Chimangokarakara

Chimangokarakara
Chimangokarakara
Chimangokarakara (Milvago chimango)

Chimangokarakara (Milvago chimango)

Systematik
Ordnung: Greifvögel (Falconiformes)
Familie: Falkenartige (Falconidae)
Unterfamilie: Geierfalken (Polyborinae)
Gattung: Milvago
Art: Chimangokarakara
Wissenschaftlicher Name
Milvago chimango
(Vieillot, 1816)

Der Chimangokarakara (Milvago chimango) ist ein Vertreter der Karakaras, die innerhalb der Familie der Falkenartigen in der Unterfamilie der Geierfalken (Polyborinae) zusammengefasst sind. Von einigen Autoren werden die Karakaras auch als eigenständige Familie (Daptriidae) aufgefasst. [1] Der knapp krähengroße Greifvogel kommt in zwei Unterarten im zentralen und südlichen Südamerika vor; die Art ist vor allem in den südlicheren Bereichen ihres Verbreitungsgebietes relativ häufig.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Der Chimangokarakara ist ein schlanker, relativ kleiner, im Gegensatz zu anderen Vertretern der Krakaras, ein eher kurzbeiniger Greifvogel von fast einheitlich brauner Körperfärbung. Auffallende Gefiedermerkmale fehlen. Die Oberseite ist etwas dunkler als die zumeist zimtbraune Unterseite. Die Enden der Arm -und Handschwingen sind dunkelschwarzbraun, die Basen der Handschwingen weißlich, wodurch -individuell sehr unterschiedlich - ein recht deutlicher gräulich-weißer Flügelfleck sichtbar werden kann. Die Steuerfedern sind sehr fein und undeutlich gebändert, wobei zur zweibogig gerundeten, weißen Schwanzspitze hin diese Bänderung bogenförmig geschwungen ist. Ein dunkelbraunes, recht breites Subterminalband ist aus der Nähe erkennbar. Der hochrückige Schnabel ist sehr hell, fast weißlich, die Läufe sind grauweiß bis grünlich, die Zehen können einen bläulichen Schimmer aufweisen; die Krallen sind dunkel. Hinter dem Auge verläuft ein unauffälliger, dunkler Streif zum Nacken, wodurch der Scheitel etwas abgesetzt, toupiert, wirkt.

Chimangokarakara der vor allem in Patagonien und auf Feuerland verbreiteten Unterart M. ch. temucoensis

Weibliche Chimangokarakaras erreichen eine Körperlänge von 43 Zentimetern und eine Spannweite von annähernd einem Meter. Das Gewichtmittel der Weibchen liegt bei etwa 300 Gramm. [2] Männchen sind durchschnittlich geringfügig kleiner und leichter; Färbungsunterschiede bestehen nicht. Auch das Jugendgefieder unterscheidet sich nur unerheblich vom Erwachsenenkleid, ist jedoch meist etwas heller, eher rötlichbraun mit oft deutlich helleren Federrändern; gelegentlich weisen einzelne Gefiederpartien auch weiße Strichelungen oder Flecken auf.

Stimme

Chimangokarakaras sind akustisch recht auffällig, vor allem vor und während der Brutzeit und bei Futter -und Nestplatzstreitigkeiten. Der am häufigsten zu hörende Ruf ist ein lautes, kreischendes Kiiiii-ih, das meist einzeln geäußert wird, manchmal aber auch gereiht zu hören ist. Dieser Hauptruf wird situationsabhängig in ein gereihtes Kieh…kieh…kieh[1] oder ein deutlich zweisilbiges, oft mit zurückgelegtem Kopf ausgestoßenes Ki-ie…ki-ie…ki-ie abgewandelt.

