Maurits Dekker

Maurits Dekker

Maurits Dekker, vollständig Maurits Rudolph Joël Dekker (* 16. Juli 1896 in Amsterdam; † 7. Oktober 1962 ebenda), war ein niederländischer Schriftsteller jüdischer Herkunft, der vor allem sozialkritische Romane und Dramen schrieb. Auch im Ausland erfolgreich war sein Stück Die Welt hat keinen Wartesaal von 1949, das die atomare Bedrohung zum Hintergrund hat. Während der deutschen Besatzung war Dekker im antifaschistischen Widerstand aktiv.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Dekker wächst im Amsterdamer jüdisch-proletarischen Milieu auf. Nach der Volksschule hält sich der Sohn eines Verkäufers und Anstreichers und einer Krankenschwester mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Das Reich der Literatur entdeckt er in einer gewerkschaftlichen Bibliothek. Im November 1921 wird er wegen des Verdachts auf Mittäterschaft an einem Raubmord ins Gefängnis gesteckt, kommt jedoch im darauf folgenden März mangels Beweisen wieder frei.[1][2] Diese Hafterfahrung geht sogleich in Dekkers Romanerstling Doodenstadt ein, der vorab in der Zeitung Het Volk erscheint. Das Hauptthema seiner frühen Werke ist „Schuld und Sühne“. Trotz melodramatischer Züge und allzu aufdringlicher Sozialagitation[2] zeigen sie sicherlich Dekkers Begabung, bekommen jedoch keine oder ungünstige Kritiken. Autodidakt Dekker hält die Rezensenten für voreingenommen. 1929 gibt er deshalb seinen Roman Waarom ik niet krankzinnig ben (Warum ich nicht verrückt bin) als russische Übersetzung aus, Verfasser Boris Robazki. Dieses Werk erntet einiges Lob, obwohl oder weil es nach Dostojewski riecht. Daraufhin enthüllt Dekker den Coup – und setzt seine Laufbahn unter erheblich größerer Beachtung fort.

Verunglimpfung eines Staatsoberhauptes

Den kontrastreichen Reportage- und Montagestil der Neuen Sachlichkeit aufgreifend, findet Dekker allmählich zu eigenen stilistischen und formalen Lösungen. Allerdings leidet er unablässig an Geldnot. Er schreibt für die Zeitschriften De Vrije Bladen (Das Umsonstblatt) und De Stem (Die Stimme) und trägt 1932/33 gemeinsam mit Jacques Gans, Jef Last, Nico Rost, Frans Goedhart die Gruppe um die neue Zeitschrift Links Richten (links blinken).[3] Allerdings muss er sich bald eingestehen, für kollektive Projekte, auch Parteien, zu eigenbrötlerisch zu sein. Der Kommunistischen Partei ist er ohnehin zu „kleinbürgerlich“, sprich anarchistisch.[4] 1937 bringt er ein Pamphlet gegen Hitler heraus, das er im Jahr darauf mit einer Geldstrafe von 100 Gulden zu büßen hat, weil er ein ausländisches Staatsoberhaupt verunglimpft habe.[5] Er hat Glück: der Betrag wird von dem US-Bürger Hendrik Willem van Loon beglichen. Dekker reist prompt in die USA, verzichtet jedoch auf ein Exil, weil er Frau und Kinder nicht im Stich lassen will. Er ist seit 1923 mit Maria Engelina Hellingman verheiratet und hat zwei Töchter. Kurz vor dem deutschen Einmarsch vollendet er Pius, ein Buch über die „menschliche Verzweiflung“, das Lammers zu den überzeugendsten Werken Dekkers zählt.[2]

Warmes Rosinenbrot

Als bedrohter Jude und Agitator hält es Dekker in der Besatzungszeit zunächst für angebracht unterzutauchen. Seine Bücher sind verboten. Später arbeitet er in einer Fabrik. Mit Unterstützung durch seine Frau verhilft er Juden zu Nahrungsmittelkarten, Ausweispapieren oder Verstecken. Diese harte Zeit schlägt sich im Roman De laars op de nek (Das umgedrehte Boot) von 1945 nieder, der laut Dekkers brieflicher Mitteilung an einen amerikanischen Freund trotz der zertrümmerten Lage im Lande „wie warmes Rosinenbrot“ weggeht.[2] Weiteren Auftrieb gibt ihm der große Erfolg seines (mehrfach übersetzten) Stückes De wereld heeft geen wachtkamer (Die Welt hat keinen Wartesaal), das im Oktober 1949 in Amsterdam uraufgeführt wird. Es handelt von der Kluft zwischen unseren technischen und moralischen Fähigkeiten am Beispiel der atomaren Gefahr. Einen besonders einflussreichen Bewunderer und Förderer hat Dekker in Victor Vriesland. Dekker hat jetzt erstmals nennenswerte Einnahmen als Schriftsteller, doch bald erkrankt seine Frau schwer und entsprechend kostspielig. Sie stirbt 1954. Im Folgejahr verheiratet sich Dekker mit Hendrika Christina van Assen. Ihn selbst plagen zunehmend rheumatische Schmerzen, die auch sein Schreiben erschweren. Dekker stirbt 1962. Mit 23 Prosabänden und acht Dramen hinterlässt der 66jährige ein recht umfangreiches Werk, das allerdings beträchtliche Qualitätsunterschiede zeigt.[2]

