- Jüdischer Friedhof (Gymnich)
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Der Jüdische Friedhof Gymnich befindet sich nahe dem nordwestlichen Ortsrand von Gymnich im Rhein-Erft-Kreis. Er hat eine Gesamtfläche von etwa 1532 m2. Vermutlich wurde der Friedhof um 1845 angelegt,[1] der älteste Grabstein mit lesbarer Schrift wurde 1846 aufgestellt.[1] Mit 27 erhaltenen Grabsteinen handelt es sich nach dem neuen jüdischen Friedhof in Lechenich mit 31 Grabsteinen um einen der umfangreichsten Bestände jüdischer Gräberstellen in Erftstadt, auf 19 Grabsteinen sind die Namen der Beigesetzten noch zu entziffern.
Inhaltsverzeichnis
Lage und Beschreibung
Der jüdische Friedhof befindet sich nahe der Hauptverkehrsstraße L 162 (Kerpener Landstraße) des Ortes Gymnich im Bereich des nordwestlichen Ortsrands. Der langgezogene und mit etwa 13 m Breite und 120 Meter Länge sehr schmale Friedhof erstreckt sich in Ost-West-Richtung, seine Gesamtfläche beträgt etwa 1532 m2. Der Eingangsbereich liegt an einem unbenannten Wirtschaftsweg und besteht aus einer etwa zwei Meter hohen Backsteinmauer mit einem zweiflügeligen schmiedeeisernen Tor, beidseitig des Tores besitzt die Mauer je zwei erhöhte Eckpfeiler,[2] zudem steht beidseitig hinter der Mauer jeweils ein Bergahorn.
Auf dem Friedhof befinden sich 26 erhaltene, teilweise restaurierte Grabsteine, von denen 19 eine Entzifferung der Namen der Begrabenen ermöglichen; der nach Weber als 27. Stein aufgeführte Grabstein[2] liegt abgebrochen neben dem Sockel.[3] Die Gräber sind nicht eingefasst und Wege sind nicht vorhanden, der Friedhof ist vollständig mit Rasen bedeckt und von einer Weißdornhecke eingefasst. Er besteht aus drei Feldern, von denen nur das mittlere und größte Grabsteine enthält.[2]
Geschichte
Bereits 1676 bestand ein „Judenkirchhof“ in Gymnich, der im Testament eines Gymnicher Ehepaars benannt ist. Der Friedhof lag neben den Ländereien der Eheleute.[4] Auch 1776 wurde in einem Pachtvertrag der Ländereien des Priesterseminars in Gymnich zwischen dem Präses des Priesterseminars in Köln und einem Pächterehepaar aus Gymnich ein Judenfriedhof in Gymnich benannt.[5]
Wann der heutige Friedhof angelegt wurde, ist nicht mehr bekannt. Vermutlich wurde der Friedhof um 1845 angelegt,[1] der älteste Grabstein wurde im Jahr 1846 (nach jüdischer Zeitrechnung im Jahr 5606) aufgestellt und ist mit hebräischer Schrift beschrieben.[1] Weber datiert die Errichtung auf etwa 1860, der nach seiner Bestandsaufnahme älteste Grabstein mit lesbarer Schrift wurde 1861 aufgestellt.[2]
Am 1. März 1900 wurde von Seiten des Gemeinderats Gymnich ein Zuschuss zur Einfriedung des jüdischen Friedhofs beschlossen. Dieser Beschluss erfolgte „auf Antrag des Vorstehers der israelitischen Gemeinde zu Gymnich“, es handelte sich um „einen Zuschuss von 50 Mark [..] aus der Gemeindekasse“.[6] Die jüdische Gemeinde war der Synagogengemeinde Lechenich angegliedert.
