- Johannes Semler jun. (Aktienrechtler)
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Johannes Semler (* 28. April 1923 in Hamburg) ist ein deutscher Jurist und Unternehmer. Er war als Wirtschaftsprüfer und ist seit fast 60 Jahren als Rechtsanwalt tätig. Als Mitglied des Vorstands mehrerer Unternehmen war er für Finanzierung und Rechnungslegung zuständig. Er war Mitglied zahlreicher Aufsichtsräte und Beiräte großer und mittelgroßer Unternehmen, vor allem in Familienunternehmen. Nach Wahrnehmung eines Lehrauftrags wurde ihm die Lehrbefugnis für Handels- und Gesellschaftsrecht erteilt. Er war jahrelang als Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien tätig.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Johannes Semler wurde als Sohn von Emma Helene Semler geb. Hütz (1902 bis 1992) und des Referendars Johannes Ferdinand Semler (1898 bis 1973) in Hamburg geboren. Sein Vater war Rechtsanwalt (1924 bis 1932) und Wirtschaftsprüfer (bis zu seinem Tode). Er war als Politiker der CSU vor allem durch seine Erlanger (Hühnerfutter-) Rede bekannt, die er im Februar 1947 als damaliger Direktor für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes gehalten hatte. Er gehörte dem ersten Deutschen Bundestag an. Johannes Semler begann seine Schulzeit 1929 in Hamburg und setzte sie in Berlin, Innsbruck, Freiburg i. Br. und Wien fort. Ende April 1941 beendete er seine Schulausbildung mit der Matura am Staatsgymnasium Wien I (ehemals Schottengymnasium). Während des Laufs der achten Schulklasse wurde Johannes Semler zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, den er 4 Monate in Zuckmantel im Ostsudetenland ableistete. In der Zeit vom 2. Mai 1941 bis zum 9. Mai 1945 war er Angehöriger der Deutschen Wehrmacht. Vom 10. Mai 1945 bis zum 28. April 1948 war er Kriegsgefangener der Volksrepublik Jugoslawíen. Er setzte das in der Gefangenschaft begonnene Studium an der Universität Hamburg fort und bestand im November 1949 das erste, im Juni 1953 das zweite juristische Staatsexamen. Er wurde zum Anwaltsassessor und im Dezember 1953 zum Rechtsanwalt ernannt. Beruflich bedingt verlegte Johannes Semler seinen Wohnsitz 1958 nach Schönberg bei Kronberg (Ts) und 1963 nach Oberursel. Im Jahr 1987 zogen Johannes und Gisela Semler nach Kronberg-Schönberg.
Familie
Am 30. August 1950 heiratete Johannes Semler Frau Gisela geborene Sander.(*3.Juni 1924 in Berlin). Gisela Semler ist die Tochter von Frau Margarethe Toni Sander geb. Bourjau (1891 bis 1969) und des Rechtsanwalts Dr. Heinz Louis Friedrich Sander (1892 bis 1984). In der Ehe sind drei Töchter geboren worden, zwei sind Zwillinge. Es gibt sieben Enkelkinder.
Kriegsjahre
Bei den Gebirgsjägern in Admont im Gesäuse (Obersteiermark) war Semler Rekrut. Nach 6 Wochen Kursuszeit in Marburg/Drau wurde er Ausbilder in Admont. Im Mai 1942 wurde er zu einer Einheit versetzt, die in Vorbereitung des Kaukasusfeldzuges Kaukasier, die sich zum Wehrdienst in der deutschen Armee gemeldet hatten, zu Gebirgsjägern der Deutschen Wehrmacht ausbildete. Mit dieser Einheit war Semler im Fronteinsatz im Kaukasus, auf der Krim und im Balkan. Kurz vor Ende des Rückzugs aus dem Balkan kapitulierte die Deutsche Wehrmacht und Semler geriet in jugoslawische Gefangenschaft. Zunächst war er zwei und ein Viertel Jahre im Offiziersgefangenenlager in Vrsac nördlich Belgrad. Nach freiwilliger Meldung arbeitete er als Kriegsgefangener 9 Monate im Kupferbergwerk Bor (Tagebau). Ende April 1948 wurde er nach Hamburg entlassen.
Studium und Ausbildung
Schon in der Gefangenschaft konnte Semler an einer "Stacheldrahtuniversität" des Kriegsgefangenenlagers Vrsac mit dem Jura-Studium beginnen. Auf die Pflichtstudienzeit wurden 3 Semester und einige Pflichtarbeiten angerechnet. Nach Rückkehr aus der Gefangenschaft setzte er sein Studium an der Universität Hamburg fort. Er beendete es mit dem ersten juristischen Staatsexamen. Nach der vorgeschriebenen Vorbereitungszeit bestand Johannes Semler im Jahr 1953 das Assessor-Examen und 1955 das Wirtschaftsprüferexamen. Von 1958 bis 1963 war er Mitglied des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer, von 1968 bis 1994 Mitglied bzw. Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungswesen". 1979 nahm er das Studium noch einmal auf. An der Universität Bochum bereitete er sich auf seine Prüfung zum Dr.jur. vor. Am Ende des Jahres legte er seine Dissertation mit dem Titel "Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats" vor. Er wurde mit "magna cum laude" promoviert.
