- Quäkerbüro
-
Als Quäkerbüro wird eine Immobilie in Berlin bezeichnet, die der Deutschen Jahresversammlung der Quäker gehört.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Seine Anfänge nahm das Quäkerbüro nach dem Ersten Weltkrieg in der Dorotheenstraße als Gründung von britischen und nordamerikanischen Quäkern mit dem Ziel, ihre gemeinsame Arbeit zur Linderung der Not zu koordinieren. Diese Arbeit ging als sogenannte Quäkerspeisung in die Geschichte ein.
Im November 1925 zog das damals so benannte "Internationale Büro" in die Prinz-Louis-Ferdinand-Str. 5, heute Planckstraße 20. Die Räumlichkeiten befinden sich bis heute dort, in der unmittelbaren Nähe zum S- und U-Bahnhof Friedrichstraße, der (heutigen) Humboldt-Universität und dem Regierungsviertel. Die Räumlichkeiten befinden sich im Erdgeschoss des Seitenflügels des denkmalgeschützten Hauses und umfassen heute einen Andachtsraum, die Bibliothek und ein Büro.
Dem Büro stand zunächst ein "Internationales Sekretariat" vor, was aus je einem amerikanischen, einem britischen und einem deutschen Quäker bestand. Die ersten Mitarbeiter waren Thomas Kelly und Richard Cary. Nach letzterem wurde die so genannte Richard-Cary-Vorlesung benannt, die alljährlich fester Bestandteil und Höhepunkt der Jahresversammlung ist.
Mit dem Abebben der Not und dem Aufstieg des Nationalsozialismus verlagerte sich die Arbeit in Richtung Auswanderungshilfe. Das Quäkerbüro wurde zur Anlaufstelle derer, die von keiner anderen Institution Hilfe erwarten konnten. Von hier aus wurde z.B. an den so genannten "Kindertransporten" mitgearbeitet. Herausragende Persönlichkeiten dieser Zeit waren u.a. Corder und Gwen Catchpool[1] (Britische Jahresversammlung) und Gilbert MacMaster[1] (USA).
Mit Kriegseintritt der USA verließ im Sommer 1941 der letzte ausländische Quäker das Büro. Noch bis Juli 1942 wurde das Büro von Olga Halle und Martha Röhn weiter geführt. Während des Krieges fanden weiterhin Andachtsversammlungen, Geschäftsversammlungen und Gruppenabende statt. In dieser Zeit wirkte auch Emil Fuchs in den Räumen.
1947 wurde von der Deutschen Jahresversammlung beschlossen, die Räumlichkeiten wieder für sich in Betrieb zu nehmen. So wurden die Räumlichkeiten renoviert, um die Schäden durch Bombeneinwirkungen zu beseitigen. Die ersten Schreiber nach dem Krieg waren Willy Wohlrabe und Gerhard Schwersensky, Geschäftsführende Schreiberin war Margarethe Lachmund. Bis 1969 wurde es noch als Geschäftsstelle der Deutschen Jahresversammlug genutzt, bis auf Drängen der DDR-Regierung die Deutsche Jahresversammlung geteilt wurde.
In der Zeit von 1962 bis 1972 nutzten die Räume auch Repräsentanten des American Friends Service Committee, um vermittelnd zwischen Ost und West zu wirken. Diese Aktivitäten hatten aber nicht mehr die Intensität wie zu Zeiten vor dem Krieg. Ab 1960 nahm die Besucherzahlen stetig ab, so dass schließlich nur noch zwei bis drei Teilnehmer anwesend waren.
Später wurden aus Kostengründen einzelne Räume untervermietet, etwa an das Institut für Vergleichende Staat-Kirche-Forschung.
Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Jahresversammlungen 1990 wurde das Büro wieder als Geschäftsstelle genutzt. Heute ist die Immobilie nach dem Kauf das Eigentum der Deutschen Jahresversammlung. Von Juni bis August 2007 wurden die Räumlichkeiten komplett saniert und z.T. auf ihren ursprünglichen Grundriss zurückgebaut. Das Büro verfügt nun über moderne sanitäre Einrichtungen, Küche und Büros. Die sonntäglichen Andachten werden mittlerweile regelmäßig und rege von zum Teil internationalen Gästen Besucht. Die Andachtsräume sind für bis zu 30 Personen ausgelegt - eine Zahl die in den regulären Andachten aber selten erreicht wird.
Siehe auch
Literatur
- Claus Bernet: 300 Jahre angloamerikanische Beziehungen in Berlin: Die Quäkerpräsenz vom 17. Jahrhundert bis heute, in: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte, 67, 2009, S. 113-132.
Weblinks
Nachweise
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Deutsche Jahresversammlung — Die Deutsche Jahresversammlung (DJV, engl. German Yearly Meeting: GYM) ist eine Organisation der Quäker in Deutschland und Österreich. Unter einer Jahresversammlung versteht man im Quäkertum sowohl eine – meist mehrtägiges – jährliches Treffen,… … Deutsch Wikipedia
Geschichte der Quäker (Zeittafel) — Inhaltsverzeichnis 1 17. Jahrhundert 2 18. Jahrhundert 3 19. Jahrhundert 4 20. Jahrhundert 5 21. Jahrhundert 6 Anmerkungen … Deutsch Wikipedia
American Friends Service Committee — Ein älteres AFSC Logo Das American Friends Service Committee (AFSC) wurde während des Ersten Weltkriegs 1917 gegründet. Seine Mitglieder sind Quäker, die aus Glaubensgründen den Wehrdienst verweigern. Das AFSC organisierte zivile Friedensdienste … Deutsch Wikipedia
Anna Sabine Halle — (* 1921 in Berlin) ist Enkelin von Gustav Lilienthal,[1] Autorin und Quäkerin. Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Werke 3 Literatur … Deutsch Wikipedia
Franz Hoffmann (Architekt) — Franz Hoffmann um 1935 Franz Hoffmann (* 13. Juni 1884 in Charlottenburg; † 15. Juli 1951 Berlin Westend) war ein deutscher Architekt mit dem Hauptwirkungskreis im Berliner Raum. Von 1909 bzw. 1912 bis zu seinem Tod 1951 war Hoffmann Partner der… … Deutsch Wikipedia
Quaker Peace and Social Witness — Logo der Quaker Peace and Social Witness Die Organisation Quaker Peace and Social Witness (QPSW) ist eine Quäkerorganisation in Großbritannien, die 1927 als Friends Foreign Mission Association als Zusammenschluss der Friends Foreign Mission… … Deutsch Wikipedia
Glossar Quäkertum — Das Quäkertum ist Mitte des 17. Jahrhunderts in England entstanden. Wie in jeder sozialen Gruppe hat sich im Laufe der Zeit eine eigene Begrifflichkeit entwickelt. Verstärkt wurde das zum einen durch gesellschaftliche Isolation in Zeiten von… … Deutsch Wikipedia
Margarethe Lachmund — Margarethe (Mathilde Pauline) Lachmund (auch Margarete; geb. Grobbecker; * 17. September 1896 in Woldegk[1]; † 14. Oktober 1985 in Köln) war eine deutsche Quäker Mitarbeiterin, Widerstandskämpferin und Friedensaktivistin. Inhaltsverzeichnis 1… … Deutsch Wikipedia
Quäkerhaus — Das Quäkerhaus in Bad Pyrmont im Jahre 2008 Das Quäkerhaus ist eine Immobilie in Bad Pyrmont in der Bombergallee 9, die der Deutschen Jahresversammlung der Quäker gehört. Es ist das einzige Quäkerhaus im gesamten deutschsprachigen Raum. Neben dem … Deutsch Wikipedia