Mikromort

Mikromort

Ein Mikromort ist eine Maßeinheit für Risiko und bezeichnet eine Wahrscheinlichkeit von 0,000001 (eins zu einer Million), zu sterben. Die Risikobehaftetheit von Tätigkeiten oder Umständen kann in Mikromort angegeben werden. Eine Mikrowahrscheinlichkeit (microprobability) ist eine Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt; ein Mikromort ist entsprechend die Mikrowahrscheinlichkeit des Todes. Der Mikromort wurde 1980 durch den Entscheidungstheoretiker Ronald A. Howard vorgeschlagen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Entscheidungsanalytische Anwendung

Risikoeinschätzung

Eine Anwendung von Mikromorts ist die Messung von durch Personen getroffenen Risikoeinschätzungen. So lässt sich beispielsweise die finanzielle Summe betrachten, für die eine befragte Person bereit ist, mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu einer Million zu sterben (oder auch die Summe die jemand zu zahlen bereit ist, um eine solche Wahrscheinlichkeit zu vermeiden). Auf solche direkten Nachfragen hin werden hohe Summen genannt, doch aus Alltagsentscheidungen (z.B. dem Preis den Menschen für zusätzliche Sicherheit ihres Autos zu zahlen bereit sind) lassen sich Werte um etwa $50 ableiten (im Jahr 2009).[2][3]

Baseline

Das durchschnittliche Risiko, an einem bestimmten Tag zu sterben, lässt sich aus der durchschnittlichen Lebensspanne ableiten. Beträgt sie beispielsweise 80 Jahre, so kommt auf diese etwa 29,200 Tage ein Tod. Daraus folgen etwa 34 Mikromort pro Tag. Das ist nur ein Bevölkerungsquerschnitt: die Anzahl Mikromort pro Tag variiert für Bevölkerungsgruppen unterschiedlichen Alters, Geschlechts oder Lebensstils. Alternativ lässt sich die Anzahl Personen, die pro Tag sterben (im Vereinigten Königreich etwa 2500) durch die Gesamtbevölkerung (60 Millionen) teilen. Hier werden ebenfalls alle Todesarten berücksichtigt. Durch Ausschluss natürlicher Todesfälle lässt sich das Risiko vorzeitigen Todes messen, das (im Vereinigten Königreich, bei etwa 50 nicht-natürlichen Todesfällen pro Tag) bei etwa einem Mikromort liegt [4].

Risikofaktoren

Folgende Risikofaktoren entsprechen etwa einem Mikromort, weil sie mit einer gewissen messbaren Wahrscheinlichkeit die nachstehend genannten Todesursachen auslösen :[5] [6]

  • 1,4 Zigaretten rauchen (Krebs, Herzerkrankungen)
  • 0,5 Liter Wein trinken (Leberzirrhose)
  • eine Stunde in einem Kohlebergwerk verbringen (Staublunge)
  • drei Stunden in einem Kohlebergwerk verbringen (Unfall)
  • zwei Tage in New York oder Boston leben (Luftverschmutzung)
  • zwei Monate in Denver leben (Krebs durch kosmische Strahlung)
  • zwei Monate mit einem Raucher zusammen leben (Krebs, Herzerkrankungen)
  • 150 Jahre lang innerhalb von 32 km um ein Atomkraftwerk leben (Krebs durch Strahlung)
  • ein Jahr lang das Trinkwasser von Miami trinken (Krebs durch Chloroform)
  • 100 über Kohle gebratene Steaks essen (Krebs durch Benzopyren)
  • 40 Esslöffel Erdnussbutter essen (Leberkrebs durch Aflatoxin B)
  • 6 Minuten Kanu fahren (Unfall)
  • 10 km mit dem Motorrad fahren (Unfall)[7]
  • 370 km mit dem Auto fahren (Unfall)[7]
  • 9656 km mit dem Zug fahren (Unfall)[7]
  • 1609 km mit dem Flugzeug fliegen (Unfall)
  • 9656 km mit dem Flugzeug fliegen (Krebs durch kosmische Strahlung)
  • sich einer modernen Röntgenuntersuchung unterziehen (Krebs durch Strahlung)
  • eine Tablette MDMA (Ecstasy) konsumieren[7]

Ein Tauchgang mit Atemgerät entspricht etwa fünf Micromorts, ein Fallschirmsprung (in den USA) etwa 17.[7][8]

Referenzen

  1. R. A. Howard: J. Richard, C. Schwing, Walter A. Albers (Hrsg.): Societal Risk Assessment: How Safe Is Safe Enough? General Motors Research Laboratories. New York: Plenum Press 1980, ISBN 0306405547
  2. R. A. Howard: Microrisks for Medical Decision Analysis. In: International Journal of Technology Assessment in Health Care. 5, Nr. 3, 1989, S. 357–370. doi:10.1017/S026646230000742X. PMID 10295520.
  3. Stuart Russel: Artificial Intelligence, 3rd, Prentice Hall 2009, ISBN 0136042597
  4. ONS Mortality statistics [1], UK Office of National Statistics 2009, ISSN 1757–1375, abgerufen am 8. Dezember 2010
  5. http://stanford-online.stanford.edu/sdrmda61w/session10b/slides/sld031.htm
  6. http://tobaccodocuments.org/lor/03732381-2387.html
  7. a b c d e David Spiegelhalter: 230 miles in a car equates to one micromort: The agony and Ecstasy of risk-taking, The Times. 10 February 2009. Abgerufen am 19 April 2009. 
  8. http://www.skydivingmagazine.com/faq.htm

Literatur


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