahren soweit, dass es heute eher unter dem Namen Fellenius-Verfahren bekannt ist oder auch als Krey-Bishop-Verfahren. Verschiedene Autoren haben später (in den 1950ern und danach) Beiträge und Verbesserungen geliefert (Otto Karl Fröhlich[5], Alan W. Bishop[6], Nilmar Janbu[7], Hubert Borowicka[8] usw.).

Neben den Gleitkreisverfahren gibt es auch Verfahren mit polygonartigen Gleitflächen, z. B. nach Janbu.

Heute findet man in der DIN 4084 Richtlinien für Gelände- und Böschungsbruch-Berechnungen nach diesen Methoden.

Bei einem konkreten Standsicherheitsnachweis einer Böschung variiert man schrittweise den Mittelpunkt und den Radius der Gleitkreise solange, bis man den Kreisbogen mit der niedrigsten und damit maßgebenden Sicherheit gefunden hat.

Lamellenfreies Verfahren

Beim lamellenfreien Verfahren wird der Bruchkörper so betrachtet, als ob er als Ganzes auf einer kreisbogenförmigen Fläche abrutscht. Alle angreifenden äußeren Kräfte werden zu einer resultierenden Kraft zusammengefasst und mit den widerstehenden Kräften in der Gleitfuge verglichen. Die Standsicherheit wird nach Fellenius für den ermittelten Gleitkreis aus dem Verhältnis der widerstehenden Kräfte zu den angreifenden Kräften und der Drehmomente um den Kreismittelpunkt bestimmt.

Lamellenverfahren

Beim Lamellenverfahren nach Krey/Bishop teilt man den Bruchkörper in mehrere senkrechte Lamellen ein, auf die die verschiedenen Kräfte einwirken. An jeder Lamelle formuliert man das Kräftegleichgewicht. Hierbei gibt es neben den oben genannten Kräften zusätzlich Erddruckkräfte an den beiden Seiten der Lamellen. Die Kräfte der Lamellen summiert man zum Gesamtgleichgewicht auf.

Ein alternatives Verfahren für die Berechnung von Böschungen ist die Kinematische-Elemente-Methode.

Einzelnachweise

  1. SWEDISH GEOTECHNICAL SOCIETY, sowie K. E. Petterson The early history of circular sliding surfaces, Geotechnique, Band 5, 1955, S. 275-296
  2. Historische Talsperren, Garbrecht 1987
  3. Fellenius Erdstatische Berechnungen mit Reibung und Kohäsion, Ernst und Sohn, Berlin 1927, Fellenius Calculation of the Stability of Earth Dams, Transactions Second Congress on Large Dams, Washington D.C., 1936, Band 4, S.445
  4. Krey: Erddruck, Erdwiderstand und Tragfähigkeit des Baugrundes, 5. Auflage, 1936, Ernst und Sohn, Berlin
  5. Fröhlich General Theory of Stability of Slopes, Geotechnique, Band 5, 1955, S. 37, Grundzüge einer Statik der Erdböschungen, Der Bauingenieur 1963, Heft 10
  6. Bishop Use of the slip circle in the stability analysis of slopes, Geotechnique, Band 5, 1955, S.7
  7. Janbu Stability analysis of slopes with dimensionless parameters, Harvard Soil Mechanics Series Nr.46, 1954
  8. Borowicka Die Standsicherheit der Böschung in Theorie und Praxis, Bauingenieur, Band 40, 1965, S.21, Ein statisch einwandfreies Verfahren zur Ermittlung der Standsicherheit von Böschungen, Der Bauingenieur 1970, Heft 9

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Böschungsbruch — Böschungsbruch, modellhaft beobachtet an einem Rinnsal …   Deutsch Wikipedia

  • Liste bedeutender Ingenieure — Siehe auch: Liste von Erfindern, Liste der Biographien, Kategorie:Ingenieur, Erfinder, Konstrukteur, Liste Persönlichkeiten der Elektrotechnik Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W …   Deutsch Wikipedia

  • Wolmar Fellenius — Wolmar Knut Axel Fellenius (* 10. September 1876 in Stockholm; † 1957) war ein schwedischer Geotechniker. Fellenius war zunächst Eisenbahningenieur und leitete 1905 bis 1911 die bautechnische Entwurfsabteilung der schwedischen Eisenbahn in… …   Deutsch Wikipedia

  • Alan W. Bishop — Alan Wilfred Bishop (* 27. Mai 1920 in Whitstable; † 30. Juni 1988 ebenda) war ein britischer Pionier der Bodenmechanik. Bishop ging auf King´s College in Wimbledon und studierte an der Universität Cambridge (Emmanuel College, Abschluss 1942). Er …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-Detlef Krey — (* 8. Oktober 1866 in Osterbünge, bei St. Margarethen, Schleswig Holstein; † 1928) war ein deutscher Pionier der Bodenmechanik. Krey war ein Bauernsohn, besuchte die Schule in Altona und studierte nach dem Abitur 1886 Bauingenieurwesen an der… …   Deutsch Wikipedia

  • Sven Hultin — 1937 Sven Hultin (* 12. Oktober 1889 in Fässberg, Göteborgs och Bohus län; † 28. Januar 1952 in Göteborg) war ein schwedischer Bauingenieur und Pionier der Geotechnik sowie Kommunalpolitiker in Göteborg …   Deutsch Wikipedia

  • Nilmar Janbu — Nilmar Oskar Charles Janbu (* 23. August 1921 in Norwegen, nördlicher Bjørnsund, Kommune Fræna) ist ein norwegischer Bauingenieur, der ein Pionier der Bodenmechanik ist. Janbu war Professor für Geotechnik an der Norwegischen Technischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Kinematische-Elemente-Methode — Die Kinematische Elemente Methode (KEM) oder Methode der kinematischen Elemente ist ein neues Berechnungsverfahren für geotechnische Stabilitätsprobleme. Es dient der Berechnung von Festkörpern im Bruchzustand. Deswegen ist auch der Begriff… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”