Kurbelgehäuseentlüftung

Kurbelgehäuseentlüftung

Bei Verbrennungsmotoren treten im Kurbelgehäuse grundsätzlich Blow-By-Gase auf. Da das Kurbelgehäuse mit den Anbauteilen (Zylinderkopf, Ölwanne usw.) einen geschlossenen Raum bildet, würde ohne eine Entlüftung der Druck im Kurbelgehäuse stetig ansteigen. Dies hätte starke Ölleckagen über die Dichtungen zur Folge. Die Belastung auf die Bauteile im Kurbelgehäuse wäre erhöht und Schäden am Triebwerk würden auftreten. Um dies zu vermeiden, werden die Blow-By-Gase, welche Schadstoffe aus der Verbrennung und unverbrannte Kohlenwasserstoffe enthalten, aus dem Kurbelgehäuse abgeführt. Der ideale Kurbelraumdruck liegt im leicht negativen Bereich um die −2 mbar, da unter diesen Bedingungen der Motor nicht zum „Ausschwitzen“ von Öl neigt. Ist der Unterdruck deutlich größer (der Wert ist motorspezifisch und abhängig von der Auslegung der Dichtverbunde) besteht die Gefahr, dass über die Wellendichtringe bzw. Dichtungen am Kurbelgehäuse, mit Schmutzpartikeln versetzte Luft angesaugt wird. Dies kann zu erhöhtem Verschleiß an innenliegenden Bauteilen führen.

Für öffentliche Aufmerksamkeit hat die Kurbelgehäuseentlüftung gesorgt, als vor ein paar Jahren sich anhäufende PKW-Motorschäden infolge von Vereisungen in der Kurbelgehäuseentlüftung im Winter aufgetreten sind. Zur Vermeidung werden mittlerweile häufig Heizungen in den Leitungen eingesetzt.

Blow-By-Gase können unter ungünstigen Umständen (z. B. Lagerschäden, Verbrennungsaussetzer, Kolbenringbruch) entzündbar sein und zu einer Kurbelgehäuseexplosion führen. Beim Entlüften werden zwangsläufig auch Öltröpfchen, die durch drehende Bauteile erzeugt werden, aus dem Kurbelgehäuse mitgerissen. Der Ölgehalt im Blow-By hängt stark vom Mitteldruck, der Paarung Zylinder-Kolbenring-Laufbuchse und von der Entnahmestelle (Lage und Querschnitt) am Motor ab. Es gibt verschiedene Ausführungen der Kurbelgehäuseentlüftung:

Inhaltsverzeichnis

Geschlossene Kurbelgehäuseentlüftung

Ölnebelabscheider Typ UPF-CCV (oben links) an einem MWM Gasmotor mit geschlossener Kurbelgehäuseentlüftung

Bei der geschlossenen Kurbelgehäuseentlüftung werden die Blow-By-Gase über eine Entlüftungsleitung in den Ansaugtrakt des Motors eingeleitet. Durch den Unterdruck im Ansaugtrakt entsteht auch im Kurbelgehäuse in den meisten Betriebszuständen ein Unterdruck. Bei aufgeladenen Motoren erfolgt die Einleitung vor dem Turbolader. Die Gase aus dem Kurbelgehäuse werden dadurch mit angesaugt. In der Regel wird der Kurbelgehäusedruck durch ein Druckregelventil automatisch eingestellt. Bei Großmotoren im Stationärbetrieb teilweise aber auch manuell mittels Drosselklappe/Kugelhahn. Bei dieser Ausführung gibt es folgende Vor- bzw. Nachteile:

