- Johann Georg Schrepfer
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Johann Georg Schrepfer (* getauft 26. März 1738 in Nürnberg; † 8. Oktober 1774 im Leipziger Rosental). Er betrieb seit 1770 ein Kaffeehaus im Leipziger Barfußgäßchen (heute: Grundstück Zill's Tunnel), gründete, durch den Hauskauf hochverschuldet, spätestens 1772 seine "Loge der ächten Maurerey", war nie als Freimaurer aufgenommen worden. Mit seinen rosenkreuzerischen "Arbeiten" und entspr. "Geister"-Zitationen (über Laterna magica, Hohlspiegel, Helfer; so hat ein Anwesender auch einen schwangeren Geist gesehen - Schrepfers Ehefrau war zu dieser Zeit tatsächlich schwanger ...), warb er zahlreiche Brüder der offiziellen Leipziger freimaurerischen Tempelherren-Loge "Minerva zu den drey Palmen" ab, begann, ihre angeblichen "Geheimnisse" über öffentliche Aushänge zu veröffentlichen und verunsicherte den gesamten deutschlandweiten Orden. Die Loge rief ihren Großmeister, den Dresdner Herzog Carl von Curland, Sohn des früheren Kurfürsten Friedrich Agust II., um HIlfe an, der Schrepfer - illegal - verhaften ließ. Als sich Schrepfer daraufhin beim Leipziger Rat beschwerte, wurde die Sache intern beigelegt, Schrepfer schließlich nach Dresden eingeladen, wo er, im Kurländer Palais, für Mitglieder des Hoch- und Hofadels "Geister" erscheinen ließ. Die Anwesenden waren tatsächlich so begeistert, daß sie Schrepfer hoffierten. Als er ihnen das schöne Märchen von einem Millionenschatz - sächs. Kammer-Kassen-Credit-Scheine - im Wert von Millionen Talern erzählte, gaben sie ihm zehntausende Taler gegen Schuldscheine, um von den angeblich auf Schweizer Banken deponierten Millionen zu profitieren. Allerdings auch der Konferenzminister Friedrich Ludwig von Wurmb, der für diese sächs. Staatsanleihen und deren Schutz eigentlich verantwortlich war. Am 8. Okt. 1774 machte die Sechsergruppe angeblich eine "Promenade" ins Leipziger Rosental: Kurz nach 5 Uhr morgens! Die Sonne ging erst 6.27 Uhr auf. Die 6 Uhr aufgenommenen Zeugenaussagen des Leipziger Gerichts widersprechen sich; die beiden kriegserfahrenen Kammerherren wurden nicht vernommen, Bischoffswerder mußte noch im gleichen Herbst aus Dresden verschwinden und ging ins preußische Schlesien. Der junge Kurfürst - Friedrich August III. - ließ sich die Leipziger Akten sowie den beschlagnahmten Schrepfer-Briefwechsel nach Dresden kommen - letzterer kam nicht zurück und ist bis heute verschwunden. Die Dresdner Staatsregierung unterband sämtliche notwendigen weiteren Untersuchungen ... Schrepfer starb durch angeblichen "Selbstmord" in Anwesenheit von fünf seiner Anhänger, darunter die Kammerherrn des sächs. Herzogs von Carl von Curland, Johann Rudolph von Bischoffswerder und Christian Friedrich von Hopfgarten. Aber: Neueste mehrmonatige Sichtungen der Originalakten (Taufbucheintrag Nürnberg, Schrepfer-Akten im Stadtarchiv Leipzig, Obduktionsbericht u.a.) und neu aufgefundener Dokumente (u.a. Brief Bischoffswerders an den Konferenzminister Friedrich Ludwig von Wurmb, zeitgenöss. Handschrift "Schrepfers Lehre ..", Briefe Schrepfers, Brief des Herzogs von Kurland an den Kommandanten der Pleißenburg) geben ein ganz anderes Bild der Vorgänge: Der nie beachtete Obduktionsbericht im Leipziger Stadtarchiv z.B. legt nach einem Gutachten (Juni 2011) eines Leipziger Rechtsmediziners nahe, daß bei diesem "Selbstmord" handgreiflich nachgeholfen wurde: also Mord. Zu viel stand auf dem Spiel, wenn der hochverschuldete Schrepfer vor Gericht gestellt worden wäre: Der Filz des Tempelherren-Ordens bis in höchste Kreise, die verbotene Zockerei von Mitgliedern des Hochadels mit - angeblichen - sächs. Staatspapieren (Cammer-Credit-Cassen-Scheinen), der Anteil der Gold- und Rosenkreuzer. Mehrere der Beteiligten wurden nach Schrepfers Tod Zirkelleiter der Gold- und Rosenkreuzer in Sachsen; die hatten die Absicht, die Freimaurerei zu unterwandern, um die Aufklärungsideen mit ihrer kath. "reinen Lehre" zurückzudrängen und polit. Einfluß im protestantischen Norden Deutschlands zu gewinnen. Über Bischoffswerder und Wöllner und ihre Rosenkreuzerloge am preußischen Hof ist das dann auch gelungen. Die seit mehr als 200 Jahren zirkulierenden Berichte, Aufsätze, Bücher über Schrepfer bis in die Gegenwart basieren vor allem auf den Legenden, die unmittelbar nach seinem Tod gestreut wurden, und wurden immer wieder abgeschrieben. Einige Originaldokumente gesichtet hatte nur Eugen Sierke - ohne daß ihm Zweifel gekommen sind. Auch der Artikel der Allgemeinen Deutschen Biographie von Gustav Wustmann war abgeschrieben. Wustmann war zwar Direktor des Leipziger Ratsarchivs, nutzte aber die unter seiner Verwaltung stehenden Akten zu Schrepfer nicht, sondern bediente sich bei einem Artikel von Eugen Sierke (1874) ... Die Affäre um Johann Georg Schrepfer ist symptomatisch für die Gegenbewegung in der Aufklärungszeit, die "dunkle" Seite der Aufklärung. Otto Werner Förster
Schrepfer, so steht der Name im Taufbuch, diente auch Friedrich Schiller (in Dresden, bei seinem Freund und Freimaurer Christian Gottfried Körner, Minerva-Mitglied) als eine Vorlage neben anderen für seinen unvollendeten Roman Der Geisterseher. Wilhelm von Kügelgen z.B. berichtet über Schrepfer in einer Passage der Jugenderinnerungen eines alten Mannes.
Literatur
- Otto Werner Förster: Tod eines Geistersehers. Johann Georg Schrepfer. Eine vertuschte sächsische Staatsaffäre, 1774. Taurus Verlag Leipzig, 2011, 112 Seiten, mit Abb. von Originaldokumenten
- Stadtarchiv Leipzig, Evangelisches Kirchenarchiv Nürnberg, Stadtarchiv Nürnberg, Archiv Holz
- Nachricht von dem berüchtigten Johann Schroepfer in Sachsen und seinen Geisterbeschwörungen. 1775. 8 Seiten
- Johann Salomo Semler: Sammlungen von Briefen und Aufsätzen über die Gaßnerischen und Schröpferischen Geisterbeschwörungen: Halle, 1776
- Walter Kunz: Johann Georg Schröpfer, ein Magier des 18. Jahrhunderts. Rechtshilfe-Verlag, Zürich, 1957
- Joachim Kalka: Phantome der Aufklärung. Von Geistern, Schwindlern und dem Perpetuum Mobile. Berenberg Verlag, Berlin, 2006
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