Navajo Volcanic Field

Navajo Volcanic Field
Karte des Navajo Volcanic Field

Das Navajo Volcanic Field, in der Navajo-Sprache tsézhiin ‘íí ‘áhí («schwarze herausragende Felsen»), ist ein rund 30.000 Quadratkilometer großes Vulkanfeld[1] im als Four Corners bezeichneten Grenzgebiet der vier US-Bundesstaaten Utah, Colorado, Arizona und New Mexico. Es liegt auf dem Colorado Plateau auf 1800 Meter Höhe und entstand im Oligozän und im Unteren Miozän vor zirka 28 bis 19 Millionen Jahren. Die vulkanischen Erscheinungsformen bestehen aus mehr als 80 Diatremen und Tuffschloten, sowie kleineren Intrusionen, Gängen, Lagergängen, Lavaströmen, Maaren und Necks magmatischen Ursprungs, die teilweise erst durch die Erosion des umgebenden, relativ weichen Sandsteins freigelegt wurden.

Die geologische Bedeutung des Navajo Volcanic Fields liegt in der Tatsache, dass die vulkanischen Erscheinungen die Erdkruste relativ kurz nach dem Ende der laramischen Gebirgsbildung durchdrangen. Sie ermöglichen somit einen Einblick in den Erdmantel unter dem Colorado-Plateau, einer geologisch relativ ruhigen Region.[2] In den Magmaströmen wurden nämlich zahlreiche Gesteine aus dem Erdmantel mitgerissen und sie sind heute in den freiliegenden Gesteinen eingebettet. Diese Fremdkörper werden als Xenolithe bezeichnet und bestehen häufig aus Spinell- und seltener Granat-Peridotiten sowie Eklogiten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geographischer Überblick

Der Shiprock, das wohl bekannteste Beispiel eines vulkanischen Necks aus dem Navajo Volcanic Field

Das Navajo Volcanic Field hat eine grob bogenförmige Struktur von Nordwesten nach Süden von rund 300 km Länge und etwa 100 km Breite, mit einem abgesetzten Bereich im Nordosten nahe dem Mesa-Verde-Hochland. Die Nordwestgrenze des Vulkanfeldes bildet der Ostrand des Monument Upwarp, sein Nordteil reicht in das Paradox-Becken, nahe dem Zentrum erheben sich die Carrizo Mountains und sein Südteil umfasst den Defiance Uplift und die Chuska Mountains. Im Osten liegen Teile des Feldes schon im San-Juan-Becken.

Untergrund und Umfeld des Navajo Volcanic Field sind vorwiegend Sandsteine aus dem Mesozoikum mit einem Alter von 251 bis 65 Millionen Jahren (mya) wie beispielsweise die Chinle-Formation, im Gebiet der Chuska Mountains aber auch jüngere Gesteine aus dem Paläogen mit einem Alter von 65 bis 28 mya wie der Chuska Sandstone.

Die an der Oberfläche sichtbaren Vulkanerscheinungen konzentrieren sich um die als Monoklinalen bezeichneten Geländestufen, die im Rahmen der laramischen Gebirgsbildung vor etwa 80 bis 40 Millionen Jahren entstanden sind. Auch bei den abseits der Monoklinalen eingedrungenen Necks wurde der Magmenaufstieg durch die damals entstandenen Bruchzonen im tieferen Untergrund erleichtert.[3]

Vulkanismus

Neck des Agathla Peak, auch El Capitan genannt

Die Vulkane des Navajo Volcanic Field sind überwiegend Maar-Diatrem-Vulkane. Sie wurden durch so genannte phreatomagmatische Eruptionen erzeugt, als in Gängen empordringendes Magma auf Grundwasser traf. Dadurch wurden Dampfexplosionen ausgelöst, die eine besonders hohe Eruptionsenergie zur Folge haben.[4] Unter mehrfachen Ausbrüchen bricht der als Diatrem bezeichnete Schlot an die Oberfläche durch und ein flacher Maarkrater wird herausgesprengt, der von einem Tuffring aus pyroklastischem Material umgeben wird. Mit allmählicher Erschöpfung des Grundwasservorrats wandern die Explosionsherde weiter in die Tiefe und zurück bleibt ein trichterförmiger Schlot, gefüllt mit Brekzien aus verfestigtem Magmen- und Nebengesteinstrümmern.[5] Nach Beendigung der explosiven Tätigkeit kann Magma in den Schlotbrekzien aufsteigen und als Lavastrom den Maarkrater auffüllen. Gelegentlich laufen Lavaströme auch über und verlassen den Krater. In der Schlussphase kommt es dann oft zu einem Nachstürzen des oberen Schlotbereichs.