Vorteile Nachteile
Wirkungsgradsteigerung durch Rückführung unverbrannte Kohlenwasserstoffe Ohne bzw. mit unzureichendem Ölnebelabscheider: Verschmutzung des Ansaugtrakts (LMM, Drosselklappe, Ventile),besonders problematisch bei aufgeladenen Motoren mit Ladeluftkühlung, da hier durch Belagaufbau/Verschmutzung der Wirkungsgrad dieser Bauteile stark eingeschränkt wird => Leistungseinbußen
Umweltvorteile durch Verringerung des Gesamtemissionsaustoßes vom Motor Ohne bzw. mit unzureichendem Ölnebelabscheider: Vergiftung und Verstopfung der Abgasnachbehandlungssysteme (bei BHKW´s auch Verstopfung Abgaswärmetauscher) durch Öladditive und durch erhöhte Ölaschebildung
Bei Verwendung von Ölnebelabscheidern in der Regel kein Absauggebläse notwendig Mit unzureichendem Ölnebelabscheider: zu hoher Kurbelgehäusedruck
Sauberer Motorraum Ohne bzw. mit unzureichendem Ölnebelabscheider: Erhöhung der Klopfneigung, da Ölnebel die Klopffestigkeit erheblich verringern kann
Verringerung des Ölverbrauchs

Damit eine optimale Funktionalität und Langlebigkeit (Dauerhaltbarkeit) der Komponenten bei modernen und insbesondere bei aufgeladenen Motoren gewährleistet ist, sind die Anforderungen an die Ölnebelabscheidung sehr hoch. Bei PKW-Motoren werden häufig in die Zylinderkopfhaube integrierte Ölnebelabscheidesysteme nach dem Prall- und/oder Zyklonabscheidungsprinzip eingesetzt. Prallabscheider und Zyklonabscheider bieten relativ geringe Abscheideraten und verursachen häufig Probleme. Deshalb werden mittlerweile zum Teil auch Zentrifugalabscheider eingesetzt, welche elektrisch oder über Öldruck angetrieben werden. Ein Nachteil von Zentrifugalabscheidern besteht darin, dass sie Öltröpfchen kleiner als 1 µm so gut wie nicht abscheiden. Durch Downsizing und immer höhere Aufladung resultiert ein Anstieg des Mitteldrucks. Steigender Mitteldruck und die Erhöhung der Öltemperatur dienen der Wirkungsgradsteigerung und somit einer Verringerung des Kraftstoffverbrauchs. Diese führen aber auch zu einer Verkleinerung der Öltröpfchen und der Anteil der feinen Öltröpfchen steigt stark an. Bei entsprechender Auslegung bieten Filtersysteme auf Basis von Koaleszenzfiltern die besten Abscheideraten. Es können Ölpartikel bis 0,1 µm (dies ist auch die Nachweisgrenze für Ölpartikel) abgeschieden werden. Sie bieten außerdem den Vorteil, dass sie unabhängig von den Betriebszuständen des Motors optimal wirken. Bei stationär betriebenen Gasmotoren für BHKW-Anwendungen sind die Anforderungen an die Ölnebelabscheidung der Blow-By-Gase am höchsten. Die Standzeit beim Gasmotor beläuft sich auf deutlich über 40.000 Betriebsstunden (zum Vergleich: ein PKW-Motor ist auf eine Lebensdauer von etwa 5000 Betriebsstunden ausgelegt). Durch die Auslegung auf den maximalen Wirkungsgrad im Volllastpunkt, können schon kleinste Beläge auf dem Verdichterrad und -gehäuse des Turboladers zu deutlichen Einbußen führen. Der Motor erreicht dadurch nicht mehr die Volllast und der Gesamtwirkungsgrad des BHKWs wird erheblich verringert. Hocheffiziente Ölnebelabscheider auf Koaleszenzfilterbasis bei Motoren mit geschlossener Kurbelgehäuseentlüftung setzen unter anderem MWM und MTU Friedrichshafen, bei Ihren stationären Gasmotoren, ein. Hier werden Restölmengen von < 1,0 mg/m³ und Abscheidegrade über 99,9 % während der gesamten Standzeit der Filterelemente (bis etwa 8.000 h) erreicht.

