Hermann Mitgau

Hermann Mitgau

Johannes Hermann Mitgau (* 23. Mai 1895 in Braunschweig; † 14. Dezember 1980 in Göttingen) war ein deutscher Soziologe und Genealoge. Zeit seines Forscherlebens versuchte er, Gesellschaftszusammenhänge aus Vererbungsvorgängen zu erklären.

Inhaltsverzeichnis

Soziologische Vererbungswissenschaft

Der Sohn eines Maschinenbauingenieurs und Landgewerberats machte 1914 das Abitur am Wilhelm-Gymnasium in Braunschweig und meldete sich dann zum Kriegseinsatz.[1] Ab 1918 studierte an der Universität Heidelberg bei Max Weber, Alfred Weber und Karl Mannheim, wurde dort 1922 promoviert und – nach Tätigkeiten für den Allgemeinen Studentenausschuss, einen Verein für Studentenhilfe sowie als Wissenschaftlicher Assistent – 1930 mit einer Arbeit über das Soziale Generationsschicksal habilitiert. Noch 1930 wurde er Professor für Volks- und Staatsbürgerkunde an der Pädagogischen Akademie in Frankfurt/Oder. Nach deren Auflösung war er von 1932 bis 1933 Lehrbeauftragter an der Hochschule für Politik in Berlin. Von 1934 bis 1939 lehrte er als Professor für Volkskunde und Familienforschung an der Hochschule für Lehrerbildung zu Cottbus.

Mitgau wurde nach der „Machtergreifung“ 1933 Mitglied der SA und ab 1934 des Nationalsozialistischen Lehrerbundes.[2] Seit 1937 war er Mitglied der NSDAP. 1938 bewarb er sich um Aufnahme in die SS, der er ab 1943 im Rang eines Untersturmführers des SD angehörte.[3] Nach 1939 war er am Aufbau des geplanten Reichsinstituts für Bevölkerungswissenschaft und Bevölkerungspolitik in München beteiligt und arbeitete im Rahmen eines Forschungsauftrages für das Statistische Landesamt in München.

Seit 1946 war Mitgau als Professor für Geschichtsdidaktik an der Pädagogischen Hochschule in Göttingen tätig.

Mitgau erklärte gesellschaftliche Entwicklungen auf Basis der Genealogie. Über Sippengefüge und Abstammungsfolgen erläuterte er die Klassen- und Ständebildung. Dabei hob er die Bedeutung des vererbenden Blutsverbandes und des Geschlechts in früheren ständisch-hierarchischen Schichtungen hervor. Horst Knospe rechnet die Forschungen Mitgaus einer soziologischen Vererbungswissenschaft zu.[4]

Schriften (Auswahl)

  • 5 Jahre Volks- und Sippenkunde an der Hochschule für Lehrerbildung zu Cottbus 1934–39, Cottbus: Verein für Heimatkunde, 1941
  • Berufsvererbung und Berufswechsel im Handwerk. Untersuchungen über das Generationsschicksal im Gesellschaftsaufbau, Berlin: Wichern-Verlag, 1952
  • Ständische Daseinsformen genealogisch gesehen. Untersuchungen über das Generationsschicksal im Gesellschaftsaufbau, Göttingen: Reise, 1953
  • Zur Entwicklung der genealogischen Soziologie. Ein Blick über die Zäune der Fachdisziplinen, Neustadt an der Aisch: Degener, 1966.

Literatur

  • Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert, Hannover 1996, S. 420f.
  • Horst Knospe: Mitgau, Johan-Hermann, in: Wilhelm Bernsdorf/ders. (Hgg.): Internationales Soziologenlexikon, Bd. 2, Enke, Stuttgart ²1984, S. 580 f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die biografischen Angaben beruhen auf Hans-Christian Harten, Uwe Neirich, Matthias Schwerendt: Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reiches. Ein bio-bibliographisches Handbuch, Berlin: Akademie Verlag, 2006, S. 254 f.
  2. Harten, Neirich, Schwerendt: Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reiches, S. 254
  3. Harten, Neirich, Schwerendt: Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reiches, S. 255
  4. Vgl. Beitrag im Soziologenlexikon, siehe Literatur.

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