- Caudillo
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Die Bezeichnung Caudillo ist eine spanische Funktionsbezeichnung und lässt sich etwa mit „Heerführer“, „Oberhaupt“ übersetzen. Heute bezeichnet sie einen leitenden Politiker (starker Mann) bestimmter Prägung (Caudillismus).
Inhaltsverzeichnis
Herkunft und Entwicklung
In mittelalterlichen Texten wurde die Bezeichnung „Caudillo“ als Ehrentitel für einen Heerführer verwendet, welcher sich im Rahmen der Reconquista siegreich hervorgetan hatte. Danach geriet die Bezeichnung außer Gebrauch, und erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Bezeichnung „Caudillo“ in Lateinamerika als Bezeichnung für einen Militärführer herangezogen, der die Macht an sich reißt, wenn die Zivilisten keine Autorität im Lande aufrechterhalten können – nach anderen Quellen soll das Wort allerdings negativ konnotiert sein und als Caudillaje die Willkürherrschaft eines Offiziers oder eines Großgrundbesitzers bezeichnen. (Diese zwei Auffassungen schließen sich allerdings nicht notwendig gegenseitig aus, da es sich offenbar um eine Frage der Sichtweise handelt.)
Gegen eine negative Konnotation spricht allerdings wiederum der Umstand, dass sich die Bezeichnung sogar im Himno de Riego findet, einem Lied, welches den spanischen Revolutionär Rafael del Riego - Anführer des liberalen pronunciamientos von 1820 - feiert und als revolutionäres Kampflied der Nationalhymne Spaniens während der Zweiten Republik zugrundelag. Allerdings war die betreffende vierte Strophe des Lieds (die mit den Worten Honor al Caudillo... - „Ruhm dem Caudillo...“ anhebt) nicht Teil der offiziellen Hymne.
Berühmt wurde dieser Ausdruck dadurch, dass sich der spanische Diktator Francisco Franco diesen Titel gab, offenbar inspiriert von den Bezeichnungen „Führer“ und „Il Duce“ anderer europäischer Diktatoren, wenngleich „Caudillo“ keine direkte Übersetzung dieser Begriffe ist. Die von der Reconquista herrührende Bedeutung war für Franco, der im Rahmen des Spanischen Bürgerkriegs eine cruzada („Kreuzzug“) zu führen beanspruchte, zweifellos von Reiz. Mit dem Tode Francos und dem Ende des Franquismus kam das Wort außer Gebrauch, und ihm kam nur noch eine historische Bedeutung zu.
In den letzten Jahren allerdings kommt die Bezeichnung in der Presse durch ihre Anwendung auf südamerikanische Politiker wie Hugo Chávez wieder vermehrt zur Anwendung.
Beispiele für Caudillos
Argentinien
- Juan Manuel de Rosas (Gouverneur von Buenes Aires von 1829–1832; 1835–1852)
- Juan Facundo Quiroga (Gouverneur von La Rioja (Provinz) und Heerführer)
Chile
- Bernardo O’Higgins (Director Supremo (Präsident) von 1817–1823)
Mexico
- Antonio López de Santa Anna (Präsident von 1833–1835; 1839; 1841–1842, 1843, 1844; 1846–1847; 1853–1855)
Spanien
- Francisco Franco (1892–1975), spanischer Diktator und Generalissimus
Venezuela
- José Antonio Páez (Präsident von 1830–1835; 1839–1843; 1861–1863)
- José Tadeo Monagas (Präsident von 1847–1851; 1855–1858; 1868)
- Cipriano Castro (Präsident von 1899–1908)
- Ezequiel Zamora (Bürgerkriegsgeneral und ein Bauernführer)
Literatur
- Walther L. Bernecker, Hans-Jürgen Fuchs, Bert Hoffmann et al: Spanien-Lexikon, Verlag C.H.Beck, 1990, ISBN 3-406-34724-X
Siehe auch
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