Offene Kurbelgehäuseentlüftung

Ölnebelabscheider Typ UPF-OCV mit Gebläse und elektronischer Druckregelung für einen Rolls-Royce Gasmotor mit offener Kurbelgehäuseentlüftung

Wie der Name es schon andeutet werden hier die Blow-By-Gase vom Kurbelgehäuse in die Atmosphäre abgeleitet. Diese Ausführung ist vor allem in der Schifffahrt und in Ländern mit sehr niedrigen Umweltauflagen stark verbreitet. Da der Einsatz eines Ölnebelabscheiders hier nicht zwingend erforderlich ist, kann diese Ausführung am preiswertesten gestaltet werden. Probleme im Motorbetrieb tauchen, selbst ohne Ölnebelabscheider, in der Regel nicht auf. Der durch die fehlende Absaugung positive Kurbelgehäusedruck und die daraus resultierende Ölleckage werden dabei in Kauf genommen. Da die Ausführung der geschlossenen Kurbelgehäuseentlüftung - aufgrund von mangelhaften oder falsch ausgelegten Ölnebelabscheidern – häufig zu Problemen führt, kommt es nicht selten vor, dass ein Umbau auf offene Kurbelgehäuseentlüftung vorgenommen wird. In vielen Fällen ist dies gesetzeswidrig. Der allergrößte Nachteil der offenen Kurbelgehäuseentlüftung ist die Umweltverschmutzung. Ein weiterer Nachteil ist der erforderliche Einsatz eines geregelten Sauggebläses in Verbindung mit einem Ölnebelabscheider, da die Kosten für solch ein System recht hoch sind. Das Gebläse wird benötigt, um den prinzipbedingten Druckverlust eines Ölnebelabscheiders zu überwinden.

Umweltaspekte

Für PKW-Motoren wird aus Umweltschutzgründen schon seit langer Zeit gesetzlich eine geschlossene Kurbelgehäuseentlüftung gefordert. Auch die Hersteller von LKW-Motoren setzen ihren Fokus immer stärker auf Umweltschutz und somit auf geschlossene Kurbelgehäusesysteme. Bei anderen Anwendungen von Verbrennungsmotoren (z. B. Schifffahrt, Energieerzeugung, Off-Highway usw.) ist dies jedoch häufig nicht der Fall. Auch der Einsatz eines Ölnebelabscheiders, zur Reinigung der Blow-By-Gase bei offenen Ausführungen, ist noch nicht in allen Anwendungsbereichen gesetzlich geregelt. Daraus resultiert, dass mehrere tausend Tonnen Motoröl ungehindert in die Atmosphäre gelangen und zur Umweltverschmutzung und zu Gesundheitsschäden führen. Einen besonders hohen Anteil an diesem Ausstoß hat die Schifffahrt. Ein Kreuzfahrtschiff z. B. stößt etwa 700 Liter Öl pro Jahr über die Kurbelgehäuseentlüftung der Motoren für Antrieb und Stromerzeugung aus. Diese gelangen danach ungehindert ins Meer. Die geschlossene Kurbelgehäuseentlüftung ist unter Umweltaspekten die beste Lösung. Sämtliche Schadstoffe aus dem Kurbelgehäuse werden dem Verbrennungsprozess zugeführt und bei den Gesamtemissionen automatisch berücksichtigt. Bei hocheffizienter Ölnebelabscheidung (Restölmengen < 5,0 mg/m³) kann auch bei Motoren mit offener Kurbelgehäuseentlüftung der Ölausstoß um bis zu 99,9 % reduziert werden. Ein Beispiel hierfür sind die Gasmotoren von Rolls-Royce Marine, die zum Teil mit solchen Ölnebelabscheidern ausgeliefert werden.

Literatur

  • Durst, Michael / Klein, Gunnar M: Filtration in Fahrzeugen, Kapitel 17: Kurbelgehäuseentlüftung. 1. Auflage 2006, expert Verlag, ISBN 978-3-8169-2660-3
  • Richard van Basshuysen, Fred Schäfer (Hrsg.): Handbuch Verbrennungsmotor Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven; Kapitel 7.7: Kurbelgehäuseentlüftung. 3. Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2005, ISBN 3-528-23933-6

Weblinks


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