Limmatübergang der Franzosen 1799

Limmatübergang der Franzosen 1799

Am 25. September 1799 stand für einen Moment Dietikon im Zentrum des zweiten Koalitionskrieges. General André Masséna schaffte mit dem Limmatübergang die Voraussetzung für den Sieg der Franzosen über die Österreicher und Russen in der zweiten Schlacht von Zürich. Dieser Artikel beschreibt die Vorbereitungsarbeiten und den Limmatübergang bei Dietikon vom 25. September 1799.

Inhaltsverzeichnis

Die französischen Vorbereitungen

Die französischen Vorbereitungsarbeiten für den Limmatübergang dauerten etwa drei Wochen. Die Franzosen beabsichtigten in dieser Zeit eine Pontonbrücke, die aus 16 Boote bestand und in Rottenschwil über die Reuss führte, für den Übergang in Dietikon zu nutzen. Um die eigenen Vortruppen gleich zu Beginn des Kampfes über die Limmat zu bringen, wurden zusätzlich 37 Boote verschiedener Grössen organisiert. Die Boote hatten folgende Herkunft:

  • 12 kleinere Boote vom Zürichsee
  • 10 kleine hölzerne Pontons von den Zürcher Pontonieren
  • 15 Schiffe von anderen Schweizer Seen

Mit den 37 Booten war es möglich insgesamt 900 Mann auf einmal zu transportieren. Um die Vorbereitungsarbeiten möglichst lange geheim zu behalten, wurden die Hauptvorbereitungen in Brugg ausgeführt (Fahrzeuge und Pioniere sammeln, sowie der Flossbau). Eine Hauptschwierigkeit bestand darin, das Material auf dem Landweg nach Dietikon zu schaffen. Die 37 Boote konnten nicht von Brugg die Reuss aufwärts bis Bremgarten geführt werden und mussten auf dem Land transportiert werden. Die Pontonbrücke in Rottenschwil blieb noch an Ort und Stelle und wurde erst am Tag vor dem Übergang flussabwärts nach Bremgarten gebracht. Am gleichen Tag wurden auch die in Brugg versammelten 24 Fahrzeuge nach Dietikon gebracht. Der Transport der 53 Pontons und Boote von Bremgarten nach Dietikon war wegen des dazwischen liegenden Mutschellen und des schlechten Weges eine schwierige Aufgabe. Zudem fehlte den Franzosen die nötigen Wagen. Die Franzosen transportierten daher Material auf den Wagen in mehreren Transporten. Dies geschah ausserhalb der Sichtweite des Feindes. Innerhalb der Sichtweite wurde in der Nacht transportiert. In Dietikon mussten die meisten Boote erst wieder hergestellt werden, da sie auf der Fahrt beschädigt wurden. Am Abend des 23. Septembers wurde die Brücke von Rottenschwil, welche man um keinen Verdacht zu erregen so lange als möglich stehen lassen wollte, abgebrochen und innerhalb 24 Stunden über Bremgarten nach Dietikon gebracht. Gegen Abend des 24. Septembers waren bereits alle Vorbereitungen für den Übergang abgeschlossen. Die Boote versteckten die Franzosen in Dietikon im Guggenbühl etwa 700 m von Punkt entfernt, wo die Einschiffung und der spätere Brückenbau stattfinden sollte. Der Platz war so gewählt, dass die Sicht der russischen Posten auf die Boote durch Zäune und Niederholz versperrt war. Da die Landungsstelle von feindlicher Infanterie am gegenüberliegenden Ufer besetzt war, konnte das Heranbringen der Boote bis ans Ufer nicht durch Pferde geschehen. Das feindliche Feuer hätte unter den Tieren eine zu grosse Verwirrung verursacht. Brigadier Dedon schlug daher vor, dass die Boote und Gerätschaften durch Infanteristen zum Übergangpunktes getragen wurden und die Pontons so lange bei Dietikon bleiben sollten bis die Vorhut am rechten Limmatufer festen Fuss gefasst hat. Die Boote wurden nach ihrer Grösse in drei Abteilungen aufgeteilt:

