Tiergarten Tübingen

Tiergarten Tübingen
Eugen Mannheim mit zwei Zwergzebus (um 1908)
Überreste des Tübinger Tiergartens (2010)

Der Tiergarten Tübingen war ein von 1907 bis 1919 bestehender Zoo in Tübingen. Er wurde zeitgenössisch meist nach seinem Besitzer Mannheims Tiergarten, später Mannheims Tierpark, genannt.[1]

Geschichte

Der in Tübingen aufgewachsene Eugen Mannheim (1879–1974) hatte zu Anfang des 20. Jahrhunderts in der Schlossbergstraße 10 in Tübingen einen kleinen privaten Zoo aufgebaut. 1906 kaufte er ein 23 Morgen (rund 7,2 Hektar) großes aus Wald und Wiesen bestehendes Anwesen bei der kurz zuvor abgebrannten Ödenburg[2] am Spitzberg oberhalb des Neckartals flussaufwärts von Tübingen, wo er ein Wirtschaftsgebäude, zwei Scheunen, Häuser mit mehreren Abteilungen für Raubkatzen, Bären und Rinder, Gehege für Vögel und andere Tiere und Teiche für Fischotter und Seehunde baute. Das Gebäude der Ödenburg wurde Gastronomiebetrieb. Einen Teil des Tierbestandes und der Ausstattung übernahm er aus Nills Zoologischem Garten in Stuttgart, der von 1871 bis 1906[3] bestand. Am 19. Mai 1907 eröffnete er den „Tiergarten Tübingen“.

Ein Tierinventar ist nicht überliefert, aber laut Zeitungsberichten der Tübinger Chronik waren im Zoo insgesamt neun Löwen (von denen zwei im Zoo geboren wurden) und zwölf Eisbären und Braunbären untergebracht, weiterhin ein Königstiger, ein Leopard, zwei Pumas, drei Ozelots, Wölfe, Mohrenäffchen, Javaner- und Rhesusaffen, Robben, Gänsegeier, Hirsche, Dachse, Wildschweine, Kakadus, Sittiche und ein Mississippi-Alligator,[4] der wie einige andere Reptilien aufgrund seines Wärmebedarfs im Restaurant-Gebäude untergebracht war. Seehunde waren aufgrund ihres Fischbedarfs nur temporär im Zoo.

Die Eintrittspreise betrugen für Erwachsene 20 Pfennig, ermäßigt die Hälfte. Im Gebäude der Ödenburg veranstaltete Mannheim Musikveranstaltungen verschiedener Art. Am 22. Juni 1907 besuchte König Wilhelm II. den Zoo und ließ anschließend eine Spende von 20 Mark überweisen. 1910 besuchten über 2000 Schüler aus den Oberämtern Tübingen, Reutlingen und Rottenburg den Zoo. Für seinen Futterbedarf schlachtete der Zoo wöchentlich in eigener Regie drei Pferde. Unterstützung von der Stadt erhielt der Zoo in Form eines Steuernachlasses.

1914 wurde Mannheim drei Tage nach Beginn des Ersten Weltkriegs zum Militär eingezogen, was zum Niedergang des Zoos führte, der 1919 aufgelöst wurde. Mannheim betrieb anschließend einen Bauernhof, den letzten innerstädtischen Bauernhof Tübingens.[5]

Ein Teil der Käfige und Raubtiergänge ist bis heute im Wald erhalten.

Literatur

  • Günter Schmid: Mannheims Tiergarten an der Ödenburg. In: Landesstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Baden-Württemberg (Hrsg.): Der Spitzberg bei Tübingen. Die Natur- und Landschaftsschutzgebiete Baden-Württembergs. Bd. 3, Ludwigsburg 1966, S. 17–27.

Einzelnachweise

  1. Zwischen Tiger und Kaninchenfell: 1904 gründete sich der Kleintierzüchterverein
  2. Die Tübinger Ödenburg wird laut Ernst Mögel vermutlich in Hölderlins Gedicht Die Burg beschrieben: Hölderlins "Burg Tübingen" - ein Gedicht über die Ödenburg.
  3. Nills Zoologischer Garten 1906, Stuttgarter Zeitung online, abgerufen 26. Juni 2009
  4. Die Eisbären von der Ödenburg, Reutlinger General-Anzeiger, 30. Dezember 2008, abgerufen 16. Dezember 2009
  5. Das waren noch Zeiten, Schwäbisches Tagblatt, 7. März 2007, abgerufen 26. Juni 2009
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