Verbreitung und Lebensraum

Milvago chimango-Verbreitungsgebiet
In den hellgrün gefärbten Bereichen kommt die Art nur sporadisch vor

Das Verbreitungsgebiet des Chimangokarakaras liegt vor allem in im südlichen Teil Südamerikas, südwärts bis Feuerland. Nordwärts kommt die Art in Chile bis in die Región de Tarapacá vor, ist dort aber ein sehr seltener Brutvogel. Ebenfalls selten und lückenhaft brütet die Art im südöstlichen Bolivien sowie im brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul. Im nördlichen und zentralen Paraguay ist der Chimangokarakara ein zwar verbreiteter, aber nicht allzu häufiger Brutvogel. In den weiter südlich gelegenen Verbreitungsgebieten, vor allem in den zentralen Regionen Chiles und Argentiniens, kommen Chimangos in großen Bestandsdichten vor; dort und in den nördlichen Teilen Patagoniens sind sie mit Abstand die verbreitetsten Greifvögel. [3] Die auf der Osterinsel gegen Ende des 19. Jahrhunderts eingeführten Chimangokarakaras haben sich dort etabliert und alle geeigneten Lebensräume besiedelt.

Optimalhabitate des Chimangokarakara sind offene, nur spärlich mit Bäumen und Büschen bestandene Graslandschaften, oft in der Nähe von Gewässern, oder temporär feuchte, marschige Gebiete. Insgesamt ist die Art jedoch äußerst anpassungsfähig und kommt im Kulturland ebenso vor wie in den kargen Vegetationszonen der patagonischen Steppe. In Zentralchile und dem östlichen, zentralen Argentinien hat er sich zu einem ausgesprochenen Kulturfolger entwickelt, der in den Rinderweide- und den Getreideanbaugebieten sehr hohe Siedlungsdichten erreicht. Chimangos brüten auch in Vorstadtbereichen, in größeren Parks und immer häufiger auch in den Zentren der Großstädte.

Die Brutvorkommen des Chimangokarakara erstrecken sich von den Küstenregionen bis in montane Gebiete von annähernd 3000 Metern. Umherschweifende Individuen wurden auch in wesentlich höheren Regionen beobachtet.[4]

Wanderungen

In den Schwerpunktbereichen ihres Verbreitungsgebietes sind Chimangokarakaras weitgehend sesshaft, führen außerbrutzeitlich jedoch, regionalen Nahrungsangeboten folgend, ein nomadisches Leben. Während des antarktischen Winters verlassen die meisten Brutvögel Südpatagoniens ihre Brutgebiete und ziehen nordwärts; ihre Zugwege und Überwinterungsgebiete sind jedoch nicht bekannt. Regelmäßig werden Chimangokarakaras auf den Falklandinseln nachgewiesen. [5]

Nahrung und Nahrungserwerb

Chimangokarakara mit Beute

Insekten wie Käfer, Käferlarven, Schmetterlinge und deren Larven sowie Fliegen, Grillen, Zikaden sowie andere Wirbellose wie Spinnen, Zecken oder Regenwürmer können mehr als 80 Prozent der Gesamtnahrungsmenge ausmachen. [6] Generell sind sie jedoch äußerst flexible Nahrungsgeneralisten, die sich von der am leichtesten zu erreichenden Nahrung ernähren. Aas, auch das großer Tiere, Fisch -und Molluskenkadaver, Vogeleier und Nestlinge, aber auch menschlicher Abfall, sogar verwertbare Reste in Pferde -und Rinderdung werden aufgenommen. Lebende Beutetiere, wie kleine Nagetiere, Singvögel oder Eidechsen, werden zwar regelmäßig erbeutet, spielen quantitativ aber eine untergeordnete Rolle.

Der Chimangokarakara jagt meist aus einem niedrigen, langsamen Suchflug heraus. So patrouilliert er über weite Strecken, oft entlang stark frequentierter Straßen oder entlang der Küstensäume. Bei günstig erscheinenden Gegebenheiten lässt er sich nieder und sucht schreitend das Terrain ab. Häufig jagen Chimangokarakaras im Verband, große Gruppen können frisch gepflügte Felder nach Insekten oder Regenwürmern absuchen oder nutzen das große Insektenangebot in der Nähe von Rinder- oder Pferdeherden. Seltener als Gelbkopfkarakaras landen Chimangokarakaras aber direkt auf diesen Weidetieren und suchen sie nach Zecken und anderen Parasiten ab. Auch in der Umgebung von fischverarbeitenden Betrieben sowie auf Mülldeponien können sich viele Chimangos versammeln. [7]

Brutbiologie

Über den Eintritt der Geschlechtsreife liegen keine Angaben vor, auch Art und Dauer der Partnerbeziehungen sind nicht dokumentiert. Chimangokarakaras brüten einzeln oder in Kolonien bis zu 75 Paaren. Der Nestabstand in den Kolonien kann unter fünf Meter betragen. Außer Schauflügen über dem Neststandort und Rufreihen mit zurückgelegtem Kopf sind keine Balzelemente bekannt.