  • auf der rechten Flanke die leichtesten Boote mit der ersten Abteilung der Vorhut
  • die zweite Abteilung auf der linken Flanke, welche das kleine Inselchen gegenüber Dietikon besetzen sollten
  • in der Mitte die schwersten Boote

Jedes Boot hatte eine bestimmte Nummer und eine genau berechnete Anzahl zugewiesener Pontoniere. Sie waren in Alarmbereitschaft mit dem Ruder in der Hand und warteten auf den Befehl die Boote ins Wasser hinabzulassen. Sämtliche Vorbereitungsarbeiten wurden unter Brigadier Dedon so sorgfältig ausgeführt, dass die russischen Posten nichts von den Absichten der Franzosen bemerkten, worin der Hauptanteil des späteren französischen Erfolges bestand. Im Einbruch der Dunkelheit begannen die Truppen unter dem Kommando von Divisionär Lorge sich beim Übergangspunkt (Mündung Schäflisbach) zu sammeln. Die französische Artillerie stellte sich links und rechts von Dietikon auf, um das rechte Flussufer mit einem Kreuzfeuer unter Beschuss nehmen zu können. Auf einer Anhöhe unterhalb von Oetwil an der Limmat war eine weitere Batterie von Geschützen grösseren Kalibers postiert. Sie hatte die Aufgabe, die Strasse auf der rechten Flussseite von Würenlos bis zum Kloster Fahr, die von russischen Abteilungen besetzt war, unter Beschuss zu nehmen. Zeitgleich wurde bei Turgi/Vogelsang ein französischer Scheinangriff inszeniert.

Wahl des Übergangpunktes bei Dietikon

Bei Dietikon bildet der Lauf der Limmat einen Halbkreis (Sehne etwa 1500 m), so dass die französischen Geschützbatterien, welche auf dem linken erhöhten Ufer aufgestellt waren, durch ein Kreuzfeuer das niedere gegenüberliegende Ufer völlig abdecken konnten. Die Breite der Limmat betrug damals etwa 72 m. Der Lauf des Wassers war an dieser Stelle weniger reissend als an anderen Stellen. Am rechten Ufer war dichtes Niederholz (Schanzen und Glanzenberg). Hinter dem Niederholz lag eine flache offene Wiese (Hard) und danach ein ansteigender Fichtenwald (Fahrweid, Niderholz und Chlosterwald).

Aufstellung der Russen

Der Übergangspunkt bei Dietikon war in den Instruktionen des russischen Generals Sacken als einer der bequemsten für den Feind bezeichnet worden, weshalb man auch dort eine aus einem Grenadierbataillon Treublut (in Holzzelg) mit 608 Mann und einem Ural-Kosakenregiments Misinow (in Rüti) mit 286 Mann und zwei Geschützen bestehende Abteilung aufgestellt hatte.

Russendenkmal in der Rüti bei Unterengstringen, 417m ü.M.

Diese Truppen standen jedoch auf den hinter dem Walde sich befindenden Höhen in einer Entfernung von einer guten Viertelstunde vom Übergangspunkt entfernt. Das Ufer selbst war nur mit einer gewöhnlichen Infanterie-Vorpostenkette besetzt. Der nächste benachbarte Posten befand sich rechts in dem fast eine Stunde entfernten Dorf Oetwil, wo sich unter dem Kommando von Major Baumgartner zwei Kompanien Musketiere (362 Mann) aus dem Regiment Markow befanden. Weiter östlich bei Würenlos stand General Markow selbst mit anderthalb Bataillone (1085 Mann) und zwei Geschützen. Er stand dadurch einige Tausend Schritte von dem entferntesten Punkte des Flusses. Bei Wipkingen, über zwei Stunden vom Kloster Fahr entfernt stand ein Dragonerregiment. Auf diese Weise hatten die französischen Vortruppen beim Beginn ihres Limmatübergangs keinen kräftigen Widerstand zu befürchten; die ganze Fläche vor dem Wald konnte durch das Kreuzfeuer zweier Batterien vollkommen gesäubert werden. Nur im Wald (Hard) selbst und auf den Abhängen (Werd) des sich an den Höhen hinziehenden Ufers bei Kloster Fahr hatten die Russen eine vorteilhafte Stellung.

