Petr Cibulka

Petr Cibulka

Petr Cibulka (* 27. Oktober 1950 in Brünn) ist ehemaliger tschechischer Dissident und Unterzeichner der Charta 77. Nach 1989 wurde er als politischer Aktivist mit einer antikommunistischen Ausrichtung bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Besuch des Gymnasiums und der Baufachschule in Brno wollte Cibulka an der technologischen Hochschule studieren, das Studium hat er jedoch unterbrochen. Cibulka war tätig in der nicht parteikonformen Vereinigung Jazzová sekce (deutsch: Jazzsektion), die in der Zeit der sog. Normalisierung nach dem Zerschlagen des Prager Frühlings in den 70er und 80er Jahren für eine unabhängige Kulturpolik eintrat. Sie wurde als antisozialistisch gebrandmarkt und einige ihrer Aktivisten zum Gefängnis verurteilt.[1] Außerdem war Cibulka einer der Unterzeichner der Dissidentenbewegung Charta 77.[2]

Wegen dieser Aktivitäten geriet Cibulka in Konflikt mit dem Regime und wurde mehrmals zu zum Teil hohen Haftstrafen verurteilt; die letzte Haftstrafe wurde aufgehoben nach der samtenen Revolution 1989, insgesamt verbrachte er 5 Jahre in Haft.

Aktivität nach 1989

Nach 1989 war Cibulka unter anderem Herausgeber der Onlinezeitung Necenzurované noviny (Unzensierte Zeitung). Aufsehen erregte Cibulka jedoch insbesondere durch zwei Vorgänge.

Im Jahre 1992 veröffentlichte Cibulka bis dahin geheim gehaltene Verzeichnisse der Mitarbeiter der tschechoslowakischen Geheimpolizei StB, die seitdem als Cibulkovy seznamy (Cibulkas Listen) bezeichnet werden. Diese zuerst in Printmedien, dann auch online verfügbar gemachten Listen[3] gerieten in scharfe Kritik, unter anderem auch seitens des damaligen Präsidenten und seines engen Freundes Václav Havel. Es wurde gemutmaßt bzw. es hat sich herausgestellt, dass sie manipuliert wurden, Namen erhielten, die mit der Geheimpolizei nachweislich nichts zu tun hatten oder umgekehrt, dass einige Namen zuvor gelöscht wurden. Im Jahre 2000 wurde die Online-Veröffentlichung unterbunden[4], 2006 wurde Cibulka zu einer Bewährungsstrafe wegen Verunglimpfung (nach einem allerdings ebenfalls umstrittenen Prozess) verurteilt[5].

Im Jahre 2000 gründete Cibulka eine Partei, die unter dem verkürzten Namen Pravý blok (Rechter Block) bekannt wurde. Der vollständige Name, der eine verkürzte Fassung des Parteiprogramms enthielt und in großen Teilen aus Großbuchstaben und Fettschrift bestand, ist gut eine halbe Monitorseite lang. Die Hauptziele, die in einer verbal sehr aggressiver Sprache formuliert werden, sind u.a. die Beseitigung der regierenden "Spitzelkratie" der Kommunisten in der Tschechischen Republik, die eine verdeckte Totalität und Versklavung betreibt, und die Verwirklichung der direkter Demokratie.[6]

Durch diese Aktivitäten, die zunehmend konservativer wurden, geriet Cibulka auch in Konflikte mit seinen ehemaligen Mitstreitern. Seine Beschimpfung des Präsidenten Havel als Schwein, sein "irrationaler Antikommunismus" und Behauptung, Tschechien wird von "kriminellen Elementen und Mördern regiert" sind nur Beispiele für Cibulkas spätere Standpunkte.[5]

Einzelnachweise

  1. Mitteilung des Komitees VONS Nr. 555: Uvěznění funkcionářů Jazzové sekce (Verhaftung der Funktionäre der Jazzsektion) vom 6. September 1986, in: Informace o Chartě 77 10/1986, online: www.vons.cz, tschechisch, abgerufen am 1. Juli 2010
  2. Životopis Petra Cibulky ([Selbst-]Lebenslauf von Petr Cibulka), online: www.cibulka.net, tschechisch, abgerufen am 1. Juli 2010
  3. STB On-Line, online auf www.cibulka.com, häufig nur über Google-Cash abrufbar unter webcache.googleusercontent.com, beide tschechisch, abgerufen am 11. Juli 2010
  4. Jaké jsou příčiny nuceného přerušení provozu online-databáze StB na českém serveru? (Was sind die Gründe für die erzwungene Unterbrechung des Zugangs der StB-Online-Datenbank auf dem tschechischen Server?), online: planta.aquariana.cz, tschechisch, abgerufen am 1. Juli 2010
  5. a b Jan Čulík, Kriminalizovat výroky v demokratickém státě nelze, in: Britské listy 14. April 2006, online: www.blisty.cz, tschechisch, abgerufen 1. Juli 2010
  6. Vgl. The constituent declaration of the caretaker civic government of the Czech republic, eine englischsprachige Umschreibung des Programms, online: www.cibulka.net, abgerufen am 1. Juli 2010

