- Milchhof Nürnberg
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Der 1930 in Nürnberg errichtete Milchhof war ein architekturgeschichtlich bedeutendes Zeugnis des Industriebaus. Alle Gebäude wurden vom Architekten Otto Ernst Schweizer geplant. Die weiträumige Anlage bestand aus der 108 Meter langen dreigeschossigen Betriebshalle mit dem charakteristischen Betonschalenfaltdach, der Maschinenhalle, dem Verwaltungsgebäude und dem 76 m hohen Schornstein aus Eisenbeton (Kaminturm), mit der auf Drittelhöhe ringförmig umlaufenden Kühlwasseranlage.
Alle Bauteile waren als Betonskelettbauten konstruiert, die Betriebsgebäude waren mit großformatigen gelben Fliesen verkleidet, das Verwaltungsgebäude mit Naturstein. Zur Bauzeit galt die Anlage als beispielhaft und wegweisend für den modernen Fabrikbau. Das Betonschalenfaltdach aus 18 trapezförmigen querliegenden Schalen war die erste in der Praxis angewandte großflächige Konstruktion dieser Art und seinerzeit technisches Neuland.
Die Milchversorgung (später Bayerische Milchunion) nutzte die Anlage bis in die 1990er Jahre, dann wurde die Produktion nach Zapfendorf bei Bamberg verlegt. 1995 wurde der Betrieb endgültig stillgelegt und geräumt. Unterlassener Bauunterhalt führte zum raschen Verfall. Planungen zur Weiternutzung der Gebäude konnten nicht verwirklicht werden. Obwohl der Milchhof unter Denkmalschutz stand, verwahrloste das Gelände in den folgenden Jahren und wurde von Feuerwehr und Polizei als Übungsgelände genutzt. Trotz erheblicher öffentlicher Proteste wurde die immer noch denkmalgeschützte Anlage 2008 bis auf das Verwaltungsgebäude vollständig abgerissen.[1] Das bis heute leere, ca. 45.000 m² große Areal zwischen der Kressengartenstraße und der Bahnlinie soll neu bebaut werden.
Allein das Verwaltungsgebäude blieb erhalten und wurde bereits 2003 mustergültig restauriert. Der symmetrische viergeschossige Bau umschließt eine große, über drei Geschosse reichende Innenhalle. Der streng geometrische Umriss, die stark betonten Horizontallinien (vorkragende Gesimse auf Höhe der Decken) und die durch Naturstein verkleidete Pfeilervorlagen verleihen dem Bau bei aller Modernität eine fast 'klassizistische' Anmutung. Die Fassadengliederung nimmt nach Ansicht von Sembach / Koch / Tschoeke Elemente von Karl Friedrich Schinkels Berliner Bauakademie auf. Heute sind dort u.a. Ausstellungsräume des Kunstvereins Nürnberg untergebracht.
Literatur
- Immo Boyken, Kurt Grimm: Otto Ernst Schweizer. Milchhof Nürnberg. Edition Axel Menges, Stuttgart 2006, ISBN 3-932565-59-2.
- Klaus-Jürgen Sembach, Christian Koch, Tschoeke: Architektur in Nürnberg 1904–1994. 2. Auflage, Tümmels, Nürnberg 1994, ISBN 3-921590-21-3.
- Justus Bier: Otto Ernst Schweizer. (= Neue Werkkunst.) F. E. Hübsch, Berlin, Leipzig, Wien 1929.
Weblinks
- Joachim C. Thiel: Der Milchhof. Trauriges Ende eines Denkmals. auf www.thiel-architekten.de
- Artikel über Augustinerhof und Milchhof (PDF-Datei; 345 kB)
Einzelnachweise
- ↑ Der Milchhof auf www.nuernberginfos.de, abgerufen am 23. August 2010
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