Berufstätigkeit
Schon während seines Studiums und während seiner Referendarzeit arbeitete Johannes Semler als Praktikant bei der Deutsche Warentreuhand AG. Ab 1953 war er als Revisor und Mitarbeiter der Rechtsabteilung in dieser Gesellschaft tätig. 1957 wurde er zum Leiter der Niederlassung Frankfurt dieser Gesellschaft berufen. Im Austausch arbeitete er drei Monate in New York bei der US-Amerikanischen Prüfungsgesellschaft Peat, Marwick, Mitchell & Co. Im Dezember 1959 wurde Johannes Semler zum stellvertretenden Mitglied, 1961 zum ordentlichen Mitglied des Vorstands der Deutsche Warentreuhand AG berufen. Zum 1. April 1963 wurde Johannes Semler zum Generalbevollmächtigten der Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) ernannt. Er übernahm die Leitung des Finanzresorts, 1964 wurde er stellvertretendes, 1966 ordentliches Mitglied des Vorstands dieser Gesellschaft. Nach 11 Jahren und intensiven Auseinandersetzungen über die Situation und die Entwicklung des Unternehmens verließ Semler im gegenseitigen Einvernehmen den Vorstand der AEG. Seitdem war Semler als Rechtsanwalt und Unternehmensberater freiberuflich tätig. Von Juli 1996 bis Mai 2005 kooperierte er als "Of Counsel" mit der Internationalen Anwaltsfirma Clifford Chance. Danach war er weiter und wiederum allein als Rechtsanwalt und Unternehmensberater tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er von 1981 bis 1984 Mitglied des Vorstands der Mercedes Automobil Holding AG und von 1998 bis 2001 Geschäftsführer der Marzotto GmbH. Im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit war Johannes Semler Vorsitzender oder Mitglied zahlreicher Aufsichtsräte, Beiräte und Gesellschafterausschüsse, vornehmlich inn Familiengesellschaften. Er war Vorsitzender des Aufsichtsrats der
- Hugo Boss AG
- Pittler Maschinenfabrik AG
- Textima AG
- Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA
- Stylepark AG
Er war Mitglied des Aufsichtsrats der
- Daimler-Benz AG
- Daimler-Benz Aerospace AG
- Daimler-Benz Luft- und Raumfahrt Holding AG
- Axel Springer Verlag AG
- Howaldt Werke - Deutsche Werft AG
- Ilse Bergbau AG
- Frankfurter Hypothekenbank
- Berliner Disconto Bank AG
- Berliner Handels- und Frankfurter Bank AG
- Advanta Management AG
- Deutsche Dampfschiffahrts-Gesellschaft "Hansa" i. Liqu.
Er war Mandatsträger in einigen ausländischen Gesellschaften, Director der Sylvania Lighting International B.V., und der Interfina AG Zürich sowie einiger Konzerngesellschaften der AEG. Vor allem in Familiengesellschaften war Johannes Semler Vorsitzender oder Mitglied unterschiedlich benannter Gesellschaftergremien. Es ging u.a. um folgende Unternehmen:
- J. Latscha Frankfurt KG
- Richard Daus & Co
- Gebr. Happich GmbH
- Hermann Pfauter Werkzeugmaschinenfabrik GmbH & Co
- LTG Lufttechnische GmbH
- Schaudt Maschinenfabrik GmbH
- Gütermann & Co
- Fischer Werke GmbH & Co.
- J.P. Morgan GmbH
Johannes Semler übt auch heute noch als Rechtsanwalt eine geringfügige Beratungstätigkeit im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht aus.
Wissenschaftliche Tätigkeit
Johannes Semler war Mitglied und Berichterstatter der Konzernrechtskommission des Deutschen Juristentages von 1957 bis 1965. 1972 bis 1979 gehörte Johannes Semler der Unternehmensrechts-Kommission des Bundesjustizministeriums an. Im Jahre 1985 erhielt Semler einen Lehrauftrag für Handels und Gesellschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Im Jahr 1989 erhielt er die Lehrbefugnis für diese Studienfächer. Gleichzeitig wurde er zum Honorarprofessor ernannt. Johannes Semler ist Mitglied des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins.