Weblinks

  • www.cibulka.net/… - Lebenslauf Englisch (verfasst von P. Cibulka selbst)
  • Dissident voices again, von J. R. Nyquist, in WorldNetDaily, 23. August 2001, online auf: /www.worldnetdaily.com, englisch, abgerufen am 20. Juli 2010
  • Communism is not dead!, Interview von Jeff Nyquist, online auf: www.tldm.org, englisch, abgerufen am 20. Juli 2010
  • 4 Interviews mit P. Cibulka von J. R. Nyquist, April/Mai 2005, online auf den Seiten www.jrnyquist.com: Teil I, Teil II, Teil III, Teil IV, englisch, abgerufen am 20. Juli 2010

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Petr Cibulka — (October 27, 1950 in Brno, Czechoslovakia) is a Czech politician, one of the instantly recognizable public personalities in today s Czech Republic.As one of signatories of Charter 77 Cibulka was imprisoned repeatedly for various fabricated… …   Wikipedia

  • Cibulka — oder slawische Frauenform Cibulková ist der Familienname folgender Personen: Alfons von Cibulka siehe: Alfons von Czibulka, Schriftsteller Franz Cibulka (* 1946), österreichischer Komponist Hanns Cibulka (1920–2004), deutscher Schriftsteller… …   Deutsch Wikipedia

  • Cibulka — Cilbulka is a widespread name in the modern Czech Republic as well as throughout the former Austro Hungarian Empire, where it was frequently spelt Czibulka according to the older Hungarian orthography. Alphons Czibulka (1842 1894), Hungarian… …   Wikipedia

  • Cibulkas Listen — Cibulkas Listen, in der Tschechischen Republik eingehend bekannt als Cibulkovy seznamy, sind angebliche, nicht vollständige und zum Teil fehlerhafte Listen geheimer ( inoffizieller ) Mitarbeiter der tschechoslowakischen kommunistischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Pravý blok — Wahlzettel der Partei aus den Wahlen zum Europaparlament 2009 Pravý Blok, deutsch: Rechter Block, ist eine relativ neue und in der Tschechischen Republik umstrittene politische Partei. Sie wurde vom ehemaligen Dissidenten Petr Cibulka gegründet… …   Deutsch Wikipedia

  • Staatssicherheit (Tschechoslowakei) — Státní bezpečnost (offizielle Abkürzung: StB, deutsch Staatssicherheit) bzw. slowakisch Štátna bezpečnosť (offizielle Abkürzung: ŠtB) war die Geheimpolizei und ein Geheimdienst der Tschechoslowakei von 1945 bis 1989. Neben der normalen Polizei,… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Persönlichkeiten der Stadt Brünn — Die folgende Liste enthält die in Brünn geborenen sowie zeitweise lebenden Persönlichkeiten, chronologisch aufgelistet nach dem Geburtsjahr. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Inhaltsverzeichnis 1 In Brünn geborene… …   Deutsch Wikipedia

  • Velvet Revolution — Non violent protesters face armed policemen The Velvet Revolution (Czech: sametová revoluce) or Gentle Revolution (Slovak: nežná revolúcia) was a non violent revolution in Czechoslovakia that took place from November 17 – December 29, 1989.… …   Wikipedia

  • Anatoliy Golitsyn — Anatoliy Mikhaylovich Golitsyn CBE ( ru. Анатолий Михайлович Голицын;born August 25, 1926 in Piryatin, Ukrainian SSR) is a Soviet KGB defector and author of two books about alleged long term deception strategy of the KGB leadership. He provided a …   Wikipedia

  • Jeffrey Nyquist — Jeffrey R. Nyquist is the author of Origins of the Fourth World War (first edition 1998 and second edition 1999) and is currently a regular geopolitical columnist for Financial Sense Online, a website run by a financial advice firm.cite web… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”