- O-Team
-
O-Team ist ein in Berlin, Hamburg, Stuttgart und München operierendes Theaterkollektiv, das 2005 in Berlin gegründet wurde. O-Team arbeitet in interdisziplinären Konstellationen mit darstellenden und bildenden Künstlern, Musikern, Grafikern und Architekten. Wesentliche Säule des ästhetischen Vorgehens sind ortsbezogene (site-specific) und prozessbetonte Arbeit. Oftmals schließt O-Team vorgefundene brach liegende Orte mit utopischen Stoffen und Aspekten großer literarischer Werke kurz. Über Literaturinszenierungen und Performances hinaus produziert O-Team auch Kurzfilme, Lesungen und Installationen. Die Bezeichnung „O-Team“ stellt eine Kurzform des früheren Namens der Gruppe „Team Odradek“ dar: „Odradek“ bezeichnet ein sich seiner Umgebung flexibel anpassendes Fabelwesen.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
O-Teams künstlerische Arbeit lässt sich am besten als ein Abgleich zwischen literarischen Utopien und recherchierten Wirklichkeiten beschreiben. Bisherige Produktionen spielten u.a. in der ehemaligen Wageninstandssetzungshalle und heutigen Künstlerkolonie der Stuttgart Wagenhallen („HermannSchlachten07“, 2007), in einem vormaligen Verwaltungsgebäude der Münchner Firma infineon („Treffpunkt Golgatha“, 2008), in den verlassenen Redaktionsräumen der Süddeutschen Zeitung („Blaupause“, 2009) oder auf der historischen Hofmeierei des Darmstädter Großherzogs, dem heutigen biodynamischen Hofgut Oberfeld („Kirschgärten“, 2009). Stets thematisierte die Arbeit die architektonischen, wirtschaftlichen und sozialen Umnutzungs- und Umwälzungsprozesse, die sie an den brach liegenden Orten vorfand: Die Inszenierungen beschäftigten sich mit den Lebensentwürfen, den persönlichen und gesellschaftlichen Utopien der dort noch oder nicht mehr lebenden Bewohner. In diesem Sinne wurden die Künstler der Gruppe wiederholt als „Zwischennutzer“ oder „Zwischennutzungsexperten“ bezeichnet. Tatsächlich bespielen sie die vorgefundenen Gebäude in der Regel nicht nur, sondern nutzen diese auch temporär um und wohnen darin. Ihre Vorgehensweise nimmt dabei starken Bezug zu den Metaphern der temporären Architektur (Recycling/Wiederverwertung brach liegenden Ressourcen, „Situationspotential“ etc.) und beschäftigt sich vielfach mit städteplanerischen Zusammenhängen und urbanistischer Theorie. Die Arbeitsweise von O-Team lässt sich auch als interdisziplinär beschreiben: Über den traditionellen Theaterhorizont der Arbeit zwischen Regisseur, Dramaturg, Bühnen- und Kostümbildner, Schauspieler etc. hinaus arbeitete die Gruppe wiederholt mit bildenden Künstlern und Architekten. Einige der Projekte entstanden dementsprechend in einem längeren und zu Beginn ergebnisoffenen Prozess des Austauschs zwischen den verschiedenen Fachexpertisen. Die Gruppe bezeichnet sich aus diesem Grunde auf ihrer Web-Site u.a. auch als „Forschungskomission“, die zunächst vor Ort recherchiert, dann im Rahmen von Residences und Work-Shops Theorien und Ideen austauscht, bevor sie in den praktischen künstlerischen Produktionsprozess übergeht.
Name
Unter dem Namen „O-Team“ trat die Gruppe erstmals im Rahmen des Projekts „Blaupause“ in Erscheinung. In den ehemaligen Redaktionsräumlichkeiten der Süddeutschen Zeitung gründete die Gruppe eine fiktive Start-Up-Agentur, die sich als Synonym für den alten Namen der Gruppe „Team Odradek“ in „O-Team" umtaufte. „Team Odradek“ soll zum einen den Anspruch auf eine gruppenorientierte flache Hierarchie innerhalb des Kollektivs anzeigen („Team“). Zum anderen verweist der Begriff „Odradek“ auf ein mystisches Fabelwesen, das Franz Kafka in seiner Kurzgeschichte „Die Sorge des Hausvaters“ beschreibt. „Odradek“ ist demnach ein sich seiner Umgebung anpassendes, in einem ständigen Bewegungsprozess begriffenes, kaum fassbares hybrides Wesen.