Ob während oder nach den Novemberpogromen 1938 der Gymnicher Friedhof geschändet wurde, ist heute nicht bekannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die noch vorhandenen Grabsteine allerdings umgeworfen und bis heute fehlen viele Inschriftentafeln. 1947 wurden die Gemeinden des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen verpflichtet, die jüdischen Friedhöfe ihres Gebietes „in den Zustand zu versetzen, in welchem er sich vor dem Jahr 1938 befunden hat. Dazu gehört in erster Linie die Wiederherstellung und Aufstellung der Grabsteine.“[7] Der Gemeinderat in Gymnich beschloss am 24. Januar 1949, „dem Antrag der Synagogengemeinde Köln auf Instandhaltung des jüdischen Friedhofes“[8] zu entsprechen. In der Folge wurden ein Ortsbewohner mit der Pflege der Hecke und des Rasens und zwei Maurer mit der Restaurierung der Eingangsmauer beauftragt. 1953 wurde der Bürgermeister Heinrich Schmitz von dem Pfleger Josef Leiser gebeten, die Grabsteine wieder aufzustellen, wofür allerdings die Mittel fehlten. Am 4. Mai 1956 wurde die Verwaltung von Josef Levy, dessen Eltern auf dem Friedhof begraben waren, ebenfalls gebeten, die Grabsteine wieder aufzustellen. In der Ratssitzung wurde vermutet, dass es aufgrund fehlender Belegungspläne schwierig sein würde, die Steine an ihren alten Standort zu bringen, zudem wurde gefordert, zu prüfen, ob die Ruhefrist von 30 Jahren, die für die Gemeinde Gymnich gilt, auch für den jüdischen Friedhof anzuwenden ist.[9] Nach einem erstmaligen Zuschuss von 340,75 DM im Rechnungsjahr 1958 sowie einer weiteren Sitzung am 12. Oktober 1959, bei dem nochmals festgestellt wurde, dass der Friedhof nach Anordnung der Regierung instandgesetzt werden muss und in der die Kosten auf 3050,75 DM festgesetzt wurden[10] wurde am 5. Juli 1960 schließlich bestätigt, dass „der Judenfriedhof ordnungsmäßig instandgesetzt worden ist“ und die weitere Pflege einem Angebot entsprechend übertragen wurde.[11]
Im Jahr 1988 errichtete die Stadt Erftstadt auf dem jüdischen Friedhof in Gymnich mit Zustimmung der Synagogengemeinde Köln einen Gedenkstein für die von den Nationalsozialisten ermordeten Gymnicher Juden. Die Inschrift lautet:
„Im Gedenken an die deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens, die 1942 durch nationalsozialistische Gewaltherrschaft aus Gymnich deportiert und im Osten ermordet wurden“
– [12]
Grabsteine
In der folgenden Tabelle werden die Grabsteine auf den Jüdischen Friedhof dargestellt. Die Beschreibung und Nummerierung folgt der Darstellung in Weber 1984.[2]
Nr.[2] Person Inschrift[2] Maße Material[13] Besonderheiten[2] Abbildung 1 unbekannt [Inschriftenplatte fehlt] 133/35 cm Terrazzo Rundkopf 2 Moses Krämer (1847-1931) [hebräische Inschrift]
HIER RUHT UNSER / LIEBER BRUDER U. ONKEL / MOSES KRÄMER / GEB. 10.12.1847 / GEST. 12.4.1931
136/50 cm Porphyr (grünlich) Segmentbogen; Inschrift in hebräisch und deutsch; Davidsstern 3 unbekannt [Inschriftenplatte fehlt] 143,5/54 cm Terrazzo Rundkopf 4 unbekannt [Inschriftenplatte fehlt] 143/54 cm Terrazzo Rundkopf 5 Frau Michael Levi, geb. Heidt (1860-1906) [hebräische Inschrift]
Hier ruht / unsere gute Mutter / Frau Michael Levi / geb. Heidt / geb. 8. Febr. 1860 / gest. 6. Juni 1906
107,5/39,5 cm Belgisch Granit Rundkopf mit Ohren; Inschrift in hebräisch und deutsch; Davidsstern 6 Frau Michael Levy, Henriette geb. Daniel (1873-1924) [hebräische Inschrift]
Hier ruht / unsere liebe Gattin / und Mutter / Frau Michael Levy / Henriette geb. Daniel / geb. am 22. März 1873 / gest. am 6. Febr. 1924 / Ruhe in Frieden!116/39 cm Belgisch Granit Rundkopf mit Ohren 7 Isidor Levi (1900-1919) [hebräische Inschrift]
Hier ruht / unser lieber Sohn / und Bruder / Isidor Levy / geb. 19 Aug. 1900 / gest. 28. Jan. 1919 / Friede seiner Asche135,5/50 cm Terrazzo Geschweifter Kopf mit seitlichen Voluten und erhabener Leiste, unterhalb Voluten seitlich kanneliert 8 Michael Levy (1864-1924) [hebräische Inschrift]
Hier ruht in Frieden / unser lieber Vater / Michael Levy / geb. 3. Jan. 1864 / gest. 12. Juli 1926133/35 cm Muschelkalk Rundkopf mit Ohren 9 Lina Krämer, geb. Cremer (1863-1918) [hebräische Inschrift]
