Spasmus hemifacialis

Spasmus hemifacialis

Der Spasmus hemifacialis (oder Hemispasmus facialis) ist eine einseitig (hemi) auftretende unwillkürliche Verkrampfung (Spasmus) der Gesichtsmuskulatur. Ursache ist meist ein mikrovaskuläres Kompressionssyndrom.

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie

Die Erkrankung tritt meist jenseits des 60. Lebensjahres auf. Prädisponierend sind weibliches Geschlecht (M:F = 1:2) und langjährige arterielle Hypertonie. Die Prävalenz liegt für Männer bzw. Frauen bei 7 bzw. 14 /100000 Menschen.

Symptome

Es kommt zu einschießenden Verkrampfungen (Spasmen) der vom Nervus facialis angesteuerten Muskeln. Diese können schmerzhaft sein. Oft beginnt die Symptomatik um das Auge (Musculus orbicularis oculi) und breitet sich über Monate bis Jahre auf die gesamte Gesichtshälfte (bis zum Platysma) aus. Eine Facialisparese ist sehr selten und weist auf eine andere zugrundeliegende Erkrankung hin.

Pathogenese

Ursache ist in über 90% der Fälle eine Kompression des N. facialis durch ein Blutgefäß in der hinteren Schädelgrube, also nahe dem Ursprung des Nerven vor seinem Eintritt in des Felsenbein. Dabei sind die A. cerebelli inferior posterior (PICA) in ca. 40% und die A. cerebelli inferior anterior (AICA) in ca. 20% der Fälle am häufigsten beteiligt. Diese verlängern sich meist durch langjährigen Bluthochdruck und verlaufen dann zunehmend geschlängelt, bis sie gegen den Nerven drücken. Die Pulsation des Gefäßes bewirkt dann eine lokale Schädigung der Myelinscheiden. Durch diesen Verlust an elektrischer Isolation können elektrische Erregungen zwischen den Nervenfasern springen und dadurch die Verkrampfung der mimischen Muskulatur auslösen.

Damit ist die Ursache des Spasmus hemifacialis identisch der der Trigeminusneuralgie, nur dass ein anderer Hirnnerv betroffen ist.

Seltene andere Ursachen sind Gefäßmißbildungen (Angiom) oder Tumoren oder eine Multiple Sklerose.

Diagnostik

Zur Abklärung gehört eine Kernspintomographie (MRT). Weiterhin sollte eine elektrophysioloische Untersuchung erfolgen (Elektromyographie, Neurographie).

Dadurch müssen andere Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden, insbesondere Tumoren der hinteren Schädelgrube (z.B. Akustikusneurinom) und eine Multiple Sklerose. Daher kann im Einzelfall eine Liquorpunktion sinnvoll sein.

Therapie

Therapie der Wahl ist die Injektion von Botulinum-Toxin in die betroffenen Muskeln. Dies ist nur aller 3-5 Monate erforderlich und hat eine Wirksamkeit von > 80% für einen sehr guten Erfolg bzw. >90% für eine Linderung. Wirkungsverlust kann vorkommen, meist auf Grundlage einer Antikörperbildung gegen Botulinum-Toxin.

Antiepileptika sind ähnlich dem Effekt bei der Trigeminusneuralgie ebenfalls wirksam. Die meisten Erfahrungen liegen für Carbamazepin vor (öfters Wirkungsverlust angegeben im Verlauf). Aber auch viele neuere Antiepileptika sind im Einzelfall erfolgreich eingesetzt worden (Gabapentin, Pregabalin, Topiramat, Levetiracetam, Zonisamid).

Als ursächliche Therapie kommt die mikrovaskuläre Dekompression (Jannetta-Operation) infrage. Die Erfolgsquote liegt bei ca. 80%. Da es sich um eine komplizierte Operation in der hinteren Schädelgrube handelt, bleibt dies ultima ratio. Sie sollte bedacht werden, wenn die Behandlung mit Medikamenten nicht ausreichend wirkt oder vertragen wird.

Literatur

  • Andreas Hufschmidt et al.: Neurologie compact. 5. Auf., Thieme 2009.
  • Andreas Schulze-Bonhage; Andreas Ferbert: Spasmus facialis: Aktuelle Aspekte der operativen und medikamentösen Therapie. Dtsch Arztebl 2000; 97(47): A-3184.
  • O. Daniele et al.: Gabapentin in the treatment of hemifacial spasm. Acta Neurol Scand. 2001. Aug;104(2):110-2.
  • D.Deleu: Levetiracetam in the treatment of idiopathic hemifacial spasm. Neurology. 2004 Jun 8;62(11):2134-5.
  • PP. Urban: Pregabalin as add-on treatment to botulinum toxin in idiopathic hemifacial spasm. Neurology. 2006 Jun 13;66(11):1781.
  • H. Alonso-Navarro et al.: Topiramate as treatment for hemifacial spasm. Clin Neuropharmacol. 2007 Sep-Oct;30(5):308-9.
  • A. Siniscalchi: Idiopathic hemifacial spasm responsive to zonisamide: a case report. Clin Neuropharmacol. 2009 Jul-Aug;32(4):230-1.

Weblinks

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