- Qiyās
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Das arabische Wort Qiyās (arabisch قِيَاس) kommt von der Wurzel قاس/قيس, die in der Grundbedeutung „messen“, „vergleichen“, „beurteilen“ heißt. Qiyās als Hauptwort bedeutet: „Maß“, „Maßstab“, „Beispiel“, „Vergleich“; als terminus technicus im Fiqh, in der islamischen Rechtswissenschaft, heißt es „Analogie“, „Analogieschluss“, in philosophischer Literatur wird es als Entsprechung zum gr. syllogismos verwendet (gr. analogia hingegen mit ar. mithl wiedergegeben).
Im Entwicklungsprozess der islamischen Jurisprudenz im 8–9. Jahrhundert waren nicht alle Rechtsfälle oder Aspekte der kultischen Handlungen anhand von Koran und der Sunna des Propheten und seiner Gefährten (sahaba) oder durch idschma der Gelehrten zu lösen. Rechtsvorschriften, die ursprünglich aus den ersten drei Quellen des Fiqh abgeleitet waren, versuchte man durch Analogie auf neue, noch nicht gelöste Fälle zu übertragen. Es war as-Schafii, der den Analogieschluss zur vierten Quelle der Jurisprudenz machte; somit stellte er ihn als Rechtsquelle mit dem idschtihad bei der Interpretation des Rechts gleich. Diese Methode wird von allen klassischen Rechtsschulen (Madhhab) bis heute angewandt. Qiyās ist im sunnitischen Islam eine der usūl al-fiqh (اصول الفقه) „Grundlagen der Rechtswissenschaft“.
Literatur
- M. Bernard / G. Troupeau: Art. Ḳiyās, in: Encyclopaedia of Islam, 2. A., Bd. 5 (1986), S. 238-242.
- Jonathan E. Brokopp: Competing Theories of Authority in Early Maliki Texts, in: Bernard G. Weiss (Hg.): Studies in Islamic Legal Theory, Brill, Leiden 2002, 3-22.
- Joseph Schacht: The Origins of Muhammadan Jurisprudence, Oxford University Press, Oxford 1967, S. 99 et passim.
- John Wansbrough: Qur'anic Studies, Sources and Methods of Scriptural Interpretation, Oxford 1. A. 1977, S. 167 et passim.
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