Inszenierungen
- Solaris Die Adaption des Romans von Stanislav Lem spielte in komplettem Dunkel. Brotfabrik und Club der Polnischen Versager Berlin, Wagenhallen Stuttgart 2005
- HermannSchlachten07 Mit dem Theaterklassiker „Hermannsschlacht“ bespiegelte O-Team die Situation der Künstler der Stuttgarter Wagenhallen. Das Investorenprojekt „Stuttgart 21“ wurde gedanklich mit den Römern, die Idee eines freien Germanentums mit den Künstlern gleichgesetzt. Wagenhallen Stuttgart 2007
- Treffpunkt Golgatha Anhand der Romantriologie „Molloy-Malone stirbt-Der Namenlose“ von Samuel Beckett thematisierte O-Team den Identitätsverlust in einem anonym anmutenden, leer stehenden Bürogebäude. Neue Balan München 2008
- Blaupause Mit der Gründung einer temporären Theater-Event-Agentur spielte das Kollektiv im Sinne eines Selbstexperiments mit dem Gedanken, einen goldenen Zwischenweg zwischen Wirtschaft und Kultur zu finden. Ehemaliges Redaktionsgebäude der Süddeutschen Zeitung München 2009
- KirschGärten Auf einem ehemaligen Adelshof leben und arbeiten heute Bauern und Behinderte. Auf mehreren Etagen eines ehemaligen Kuhstalls stellte O-Team die Lebensmodelle der Bewohner des Hofgut Oberfeld denen der Figuren aus Anton Pawlowitsch Tschechow „Der Kirschgarten“ gegenüber. Darmstadt 2009
Veröffentlichungen
- Katalog und Musik-CD „HermannSchlachten07“ 2007
- DVD „Blaupause“ 2009
- Katalog und DVD „KirschGärten“ 2010
Mitglieder
Ständige Mitglieder sind: Antonia Beermann, Folkert Dücker, Marc Eberhardt, Luitgard Hagl, Sebastian Harreus, Samuel Hof, Julia Huber, Sonja Isemer, Dietrich Kuhlbrodt, Markus Niessner, Nina Malotta, Jelena Nagorni, Roman Scheffner, Julia Wallner, Jonas Zipf. Außerdem arbeitete und arbeitet O-Team mit folgenden Künstlern zusammen: Aron Kitzig, Julius Bornmann, Sven Hussock, Paul Frick, Arash Safaian, Dorna Safaian, Gregor Siber, Vishni-Projekt, Ole Aselmann, Fabian Hesse, Patrick Timm, Sonja Nagel, Jan Theissen u.a.
Quellen
- Lehmann, Hans-Thies: Das neue Theater.Urbaner Raum, potentieller raum. -In: Theaterwissenschaftliche Beiträge 2000. Beilage Theater der Zeit 10/2000
- Bittner, Regina: „Die Stadt als Event“, S. 15-24 In dies.(Hrsg.): Die Stadt als Event. Zur Konstruktion urbaner Erlebnisräume. Campus, 2001
- Friebe, Holm; Lobo, Sascha: „Die digitale Boheme“, Heyne, 2006
- Debord, Guy: Die Gesellschaft des Spektakels, Bittermann, 1996
- raumlabor Berlin: acting in public, Jovis, 2008
- taz-Rezension zu "Solaris"
- Kurzkritik zu "Solaris" im Tagesspiegel
- taz-Artikel zu "HermannsSchlachten07"
- Bericht auf Deutschlandradio zu "HermannsSchlachten07"
- Rezension zu "Blaupause" auf www.nachtkritik.de
- Weiterführende Informationen zu "Blaupause"
- Artikel zu "Blaupause" in der Süddeutschen Zeitung
- Ankündigung zu "Blaupause"-Info-Abend
- Artikel über "KirschGärten" und Dietrich Kuhlbrodt im Darmstädter Echo
- Brigitte Zypries über "KirschGärten"
- Ankündigung zu "KirschGärten" im Programm des Staatstheaters Darmstadt
- Rahmenprogramm zu "KirschGärten" in Darmstadt
- Informationen über "KirschGärten" auf www.egotrip.de
- Pressemitteilung zu "KirschGärten"
Weblinks
Kategorie:- Theaterensemble
Wikimedia Foundation.