Aufstellung der Franzosen

General Massenadenkmal in Dietikon, 386m ü.M.

General Masséna bestimmte die 5. Division von Lorges und die Hälfte der Division Ménard, zusammen 15'000 Mann, in der Gegend von Dietikon von Zürich über die Limmat zu gehen. Sie hatten die Aufgabe alle russischen Truppen, welche sich auf dem rechten Ufer der Limmat widersetzten zu schlagen und bis nach Zürich vorzudringen. Die Artillerie der Division Lorges war an den Ufern so aufgestellt, dass sie den vom Fluss umschlossenen Raum unter Feuer nehmen konnte. Die andere Hälfte der Division Ménard sollte in der Gegend von Brugg eine Brücke bauen. Die Divisionen Klein und Mortier, 18'000 Mann stark, sollten sich gegen die vor Zürich stehende Hauptmacht Korsakoffs entgegenstellen, um entweder einen Angriff zurückzuschlagen oder selbst anzugreifen. Aus diesen Anordnungen ist zu schliessen, dass die Franzosen vom Augenblick des Einschiffens ihrer Vorhut an gerechnet, nach etwa einer halben Stunde, auf den Angriff von 1500 Mann (drei Bataillone) rechnete.

Das Übersetzen der Franzosen am 25. September 1799

Eine dunkle neblige Nacht begünstigte das Unternehmen der Franzosen an diesem 25. September. Vor Tagesanbruch begannen die Pontoniere unter Beihilfe von 3000 Infanteristen die Boote zum Ufer zu schaffen. Um 04.45 Uhr wurden die kleineren Boote auf ein Zeichen ins Wasser gelassen, worauf die Spitze der französischen Vorhut unter dem Befehl Brigadegenerals Gazan über den Fluss zu setzen begann. Die russische Vorpostenkette, welche das rechte Ufer bewachte, eröffnete ein Kleingewehrfeuer; 26 französische Geschütze antworteten jedoch von den Batterien des entgegengesetzten Ufers und zwangen die russischen Vorposten, sich vom Fluss gegen den Wald zurückzuziehen. Von der ersten Einschiffung ging ein Drittel auf die unterhalb des Brückenpunktes liegende von den Russen besetzte Insel, die andern zwei Drittel, 600 Mann stark, schifften an das jenseitige Ufer über, welches sie nach drei Minuten erreichten. Die 600 Franzosen sprangen an Land, liessen die restlichen russischen Posten nicht zur Ruhe kommen und drängten sie bis an den Waldrand zurück. Erst hier wurden die Franzosen vom Feuer der beiden russischen Geschützen empfangen. Die russische Batterie hatte auf den ersten Lärm ihr Feuer nach der Überschiffungsgegend hingerichtet. Kein einziges der Boote wurde jedoch beschädigt und kein Soldat ertrank. Die erste Ausschiffung der Franzosen fand am Ufer selbst keinen Widerstand und rückte unter Trommelschlag vor, worauf das französische Feuer vom linken Ufer schwieg und man nur die Überschiffung der nachfolgenden Truppen beschleunigte. Als die ersten Boote die Limmat überquert hatten hielt man sich des Erfolgs sicher genug, um den Brückenbau zu beginnen. Der Pontontrain welcher bei Dietikon war, trabte schnell herbei und begann um 05.00 Uhr den Brückenbau. Das ganze Grenadierbataillon Treublut eilte nun seinen Vorposten zu Hilfe, worauf ein Infanteriegefecht begann. Unterdessen setzten die Franzosen ihre Überfahrt auf Booten fort; ihre Zahl wuchs auf dem rechten Ufer des Flusses schnell an. Während dieses anfangs erfolglosen Gefechts schifften die Franzosen immer neue Truppen über. Da sie zu jedem Transport mit Ein- und Ausschiffen etwa 10 Minuten brauchten, hatten sie nach einer Stunde 6000 Mann über der Limmat. Der schwache Posten, welcher den Wald verteidigte, war bald nicht mehr im Stande sich zu halten, als General Markow selbst von Würenlos aus zum Kampfplatz kam. Nach ihm trafen auch einige Kompanien von Oetwil und eben Würenlos ein. Die Russen schlugen sich wie Verzweifelte. Die Franzosen waren jedoch an Stärke zu sehr überlegen. Die republikanischen Truppen drangen in den Wald ein, umzingelten die schwache russische Abteilung auf beiden Flanken und machten den grössten Teil nieder. General Markoff, gleich beim Beginne des Kampfes schwer verwundet, fiel dem Feinde in die Hände; Major Baumgarten traf mit einigen Offizieren das gleiche Los; wenigen nur gelang es, sich der Vernichtung zu entziehen. Um 08.00 Uhr war die Brücke fertig. Zu dieser Zeit waren durch die Überschiffung bereits 8'000 Mann auf dem rechten Ufer. Nun folgten die anderen 7'000 Mann und gegen 09.00 Uhr befand sich das ganze Korps in Schlachtordnung beim Kloster Fahr auf dem rechten Ufer.

