Marija Nikolajewna Wolkonskaja

Marija Nikolajewna Wolkonskaja
Marija Nikolajewna Wolkonskaja

Marija Nikolajewna Wolkonskaja (russisch Мария Николаевна Волконская, wiss. Transliteration Marija Nikolajevna Volkonskaja; * 25. Dezember 1805jul./ 6. Januar 1806greg.; † 1863) folgte ihrem Gatten Sergei Grigorjewitsch Wolkonski freiwillig in die Verbannung nach Sibirien und gilt als Begründerin des dortigen Sozialsystems.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Fürstin Marija Nikolajewna entstammte der Familie des Generals Rajewski, der sich im Krieg gegen Napoleon I. ausgezeichnet hatte. Sie war auch eine Urenkelin des großen Gelehrten Michail Wassiljewitsch Lomonossow [1]. Mit achtzehn Jahren wurde sie von ihrem Vater mit dem siebzehn Jahre älteren General Fürst Sergej Grigorjewitsch Wolkonski verheiratet.

1812, nach dem Ende des Krieges gegen Napoleon, bildeten sich unter den heimkehrenden Offizieren in Kischinjow und Sankt Petersburg geheime Gesellschaften, deren Ziel ein politischer Umsturz, die Beseitigung der Leibeigenschaft und bürgerliche Freiheit war. Dieses Ereignis vom 14./26. Dezember 1825 ging als Dekabristenaufstand in die Geschichte ein. Fünf Dekabristen wurden am 13. Juli 1826 hingerichtet, die anderen zur Zwangsarbeit nach Sibirien geschickt.

Von der Existenz einer geheimen Gesellschaft erfuhr sie, so wie andere Frauen, erst dann, als die Mehrheit der Verschwörer bereits verhaftet war. Ohne zu zögern stellte sie sich an die Seite ihres Mannes und seiner Verbündeten. Sobald seine Verurteilung feststand, beschloss sie, trotz des Widerstandes seitens der Regierung und ihrer Familie, ihrem Mann nach Sibirien zu folgen. Ihrem Beispiel folgten viele andere Frauen. Gleich nach der Hinrichtung der fünf Dekabristen äußerte Zar Nikolaus I., dass er diese Frauen mehr als alles andere fürchte. Marija Wolkonskaja suchte in einem Brief an den Zaren um Erlaubnis an, ihrem Mann in die Verbannung folgen zu dürfen, was ihr gestattet wurde, allerdings musste sie ihren kleinen Sohn bei der Schwester ihres Mannes zurücklassen.

Vor ihrer Abreise sah sie noch ein letztes Mal den russischen Dichter Alexander Sergejewitsch Puschkin. Seine Hochachtung über ihren Entschluss spiegelt sich in seinem Gedicht Botschaft nach Sibirien. Im Dezember 1826 brach die Fürstin auf und erreichte nach 23 Reisetagen Irkutsk, die Hauptstadt Ostsibiriens. Um zu ihrem Mann weiter reisen zu können, wurde ihr vom dortigen Gubernator ein Dokument zur Unterschrift vorgelegt, mit dessen Unterzeichnung sie Titel und Stellung verlor, das sie zur Frau eines Zwangsarbeiters degradierte und ihre zukünftigen Kinder zu Leibeigenen machte. Sie verlor das Recht, Geld und Wertsachen zu besitzen. Ihre Begleitung musste nach St. Petersburg zurückkehren.

Neunundzwanzig Jahre lebte sie in der Nähe ihres Mannes in Nertschinsk, Tschita, Urik und ab 1837 in Irkutsk. In ihrer Nähe lebte auch die ehemalige Fürstin Trubezkaja, Gattin des Fürsten Sergei Petrowitsch Trubetzkoi, mit der sie befreundet war. Ab 1847 verbesserte sich die Lage. Von den vier Kindern, die in Sibirien geboren wurden, überlebten ein Sohn und eine Tochter, deren Erziehung ihr Lebensinhalt wurde. Als Frau eines Verbannten durfte sie sich nicht an öffentlichen Orten zeigen und so entwickelte sich ihr Haus zu einem Zentrum des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens von Irkutsk, wo sie auch ein Waisenhaus gründete.

1855 starb Nikolaus I. Sein Sohn Zar Alexander II. folgte ihm auf den Thron. Die folgende Amnestie ermöglichte der Familie die Rückkehr in die Heimat. Von den 121 Dekabristen waren 50 am Leben geblieben. Die einen starben in der Gefangenschaft, oft auch in Einzelhaft, andere wurden bei Fluchtversuchen erschossen, wieder andere kamen in den kriegerischen Auseinandersetzungen im Kaukasus ums Leben.

1863 starb Marija Wolkonskaja an einem Herzleiden, das sie sich in Sibirien zugezogen hatte.

Nachwirken

Die beiden Wohnhäuser der Familie Wolkonski und Trubezkoi in Irkutsk sind heute als Dekabristenmuseen zu besichtigen.

In den Poemen Fürstin Trubetzkaja (1871/1872) und Fürstin M. N. Wolkonskaja (1872/1873), die der Dichter Nikolaj Alexejewitsch Nekrasow (russisch Николай Алексеевич Некрасов) unter dem Titel Russische Frauen zusammengefasst hat, schildert er unmittelbar die Epoche der Dekabristenbewegung. Für das erste Poem verwertete er als authentische Quelle vor allem die Schrift Aus den Memoiren eines Dekabristen von A. J. Rosen, für das zweite die in französischer Sprache verfassten Tagebücher der Fürstin Wolkonskaja.

In Leo Tolstois Roman „Krieg und Frieden“ heißen zwei bedeutende Familien „Bolkonski“ und „Drubetzkoj“. Da der Roman mit der Vorbereitung des Dekabristenaufstandes endet, sind diese Namen wohl nicht zufällig gewählt, auch wenn die historische Marija Nikolajewna Wolkonskaja nicht im Roman vorkommt.

Werke

Literatur

  • W. Düwel, E. Dieckmann, G. Dudek, H. Graßhoff, H. Raab, M. Wegner, G. Ziegengeist (Hrsg.): Geschichte der klassischen russischen Literatur. Aufbau, Berlin und Weimar 1973
  • Jurij A. Kalugin: Fürstin Wolkonskaja. Historischer Roman. Verlag der Nation, Berlin 1964
  • Christine Sutherland: Die Prinzessin von Sibirien. Maria Wolkonskaja und ihre Zeit. Fischer, Frankfurt a. M. 2000, ISBN 3-596-25672-0
  • Светлана Кокорышкина, Мартина Каммерер: Мария Волконская. Жена декабриста. Ernst Klett, Stuttgart 1996, ISBN 3-12-515373-5
  • Я. А. Шевченко: Усадьба князя Сергея Григорьевича Волконского. Комитет по культуре администрации Иркутской области. Иркутский областной историко-мемориальный музей декабристов. (Ohne Jahresangabe).
  • Волконская Мария Николаевна. Большой Энциклопедический Словарь. www.erudition.ru/Биографии/Поиск

Einzelnachweise

  1. Gudrun Ziegler: Das Gold der Zaren, Kapitel Drei - Goldrausch, Die Gescheiterte Dezemberrevolution, Seite 229, Zeile 29/30. Heyne, ISBN 3-453-17988-9

Weblinks


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