Hier ruht / meine liebe Gattin / und Tante / Lina Krämer geb. Cremer / geb. 20.7.1863 / gest. 18.9.1918 / Ruhe in Frieden125,5/50 cm Muschelkalk Segmentkopf, seitlich abgestuft 10 Jakob Levi (1891-1915) [hebräische Inschrift]
Hier ruht / unser guter Sohn / u. Bruder / Jakob Levi / geb. 25. Nov. 1891 / gest. 12. Febr. 1915114/40 cm Belgisch Granit Rundkopf mit Ohren 11 Marianne Emmel, geb. ... HIER RUHT / MEINE LIEBE / PFLEGEMUTTER / MARIANNE / EMMEL / GEB ... / RUHE IN FRIEDEN 16,5/50 cm Terrazzo Dreieckskopf mit ornamentierter Randleiste 12 Helene Krämer (1854-1918) [hebräische Inschrift]
Hier ruht / unsere liebe Schwester / und Tante / Fräul. Helene Krämer / geb. 10.7.1854 - gest. 4.3. 1918 / Ruhe in Frieden122,5/49,5 cm Muschelkalk Segmentkopf seitlich abgeschrägt 13 Johanna Berg (1845-1908) [hebräische Inschrift]
Hier ruht / unsere liebe Schwester / Fräulein / Johanna Berg / geb. 19. Januar 1845 / gest. 8 Septemb. 1908133/56 cm Belgisch Granit Rundkopf mit Ohren 14 Sophie Stock, geb. Rosenzweig (1839-1910) [hebräische Inschrift]
HIER RUHT / UNSERE LIEBE MUTTER / UND GROSSMUTTER / SOPHIE STOCK / GEB. ROSENZWEIG / GEB. 9. MAI 1839 / GEST. 23. SEPTBR. 1910130/74 cm Belgisch Granit Rustika mit erhabener Inschrifttafel 15 Friederike Heimann, geb. Baum (1795-1861) und Regina Heimann (1830-1904) Hier ruhen / unsere liebe Großmutter / Friedrike Heimann, geb. Baum / geb. 1795 - gest. 1861
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Unsere liebe Tante / Regina Heimann / geb. 1830 - gest. 1904
[hebräische Inschrift]128/49 cm Diabas Segmentkopf 16 Sofie Daniel, geb. Steinberg (1847-1922) Hier ruht / uns. liebe Mutter / Sofie Daniel / geb. Steinberg / geb. 1847 / gest. 1922
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[hebräische Inschrift]108/43 cm Diabas Segmentkopf, Seiten Rustika 17 Abraham Stock ()1832-1908 [hebräische Inschrift]
HIER RUHT / MEIN LIEBER GATTE / UNSER GUTER / VATER UND / GROSSVATER / ABRAHAM STOCK / GEB. 4. NOVBR. 1832 / GEST. 15. APRIL 1908154/75 cm Belgisch Granit Rustika mit erhabener Inschrifttafel 18 Israel Heidt (1822-1896) Hier ruht / Israel Heidt / geb. 31. März 1822 / gest. am 1sten / Neujahrstage 56-57 / den 8. Sept. 1896 52/48 cm Roter Sandstein mit weißer Marmorplatte Platte in querrechteckigem erhabenen Rahmen, Seitenkehlchen, Oberkante profiliert 19 unbekannt Inschriftenplatte fehlt 65/50 cm Roter Sandstein Platte in querrechteckigem erhabenen Rahmen, Seitenkehlchen, Oberkante profiliert 20 Gottschalk Rosenzweig (1806-1890) [hebräische Inschrift]
Gottschalk Rosenzweig / geb. 1806 / gest. 10 Oktober 1890111/60 cm Gelber Sandstein Rundkopf, nach den Seiten abgestuft;; Kanten abgefasst 21 Helena Heidt (1853 oder 1854 (?) - 1885) [hebräische Inschrift]
Hier ruhe / Helena Heidt / gest. 8. Januar 1885 / 31 Jahre alt127/46 cm Zementguss Rundkopf mit Ohren 22 Meyer Berg (1806-1880) [links] Hier ruhen / [rechts] unsere lieben Eltern
[links] Meyer Berg / geb. zu Brüggen 1806 / gest. zu Dirmerzheim / den 15. Oct. 1880 [rechts] Eva Berg / geb. Levano / geb. zu Gymnich 1806 / gest. zu Dirmerzheim / den 9. Mai 1886
[links] [hebräische Inschrift] / [rechts] [hebräische Inschrift]
[links] Ruhet / [rechts] in Frieden105/91 cm Gelber Sandstein Doppelgrab, Rundköpfe mit Randleiste 23 Eva Berg, geb. Levano (1806-1886) 24 unbekannt (1802-1873) [hebräische Inschrift]
[Deutsche Inschrift nicht lesbar außer Lebensdaten:] geb. den 19 April 1802 / gest. den 10 Sept. 187398/56 cm Gelber Sandstein Dreikantkopf mit gekehlter Randleiste 25 unbekannt [Inschriftenplatte bis auf Fragment zerstört] 133/35 cm Gelber Sandstein, Marmorplatte 26 unbekannt [hebräische Inschrift] 116/62 cm Belgisch Granit 27 unbekannt [Inschrift verwittert, nicht lesbar] 62/46 cm Zementguss Segmentkopf, gerissen und abgebrochen Belege
- ↑ a b c d H. und C. Bormann: Heimat an der Erft. Die Landjuden in den Synagogengemeinden Gymnich, Friesheim und Lechenich. Erftstadt 1993; S. 369. ISBN 3-9802650-3-X.
