Gasmotor

Gasmotor
Verdichtungsloser, direkt wirkender Gas-Zweitaktmotor von Lenoir, 1861

Der Gasmotor, eine Untergruppe der Verbrennungsmotoren, ist eine in der Regel nach dem Otto-Prozess arbeitende Verbrennungskraftmaschine, die als Kraftstoff anstelle von flüssigen Kraftstoffen (Benzin, Diesel, Schwerölen usw.) Erd-, Flüssig-, Holz-, Bio-, Deponie-, Grubengase oder Wasserstoff verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

John Barber untersuchte als erster 1791 die Wirkungsweise eines Motors, der durch die Explosionskraft eines Gases betrieben wird. Er erhielt ein Patent auf eine Vorrichtung, bei der in einer Retorte mit äußerer Feuerung Holz, Kohle, Öl oder andere Brennstoffe vergast werden sollten, das Produkt in einem zweiten Gefäß mit Luft vermischt werden und beim Ausströmen entzündet werden sollte. Durch den austretenden Feuerstrahl sollte dann ein Schaufelrad betrieben werden.

In einem anderen Patent beschreibt Robert Street 1794 eine Kolbenmaschine, in deren Zylinder Teeröle oder Terpentine zunächst vergast und dann durch eine Flamme entzündet werden, die außerhalb des Zylinders brennt und zu geeigneter Zeit in Verbindung mit dem zu entzündenden Gas gesetzt werden kann.

Der Franzose Philippe Lebon (1767-1804) konstruierte eine Maschine, die mit Leuchtgas betrieben werden sollte. Luft und Gas wurde mittels zweier Pumpen getrennt in eine Vorlage gedrückt, in der sie sich vereinigen und entzünden. Die Verbrennungsprodukte sollten den Kolben eines doppeltwirkenden Zylinders treiben. Zur Zündung empfiehlt Lebon eine elektrische Maschine, die vom Gasmotor selbst betrieben werden sollte. Weitere Verbesserungen kamen von Samuel Brown 1823 und Lemuel W. Wright, einem US-Amerikaner aus New Hampshire (1833).

Wirklichen praktischen Wert erlangte der Gasmotor erst durch die Erfindung des gebürtigen Luxemburgers Étienne Lenoir, nach dessen vom 24. Januar 1860 datierten Patent der Pariser Industrielle Marinoni zunächst einige wenige derartige Maschinen produzierte. Als nach einer geschickt inszenierten Werbekampagne der Absatz dieser Maschinen rasch anstieg, gründete man eine Gesellschaft zum Bau der Gasmotoren, die Société Lenoir. Obwohl sich mit der Zeit herausstellte, dass die Unterhaltskosten der Lenoir-Motoren unverhältnismäßig hoch waren, blieb die Nachfrage dennoch auf hohem Niveau, insbesondere auch, weil sie äußerst geräuscharm laufen.

1867 zeigte Nikolaus Otto auf der zweiten Pariser Weltausstellung seinen neu konstruierten Gasmotor, den er Schritt um Schritt verbesserte und der Anfang des 20. Jahrhunderts die größte Verbreitung gefunden hatte.

Anwendungen

Kleine und mittelgroße Gasmotoren im Leistungsbereich von 20 bis 1500 kW werden heute überwiegend eingesetzt zur Strom- und Wärmeerzeugung in Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung wie zum Beispiel Blockheizkraftwerken und zur energetischen Nutzung von Schwachgasen, die bei der Vergärung von organischen Abfällen entstehen (Bio- und Deponiegasen).

Zunehmend weitere Verbreitung findet auch die relativ einfache Umrüstung „normaler“ PKW-Benzin-Motoren aus ökonomischen (momentan ca. 50 % der sonstigen Kraftstoffkosten) und ökologischen Motiven.

Funktionsweise

Der Gasmotor ist im Unterschied zur Gasturbine als Hubkolbenmotor oder Wankelmotor aufgebaut. Die Zündung des Kraftstoff-Luft-Gemisches erfolgt bei Anlagen auf Basis von Ottomotoren durch Fremdzündung mittels Zündkerze, bei Aggregaten auf Basis von Dieselmotoren durch Selbstzündung geringer eingespritzer Mengen Zündöls, im allgemeinen Dieselkraftstoff. Die Firma Wärtsilä arbeitet bei der Hochdruck-Gaseinspritzung mit einem Motor nach Dieselprinzip, also mit Selbstzündung des direkt mit hohem Druck in den Brennraum injizierten Brenngases. Die nach diesem Verfahren arbeitenden Motoren erzielen die höchsten Mitteldrücke aller Verbrennungskraftmaschinen. Die Firma MAN hat inzwischen das PGI-Verfahren erfolgreich getestet, bei der ein Zündstrahl eingesetzt wird. Dieser wird in einer Vorkammer mittels Hochdruckinjektor und Glühkörper erzeugt.[1]

Eine äußere Gemischbildung kann durch Gasmischeinheiten vor oder nach einem eventuellen Turbolader erfolgen, innere Gemischbildungen sind durch separate Gaseinlassventile oder Injektionsnadeln möglich.

Effizienz

Der Betrieb mit hochwertigen Brenngasen wie Methan (CH4), dem Hauptbestandteil von Erdgas, ist durch hohe mögliche Wirkungsgrade, saubere Verbrennung und gute CO2-Bilanz (Kohlenstoffdioxid – Hauptverursacher des anthropogenen Treibhauseffektes) gekennzeichnet. Stationär betriebene Anlagen zur Kraftwärmekopplung unterliegen der TA-Luft und damit erheblich strengeren Grenzwerten als Kraftfahrzeuge. Die Abgasreinigung erfolgt bei kleinen Motoren, die nach dem λ=1-Verfahren arbeiten, mittels Dreiwegekatalysatoren, mittelschnell laufende Anlagen im Magerverfahren (λ=1,4–2,5) benötigen Oxidations- oder NOx-Speicherkatalysatoren oder wahlweise auch Harnstoff- oder Ammoniak-Injektion zur NOx-Reduzierung.

Hersteller

Die wichtigsten Hersteller für Gasmotoren sind GE Jenbacher in Jenbach/Österreich, MWM in Mannheim/Deutschland und Caterpillar (USA).

Weitere Hersteller für Gasmotoren sind MAN, MTU Friedrichshafen, MTU Onsite Energy GmbH (ehemals MDE Dezentrale Energiesysteme), Ford, Perkins, Blohm + Voss Energie und Umwelttechnik, Maschinenbau Halberstadt GmbH, Rolls-Royce Marine, Wärtsilä, Iveco Aifo, Kubota, agrogen und andere.

Siehe auch

Lenoir-Motor im Musée du conservatoires des Arts et Metièrs in Paris

Literatur

  • Das grosse Buch der Technik. Verlag für Wissen und Bildung, Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH, Gütersloh, 1972.
  • Peter A. Wellers, Hermann Strobel, Erich Auch-Schwelk: Fachkunde Fahrzeugtechnik. 5. Auflage, Holland+Josenhans Verlag, Stuttgart, 1997, ISBN 3-7782-3520-6.

Einzelnachweise

  1. Siehe MAN-Forum, Ausgabe Winter 2006/2007 Seite 18–21.

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