Auszeichnungen

  • 1949 prijs van de Stichting Kunstenaarsverzet
  • 1955 Marianne-Philips-Preis
  • 1956 Sonderpreis der Jan-Campert-Stiftung fürs Gesamtwerk
  • 1956 Prosapreis der Stadt Amsterdam für Op zwart stramien

Werke

  • Doodenstadt, Roman, 1923 (Gefängnisleben)
  • Homo Cantat, „Lyrisches Prosagedicht“ (A. Lammers), 1924
  • C. R. 133, Roman, 1926
  • Zijn Wereld, Roman, 1928
  • Waarom ik niet krankzinnig ben, Roman, 1929, unter Pseudonym Boris Robazki
  • De aarde splijt, Roman, 1930
  • Amsterdam, Roman, 1931
  • De man die een ander was, Roman, 1931
  • Brood (Brot), Roman, 1932
  • Reflex, Roman, 1932
  • Roodboek, 1933
  • De laatste minuut, Drama, 1933
  • Aan beide kanten van de drempel, Roman, 1934
  • De menschen meenen het goed met de menschen, Roman, 1934
  • Oranje, Roman-Trilogie, 1935-38 (historisch)
  • Willem van Oranje, Drama, 1937
  • Inc. Pius beveelt, Roman, 1939
  • Mordje de Jood, Roman, 1939
  • De laars op de nek, Roman, 1945 (Besatzungszeit)
  • Jozef duikt, Roman, 1946, deutsch Josef taucht unter, München 1948
  • Afscheid, 1946
  • Vonnis voltrokken, Drama, 1946
  • De knopenman, Erzählungen, 1947, deutsch Der Knopfmann Bremen 1957
  • Panopticum, Drama, 1947
  • Het merkteken, 1948
  • Amsterdam bij gaslicht, Roman, 1949
  • De wereld heeft geen wachtkamer, Drama, UA 1949, deutsch Die Welt hat keinen Wartesaal, übersetzt von P. Walter Jacob, Leipzig 1953
  • De tooverdoos, 1950
  • De andere wet, Drama, 1952
  • X.O.X., Drama, 1952
  • De afgrond is vlak voor uw voeken, Roman, 1952 (Der Abgrund liegt vor deinen Füßen, antibolschewistisch)
  • Voor wie zich zingt, Drama, 1953
  • Op zwart stramien, Erzählungen, 1956
  • Het andere, 1957
  • Poes! Poes!, deutsch Pussi! Pussi! Ein Buch für echte Katzenfreunde, Zürich 1961

Dekker verfasste außerdem einige Hörspiele

Literatur

  • David de Jong: Maurits Dekker, zijn persoon en zijn werk, Leiden 1946
  • C. J. E. Dinaux: Maurits Dekker, in:Gegist bestek, dl 2, 1958, Seite 158-162
  • N. A. Donkersloot: Maurits Rudolf Joël Dekker, in: Jaarboek van de Maatschappij der Nederlandse Letterkunde te Leiden 1962-1963, 1963, Seite 94-98
  • W. J. Simons in Hakken en spaanders, Amsterdam 1970, Seite 103-105
  • J. Spierdijk: Maurits Dekkers wereld had geen wachtkamer, in: Andermans roem, 1979, Seite 49-56
  • A. Lammers: Biografisch Woordenboek van Nederland 3, Den Haag 1989[6]
  • H. Franke: De verloren eer van Maurits Dekker, in: Het Oog in 't Zeil. 8/1991, 4, Seite 1-15
  • P. Arnoldussen: Het Amsterdam van Maurits Dekker, in: Ons Amsterdam, 46/1994, 1, Seite 19-23
  • J. M. J. Sicking: Kritisch Lexicon van de Nederlandstalige Literatuur na 1945, 1994

Weitere Angaben in der Niederländischen Nationalbibliothek[7]

Einzelnachweise

  1. dbnl, abgerufen am 28. Mai 2011
  2. a b c d e A. Lammers 1989, abgerufen am 28. Mai 2011
  3. Wikipedia nl, abgerufen am 28. Mai 2011
  4. libcom, abgerufen am 28. Mai 2011
  5. Abbildung, abgerufen am 28. Mai 2011
  6. Hier online, abgerufen am 28. Mai 2011
  7. dbnl, abgerufen am 28. Mai 2011

Weblinks


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