- ↑ a b c d e f g h Matthias Weber: Erftstadt-Gymnich. 1. Auflage 1984, J.P. Bachem Verlag Köln; S. 194-198. ISBN 3-7616-0757-1
- ↑ Nach eigener Begutachtung des Verfassers Achim Raschka am 19. Oktober 2009.
- ↑ Historisches Archiv des Erzbistums Köln (HAEK) Dekanat Bergheim Gymnich 2, zitiert nach: Karl und Hanna Stommel: Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt Bd. V, Erftstadt 1998; Nr. 2680.
- ↑ Historisches Archiv des Erzbistums Köln (HAEK) Bestand Priesterseminar, zitiert nach: Karl und Hanna Stommel: Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt Bd. V, Erftstadt 1998; Nr. 2960.
- ↑ Nach Gymnicher Ratsprotokolle Band III, S. 131f.; zitiert nach Weber 1984, S. 194.
- ↑ Nach Gymnicher Ratsprotokolle Band X, S. 72f.; zitiert nach Weber 1984, S. 195.
- ↑ Nach Gymnicher Ratsprotokolle Band IX, S. 10; zitiert nach Weber 1984, S. 195.
- ↑ Nach Gymnicher Ratsprotokolle Band X, S. 214; nach Weber 1984, S. 195.
- ↑ Nach Gymnicher Ratsprotokolle Band XI, S. 202; nach Weber 1984, S. 196.
- ↑ Nach Gymnicher Ratsprotokolle Band XI, S. 244; zitiert nach Weber 1984, S. 196.
- ↑ H. und C. Bormann: Heimat an der Erft. Die Landjuden in den Synagogengemeinden Gymnich, Friesheim und Lechenich. Erftstadt 1993; S. 371. ISBN 3-9802650-3-X.
- ↑ Material bestimmt durch Friedrich Lindenthal, Restaurator vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege; nach Weber 1984.
Literatur
- H. und C. Bormann: Heimat an der Erft. Die Landjuden in den Synagogengemeinden Gymnich, Friesheim und Lechenich. Erftstadt 1993; ISBN 3-9802650-3-X.
- Matthias Weber: Erftstadt-Gymnich. 1. Auflage 1984, J.P. Bachem Verlag Köln; S. 194-198. ISBN 3-7616-0757-1
Weblinks
Commons: Jüdischer Friedhof Gymnich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Jüdischer Friedhof Gymnich beim Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland
- Gymnich. In: Übersicht über alle Projekte zur Dokumentation jüdischer Grabinschriften auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Nordrhein-Westfalen - Nordrhein (Erste Fassung: Dezember 2002)
50.8407816.733145Koordinaten: 50° 50′ 27″ N, 6° 43′ 59″ OBedburg, Alter Friedhof | Bedburg, Neuer Friedhof | Bergheim | Brüggen | Brühl | Dirmerzheim | Elsdorf | Erp | Fliesteden | Frechen | Friesheim | Glesch | Glessen | Gymnich | Hürth | Kaster | Kerpen | Lechenich (alter) | Lechenich (neuer) | Liblar | Niederaußem | Niederembt | Paffendorf | Sindorf | Stommeln | Wesseling
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