Ausnahmen sind acht aus serpentinisierten ultramafischen Mikrobrekzien (Akronym: SUM) bestehende Schlote, von denen sieben in unmittelbarer Nähe zu den Monoklinalen liegen. Die Entstehung dieser Mikrobrekzien erklärt sich dadurch, dass gasreiches Magma unter relativ niedrigen Temperaturen schon beim Aufstieg auf wasserhaltiges Gestein traf, das Magma hierdurch sehr rasch in feinen Bruchstücken abkühlte; größere Explosionen blieben hier aus.[6]

Aufgrund seiner Hochland-Lage ist die Erosion im Colorado-Plateau besonders kräftig. Viele Vulkanzentren des Navajo Volcanic Field wurden freigelegt und ragen seitdem über das heutige Geländeniveau hinaus. Paradebeispiel hierfür ist der Shiprock – ein Neck aus Tuffbrekzie, der in etwa den mittleren Abschnitt eines Diatrems darstellt. An seinem Gipfel sind gerade noch Nachsturzeffekte zu erkennen, wie sie für den oberen Abschnitt eines Diatrems typisch sind. Ein weiteres bekanntes Beispiel ist der Agathla Peak.

Gesteinszusammensetzung

Die typischen Vulkangesteine im Navajo Volcanic Field sind überwiegend Minetten. Die am Ende der Eruptionen entstandenen Lavaströme bestehen meist aus Trachybasalten. Diese bestehen aus dem selben Material wie die Minetten, haben aber eine anderer Struktur, weil sie an der Oberfläche und damit unter Atmosenphärendruck aushärten; während Minetten im Schlot unterhalb der Oberfläche und unter Druck aushärten. Neben den Minettenschloten sind acht mit so genannten serpentinisierten ultramafischen Mikrobrekzien gefüllte Schlote vorhanden. Sie wurden zunächst als Kimberlite angesprochen,[6] bis die neue, beschreibende Bezeichnung etabliert wurde.[7]

Es treten im Navajo-Volcanic-Field neben den Minetten vereinzelt auch sehr seltene Gesteinsarten auf, beispielsweise natriumhaltige Lamprophyre (Monchiquite), Olivinmelilithit und Katungit.[5]

Die Minetten sind Lamprophyre, die wegen ihres hohen Magnesium- und Eisengehaltes als mafisch eingestuft werden. Sie bestehen zu ungefähr 50 Gewichtsprozent aus SiO2 in Verbindung mit einem sehr hohen K2O-Gehalt von durchschnittlich 6 %. Nur wenige Minetten weisen höhere SiO2-Gehalte von bis zu 60 % SiO2 auf und werden damit als felsisch eingestuft.[7] Die höheren SiO2-Anteile lassen sich durch fraktionierte Kristallisation in späteren Aufstiegsphasen erklären. Die Temperatur des Minetten-Magmas bei der Eruption wird auf 1000 ± 75 °C oder nach einer anderen Schmelzprobe auf zwischen 1000 und 1200 °C geschätzt.[5]

Die Gesteine des Navajo-Vulkanfelds zeigen, dass der Erdmantel unter dem Colorado Plateau starke Ähnlichkeiten mit ozeanischer Erdkruste hat. Es fand dort also mutmaßlich im Präkambrium eine Subduktion einer untermeerischen tektonischen Platte unter eine kontinentale Platte statt,[1] was zur Erklärung der laramischen Gebirgsbildung durch Subduktion der Farallon-Platte passt. Allerdings sind die Gesteine in ihrer chemischen Zusammensetzung nicht vollständig mit im Erdmantel vorherrschenden Gestein Peridotit identisch, sondern es fehlen Fraktionen des Peridotits, wodurch der Kalium-, sowie der Eisen- und Magnesiumanteil relativ zunehmen.

Für die Entstehung des Magmas und die Erklärung seiner Petrologie werden verschiedene Ansätze diskutiert.[8] Im Einzelnen wird vorgeschlagen, dass der Mantel-Peridotit schon vorher durch eine Kalium-Metasomatose gegangen war, bevor er partiell aufschmolz und entlang Verwerfungen in der Erdkruste aufstieg; möglich ist auch, dass die im Chemismus des Vulkanfelds fehlenden Bestandteile schon in einem früheren partiellen Aufschmelzen abgetrennt worden waren. Alternativ wird angenommen, dass die hohen Eisen- und Magnesium-Anteile nicht aus dem eigentlichen Mantelgestein selbst stammen, sondern sich erdgeschichtlich wesentlich früher durch Schmelzvorgänge ansammelten und intrusiv in das Mantelgestein gelangten, welches später zum Magma aufschmelzen sollte. Letztlich kommt auch eine nicht näher beschriebene fraktionierte Kristallisation eines bereits vorhandenen ultramafischen Magmas in Betracht.