Kloster Fahr bei Unterengstringen, 393m ü.M.

General Masséna, welcher bei diesem Übergang selber anwesend war, übertrug die Führung dieses Korps seinem Chef des Generalstabes General Charles Nicolas Oudinot und eilte nach Altstetten und dem Sihlfeld. Während auf diese Weise zwischen 05.00 und 09.00 Uhr 15'000 Mann bei Dietikon übergingen und das Korps von Markow vernichteten, hatte General Ménard mit der andern Brigade seiner Division ober- und unterhalb des Einflusses der Limmat in die Aare (Stilli und Vogelsang) Ablenkungsmanöver durchgeführt. General Durassow wurde dadurch so verwirrt, dass dieser mit seiner Hauptmacht nach Freudenau marschierte. Es gelang General Ménard somit einen kleinen Teil seiner Truppen über die Limmat zu setzen und das rechte Ufers zu sichern. Dadurch war Generalleutnant Durassow nicht nur verhindert dem Generalmajor Markow, von dem er zwei bis drei Stunden entfernt war, zu Hilfe zu kommen, sondern war auch mit seinen 6000 Mann für den ganzen 25. September neutralisiert. Der Erfolg des Unternehmens übertraf sogar die Erwartungen von Masséna. Die Linie der russischen Posten war durchbrochen, der ganze rechte russische Flügel von der Hauptmacht Korsakows abgeschnitten. Den Franzosen stand der Weg in den Rücken der Russen vollkommen offen. Um den Vorteil seiner Stellung zu benutzen und die Truppen Durasows völlig abzuschneiden, liess Masséna die Brigade Bontemps gegen Dällikon und Regensdorf vorgehen; zur Deckung deren linker Flanke detachierte er zwei Bataillone der Brigade Quetard nach Würenlos, während der andere Teil dieser Brigade zur Deckung der Brücke zurückblieb; sämtliche übrigen Truppen Lorges' drangen längs des rechten Ufers der Limmat gegen Zürich vor. Masséna überliess dem Chef seines Stabes, Oudinot, die weiteren Massnahmen auf dem rechten Ufer der Limmat und begab sich zur 4. Division von Edouard Adolphe Mortier, welche damals bereits in einen hitzigen Kampf vorwärts Zürich verwickelt war.

Literatur

  • Oberst Miliutin: Geschichte des Krieges Russlands mit Frankreich unter der Regierung Pauls I. im Jahre 1799, Band IV, München 1857
  • Die Feldzüge von 1799 in Italien und der Schweiz, Hinterlassenes Werk des Generals Carl von Clausewitz, Bd. 5 – 6, bei Ferdinand Dümmler, Berlin 1833–1834, (Hrsg. von Marie von Clausewitz).

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