- Libertés publiques
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Als Libertés publiques werden nach französischem Rechtsverständnis Rechte des Bürgers gegen den Staat bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Konzeption
Die mögliche Übersetzung mit Grundrechte darf nicht zu einer Gleichsetzung mit den deutschen Grundrechten verführen. Zwei Punkte sind für die französische Konzeption von Bedeutung:[1]
- Die Assoziation mit der Revolution von 1789 und
- das Fehlen einer in sich abgeschlossenen Regelung vergleichbar dem deutschen Grundgesetz und die daraus resultierende Zersplitterung der einzelnen Regelungen.
Historisch steht der Begriff also in engem Zusammenhang mit der durch die Aufklärung beeinflussten individualistischen und universalistischen Konzeption der Deklaration der Menschenrechte von 1789. Die Präambeln der Verfassungen von 1946 und 1958 geben ihnen durch Bezugnahme dieselbe Autorität wie der Verfassung selbst: Sie ist noch heute geltendes Recht. Im Gegensatz zu den spezifischen Verfahrensgarantien anderer Staaten (vgl. habeas corpus) hielt man in Frankreich die bloße Proklamation bereits für ausreichend, was ihnen den Vorwurf fehlender Durchsetzbarkeit einbrachte. Nach Ende des zweiten Weltkrieges rückten neben den klassischen individualistischen Abwehrrechten, der liberté-autonomie (Georges Burdeau), die – zu diesen teils unvereinbaren – positiven Teilhaberechte (liberté-participation) in den Vordergrund.
Rechtsschutz
Auch im Bereich des Rechtsschutzes sind zwei elementare Unterschiede zu Deutschland erkennbar:
- Unsicherheit über den Rechtscharakter: Mit dem Argument, die libertés publiques seien nur in der Präambel enthalten, die lediglich Absichtserklärung ohne rechtliche Verbindlichkeit sei, wurde in der Vergangenheit auch die rechtliche Verbindlichkeit der libertés publiques verneint. Die Rechtsprechung und herrschende Lehre hat diese Ansicht mittlerweile hinter sich gelassen. Dessen ungeachtet sind die Konsequenzen für den Einzelnen gering: Ihm steht zwar ein Recht zu, dass mangels eigener Verfassungsgerichtsbarkeit faktisch nicht durchsetzbar ist.
- Fehlen eines speziellen Verfahrens: Der conseil constitutionnel hat zwar alle Gesetze vor Verkündung auf Verfassungsmäßigkeit zu prüfen, eine konkrete Normenkontrolle oder Verfassungsbeschwerde nach deutschem Vorbild gibt es hingegen nicht.
Literatur
- Georges Burdeau: Les libertés publiques. 1972.
- Alain de Schlichting: Die Bedeutung der Rechtsprechung in der französischen Grundrechtskontrolle. Augsburg 1997.
Einzelnachweise
- ↑ Ulrich Hübner und Vlad Constantinesco: Einführung in das französische Recht. 4. Auflage. C.H. Beck, München 2001.
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