Im Gegensatz zu anderen Vertretern der Falconidae bauen Karakaras Nester. Diese können solide Konstruktionen mit einem Durchmesser von etwa 40 Zentimetern sein; oft sind es aber nur recht lose aus Zweigen und Halmen zusammengefügte Gebilde. Die Neststandorte sind variabel, bevorzugt werden solche entlang von Flüssen oder anderen Gewässern; häufig befinden sich die Nester in geringen Höhen unter 5 Metern, oft in Bodennähe oder überhaupt am Boden. Die Hauptlegezeit liegt zwischen Mitte Oktober und Mitte November. Die Gelege bestehen aus 2-3 Eiern; Gelege mit nur einem und mit bis zu fünf Eiern kommen vor. Die Eier werden etwa 27 Tage bebrütet, die Nestlingszeit beträgt bis zu 34 Tage.

Systematik

Die 9 Arten der Karakaras bilden meist die Unterfamilie der Geierfalken (Polyborinae) innerhalb der Falconiformes, werden gelegentlich aber auch als eigene Familie (Daptriidae) aufgefasst. Das Verbreitungsgebiet der Karakaras liegt in Süd- und Mittelamerika, nur der Schopfkarakara brütet auch in Mexiko und in den südlichen USA.

Es werden zwei Unterarten beschrieben: die nördliche Nominatform mit weitgehend kontrastarmer, stumpf brauner Gefiederfärbung, und die südliche, etwas kontrastreicher gefärbte, mehr rötlichbraune Unterart M. ch. temucoensis. Der Chimangokarakara ist sehr nahe mit dem Gelbkopfkarakara verwandt, mit dem er im südlichen Brasilien sympatrisch vorkommt.

Bestand

In weiten Teilen seines Verbreitungsgebietes ist der Chimangokarakara ein verbreiteter, regional ein äußerst häufiger Brutvogel. Nur Schwarzmilane erreichen in einigen ihrer Verbreitungsgebiete wahrscheinlich noch höhere Bestandsdichten. [8] Die Bestände der Art sind nicht gefährdet.

Anpassungsfähigkeit

Versuchsreihen, die kürzlich in Argentinien durchgeführt wurden, bestätigten die große Anpassungsfähigkeit und hohe Problemlösungspotenz dieser Greifvogelart. Chimangokarakaras gewöhnten sich äußerst schnell an die geänderten Lebensbedingungen in Gefangenschaft und waren sehr schnell in der Lage, Fleischstückchen, die nur durch Öffnen bestimmter Vorrichtungen und Klappen innerhalb einer Plexiglasbox zu erlangen waren, auf kürzestem Wege zu erreichen. [9]

Einzelnachweise

  1. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 796
  2. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 810
  3. Yáñez et al.(1982)
  4. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 808
  5. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 808
  6. Yáñez et al. (1982) S. 170
  7. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 809
  8. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 809
  9. Biondi et al.(2008)

Literatur

  • Laura Marina Biondi & Maria Susana Bó & Aldo Iván Vassallo: Experimental assessment of problem solving by Milvago chimango (Aves: Falconiformes). Journal of Ethology: Volume 26, Number 1/Januar 2008: S. 113-118.
  • James Ferguson-Lees and David A. Christie: Raptors of the World. Houghton-Mifflin Company Boston and New York 2001; Seiten 808-810; 796; Plate 87 (S. 252) ISBN 0-618-12762-3.
  • José Yáñez et al.: Food Habits and Weight of Chimango Caracaras in Central Chile. Auk: Vol. 99, No. 1, January-March, 1982: S. 170-171.

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