Schriftstellerische Tätigkeit, Veröffentlichungen
Johannes Semler ist Mitherausgeber und Mitautor des Buches "Freiwillige vom Kaukasus" Graz 2003. Auf wissenschaftlichem Gebiet war Johannes Semler als Autor und Herausgeber, teils allein; teils zusammen mit Kollegen tätig: Als Autor hat er in zweiter Auflage seine ursprüngliche Dissertation unter dem Titel Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft publiziert. Als Herausgeber bzw. Mitherausgeber zeichnet Johannes Semler für folgende Werke verantwortlich: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz (2. Aufl. des Kommentars von Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropf), Mitherausgeber Prof. Dr. Bruno Kropff. Kommentar zum Umwandlungsgesetz, 2. Aufl., Band 56 in der Reihe der Beckschen Kurzkommentare, Mitherausgeber Atrndt Stengel, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, zusammen mit Kersten von Schenck, demnächst in vierter Aufl. Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, zusammen mit Rüdiger Volhard und Jochem Reichert, bis zur dritten Aufl. Arbeitshandbuch für Vorstandsmitglieder, zusammen mit Martin Peltzer, demnächst in zweiter Aufl. Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, zusammen mit Rüdiger Volhard, Rechtsgrundlagen freiheitlicher Wirtschaftsordnung mit Prof. Dr. Marcus Lutter Als Autor bzw. Mitautor hat Johannes Semler an folgenden Werken mitgewirkt: Die Kommanditgesellschaft auf Aktien und zusammen mit Barbara Grunewald den Teil über Eingegliederte Gesellschaften. in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Aktiengesetz. Aufsätze und Beiträge in allen Werken, deren Herausgeber oder Mitherausgeber Johannes Semler ist oder war. Untersuchungen zur Reform des Konzernrechts, Bericht der Studienkommission des Deutschen Juristentages Etwa zehn Beiträge in diversen Sammelwerken des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts, etwa 30 Beiträge zu Festschriften und weitere etwa 30 Aufsätze in Fachzeitschriften zu aktuellen Themen, daneben Buchbesprechungen und Urteilsanmerkungen.
Als Referent hat Johannes Semler auf etwa 120 Veranstaltungen zu aktuellen Themen des Gesellschafts- und Unternehmensrechts, des Kapitalmarktrechts, der Unternehmensorganisation, der Rechnungslegung und der Prüfung gesprochen.
Freizeitbeschäftigung
Seit früherer Jugend ist Johannes Semler ein begeisterter Bergsportler. Er kennt die Berge der Ostalpen und der Westalpen, im Sommer und im Winter. Skilaufen und Bergsteigen waren seine Hobbys. Nach Verlust der Schwindelfreiheit durch Kopfverwundungen im Kriege musste er die Fels-und Eiskletterei beenden. Aber er konnte auch noch nach dem Kriege anspruchsvolle Touren in die Bergwelt des Wallis, der Obersteiermark, Tirols und Vorarlbergs gehen. Mit Freunden hat er viele Berge links und rechts des Rheintales bestiegen. Aus gesundheitlichen Gründen, musste er mit 78 Jahren dass Skilaufen einstellen. Semler ist ein großer Freund von Theater und Oper, von Orchesterkonzerten und Kammermusik. Jahrelang war er Stammgast bei den Salzburger Festspielen. Obwohl beruflich zu vielen Reisen gezwungen, hat er auch privat große Freude am Besuch nah und fern gelegener Sehenswürdigkeiten. Er war in fast allen Staaten Europas, in Nord- und Südamerika, In Südafrika und in fast allen Ländern des fernen Ostens. Georgien kennt er wie seine eigene Heimat, er war wohl 25 Male in diesem schönen Land.
Ehrungen
Im Krieg erhielt Johannes Semler Tapferkeitsauszeichnungen und andere Ehrenzeichen (z.B., Goldenes Verwundetenabzeichen. Nach Vorlesungen an der Technischen Universität Tiflis und nach Veranstaltung mehrerer größerer Symposien gemeinsam mit dem Präsidenten des Obersten Gerichts von Georgien, Lado Chanturia, wurde Johannes Semler im Jahr 2000 zum Dr.h.c. der technischen Universität ernannt. Die Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Tiflis ernannte Johannes Semler im Jahr 2001 zum Ehrenprofessor. Der Präsident der Republik Georgien, Eduard Shewardnadse, verlieh Johannes Semler im Jahr 2001 die Ehrenbürgerschaft der Republik Georgien.
Literatur
- K. W. Böhme: Die deutschen Kriegsgefangenen in Jugoslawien 1949–1953. München 1964
- Jeloschek, Richter, Schütte, Semler: Freiwillige vom Kaukasus. Graz 2003
- Markus Bierich, Peter Hommelhoff, Bruno Kropff (Hrsg.): Festschrift für Johannes Semler zum 70. Geburtstag am 28. April 1993. Berlin und New York 1993
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