Daraus ergibt sich, dass die acht SUM-Diatreme ihre Entstehung einem Magma mit besonders hohem Gasanteil verdanken, die wenigen felsischen Minetten stammen aus dem obersten Teil der Aufschmelzung, die Mehrzahl der mafischen Minetten aus tieferen Schichten.[7] Die Analyse der Gesteinsverteilung innerhalb der Diatreme lässt annehmen, dass die Mohorovičić-Diskontinuität unter dem Colorado-Plateau bei etwa 43 km Tiefe liegt.[9]

Geschichte und Ethnogeologie

Im Umfeld des Navajo Volcanic Fields liegen eine große Zahl spektakulärer Siedlungsspuren des prähistorischen Südwestens, insbesondere der Anasazi-Kulturen und ihren Pueblos. Mit Chaco Culture National Historical Park, Canyon de Chelly National Monument, dem Mesa-Verde-Nationalpark, Navajo National Monument, Aztec Ruins National Monument, Canyons of the Ancients National Monument, Hovenweep National Monument und Yucca House National Monument erreicht die Region die größte Dichte an Nationalparks und Gedenkstätten in den Vereinigten Staaten.

Heute siedeln in der Region die Navajo, die sich selbst als Diné bezeichnen. Nahezu das gesamte Navajo Volcanic Field liegt in der Navajo Nation, ihrem selbstverwalteten Gebiet. Sie haben eine große Zahl an Mythen und Legenden, die sie mit den vulkanischen Felsformationen in Verbindung bringen. Dabei ist ihr Weltbild von einem allumfassenden Dualismus geprägt. Die Erde und alle Erscheinungsformen der belebten und unbelebten Natur verdanken ihre Entstehung in der Vorstellung der Navajo dem Zusammenwirken von Nohosdzáán (Erde) and Yadihil (Himmel). Die einzelnen Prozesse werden in schöpfende, weibliche, und zerstörende, männliche Faktoren unterschieden. In einer an die traditionelle als tsé na’alkaah (Gesteinslehre) bezeichneten Ethno-Geologie der Diné angelegten Erklärung können die vulkanischen Formationen des Navajo Volcanic Fields als durch das gewaltsame (männliche) Zusammenwirken von Magma aus der Erde mit vom Himmel stammendem Wasser beschrieben werden. Die Gesteine in den Schloten wurden dann durch Interaktion der (weiblichen, aus der Erde stammenden) Hebung des Colorado Plateaus mit der (männlichen, vom Himmel kommenden) Erosion freigelegt. Diese Einordnung der wissenschaftlichen Geologie wird an Schulen und Hochschulen der Diné verwendet, um den naturwissenschaftlichen Unterricht in die Kultur der Diné zu integrieren.[5]

Literatur

  • Steven Semken: Black Rocks Protuding up: The Navajo Volcanic Field. In: New Mexico Geological Society Guidebook, 54th Field Conference, Geology of the Zuni Plateau, 2003, Seiten 133-138 (online: Fieldguide zum Navajo Volcanic Field PDF-Datei; 1,14 MB)

Einzelnachweise

  1. a b c Michael F. Roden, Douglas Smith, V. Rama Murthy: Chemical constraints on lithosphere composition and evolution beneath the Colorado Plateau. In: Journal of Geophysical Research, Volume 95, No. B3, Jahrgang 1990, Seiten 2811-2831
  2. Douglas Smith, William L. Griffin, et al.: Trace-element zonation in garnets from The Thumb: heating and melt infiltration beneath the Colorado Plateau. In: Contributions to Mineralogy and Petrology. 107, 1991, S. 60-79.
  3. Paul T. Delaney: Ship Rock, New Mexico – the vent of a violent volcanic eruption. In: S. S. Beus (Hrsg.): Geological Society of America Centennial Field Guide, Rocky Mountain Section, Band 2, Boulder, Co., 1987, Seiten 411-415
  4. Wohletz, K. & Heiken, G.: Volcanology and geothermal energy. University of California Press, Berkeley 1992, S. 432.
  5. a b c d Steven Semken: Black Rocks Protuding up: The Navajo Volcanic Field
  6. a b Douglas Smith, Susan Levy: Petrology of the Green Knobs diatreme and implications for the upper mantle below the Colorado Plateau. In: Earth and Planetary Science Letters, Volume 29 (1976), Seiten 107–125
  7. a b c Michael F. Roden: Origin of coexisting minette and ultramafic breccia, Navajo volcanic field. In: Contributions to Mineralogy and Petrology. 77, 1981, S. 195-206.
  8. Alle Erklärungen nach Steven Semken: Black Rocks Protuding up: The Navajo Volcanic Field mit weiteren Nachweisen
  9. Thomas R. McGetchin, Leon T. Silver: A crustal-upper mantle model for the Colorado Plateau based on observations of crystalline rock fragments in the Moses Rock dike. In: Journal of Geophysical Research. 77, 1972, S. 7022-7037.
36.690446-108.83812

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