- Riff Nienhagen
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Riff Nienhagen Gewässer: Ostsee Lage: Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern Ort: Nienhagen (Landkreis Rostock) Fläche: 50.000 m² Wassertiefe: 11–12 m Uferdistanz: 1.500 m Zweck: Forschung Riff Nienhagen Grundriss Das Riff Nienhagen (auch als „Künstliches Riff Nienhagen“ bezeichnet) ist ein zu Forschungszwecken angelegtes Künstliches Riff in der Nähe des Ostseebades Nienhagen. Es liegt im südwestlichen Teil des Fischereischutzgebiets (FSG) der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei (LFA) auf 11 bis 12 m Wassertiefe. Das Untersuchungsgebiet befindet sich ca. 8 km westlich von Warnemünde und nördlich des Ostseebades Nienhagen in einer Entfernung von ca. 1,5 km vom Ufer. Das Riff besteht aus ca. 1.400 Betonelementen und ca. 2.500 t Naturstein und bedeckt eine Fläche von ca. 50.000 m². Damit wurden ca. 18.000 m² zusätzliche Bewuchsfläche und zahlreiche Unterschlupfmöglichkeiten geschaffen.
Inhaltsverzeichnis
Gründe für ein künstliches Riff in der Ostsee
Die fischereilichen Ressourcen haben nicht nur im westlichen Teil der Ostsee einen abnehmenden Trend. Herkömmliche Managementmaßnahmen wie Mindestanlandelängen, Mindestmaschenweiten, zeitlichen Fangverboten und zeitweilig gesperrten Gebieten, erzielten keine ausreichenden Erfolge. Im Projekt „Künstliches Riff Nienhagen“ (2002–2008) suchte man nach alternativen Möglichkeiten zur Stabilisierung der Bestände an Wirtschaftsfischen. Im Ergebnis entstand vor Nienhagen ein großflächiges künstliches Unterwasserhabitat als Rekrutierungs-, Aufwuchs- und Ruhezone für die hier vorkommenden Fischarten.
Die Riff-Elemente
Elemente Beschreibung 2-t-Tetrapode - Höhe des freistehenden Tetrapoden: 1,42 m
- Gewicht: 2 t
- Gesamtstückzahl: 820
6-t-Tetrapode - Höhe des freistehenden Tetrapoden: 2,08 m
- Gewicht: 6 t
- Gesamtstückzahl: 109
Riffkegel - Höhe: 1,37 m
- Gewicht: 1,8 t
- Grundfläche: Ø 2,0 m
- Wandstärke: 15 cm
- Lochdurchbrüche: unregelmäßig verteilt, ca. 30 Stück mit Ø 10 bis 25 cm
- Gesamtstückzahl: 320
Betonring - Höhe: 0,75 m
- Gewicht: 1,25 t
- Grundfläche: Ø 2,68 m
- Wandstärke: außen 9 cm, innen 6 cm
- Lochdurchbrüche: außen 8 Stück mit Ø 25 cm, innen 6 Stück mit Ø 20 cm
- Gesamtstückzahl: 130
Algentisch - Beinhöhe: 30 und 70 cm
- Gewicht: ca. 4 t
- Grundfläche: 2,5 × 4,5 m
- Öffnung: 1 × 2 m
- 9 Elemente mit Öffnung
- Gesamtstückzahl: 18
Netz - Netz horizontal: 100 mm Maschenschenkel und 5 mm Fadenstärke, Abmessungen 9 × 9 m.
- Netz vertikal: 100 mm Maschenschenkel und 5 mm Fadenstärke, Abmessungen 8 × 2 m
- Kollektoren: 3m Leinen mit 10 bis 20 mm Leinendurchmesser und 3 bis 10nbsp;kg Auftriebskörper
Bewuchsgestell - Höhe: verstellbar, maximal ca. 2 m
- Kapazität: je Seite können 56 Probeplatten aufgenommen werden
- Probeplatten: 9 × 24 cm
Aufbau
Das Riff ist auf einer rechteckigen Fläche angelegt. Die Seitenlängen betragen jeweils ca. 200 m. Fast alle Beton- und Natursteinelemente sind innerhalb dieses Rechtecks untergebracht.
- 130 Betonringe auf zwei Feldern in zwei Lagen
- 720 2-t-Tetrapoden auf zwei Feldern in drei Lagen
- 220 Riffkegel in 7 Gruppen (25–30 Stck. pro Gruppe)
- 1 Gruppe westlich
- 6 Gruppen östlich
- 109 6t Tetrapoden einzeln (Abstand von 10 m–12,5 m)
- 40 Stck. südlich
- 60 Stck. westlich
- 9 Stck. nordöstlich
- 12 Algentische östlich
- 2500t Naturstein auf zwei Feldern
- 2000t Feld nördlich
- 500t Feld südwestlich
- flexible Strukturen (Leinen und Netze) zwischen den einzelnen 6-t-Tetrapoden (westlich)
- horizontal und vertikal angebrachte Netztücher zwischen den 6-t-Tetrapoden
- Leinenkollektoren an gestapelten Betonringen, 2-t-Tetrapoden und Riffkegeln
- 5 Bewuchgestelle
- 3 Betonröhrenstapel
An zentraler Stelle ist eine Forschungsplattform platziert, die für die fischereilichen Untersuchungen, Unterwasserbeobachtung und Datenfernübertragung als technische Basis benötigt wird.
Riff-Chronologie
Jahr Ereignis 1994–1995: Studie „Die biologische und fischereiliche Situation in den Küstengewässern M-V; Grenzen und Möglichkeiten ihrer Beeinflussung durch künstliche Riffe“ 1996–1999: Planung und vorbereitende Untersuchungen für die Errichtung eines künstlichen Riffes in den Küstengewässern M-V; Errichtung eines Versuchsriffes 1996–1998: Entwurf, Projektierung, Realisierung und Ersteinsatz eines Neigungsmastes als telemetrische Langzeit-Mess- und Beobachtungsstation am Versuchsriff Nienhagen 1999–2000: Langzeittest des Telemetriemastes; Verbesserungen im Energie- und Kamerakonzept 2002–2008: Verbundprojekt „Erhöhung der fischereilichen Wertigkeit von Seegebieten vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns durch die Errichtung künstlicher Unterwasserhabitate. Aufbau eines Großriffs im Fischereischutzgebiet Nienhagen“ 2009–2012: „Riffe in der Ostsee“ und „Erprobung eines Aquakulturvorhabens zur Produktion der Rotalge Delesseria sanguinea am Riff Nienhagen und weiterführende Untersuchungen für die wirtschaftliche Verwertung der sulfatierten Polysaccharide dieser Alge“ Während des Untersuchungszeitraums zwischen 2002 und 2008 ist die Artenvielfalt tendenziell gestiegen. Im Jahr 2003 wurden im Riffgebiet insgesamt 20 verschiedene Fischarten gesichtet. 2005 waren es bereits 25 und 2006 schon 29. Die Hauptfischarten am Riff sind Dorsch, Flunder, Steinbutt, Kliesche, Wittling, Klippenbarsch, Sandaal, Seeskorpion, Seehase, Hering, Grundeln. Seit 2007 wurden 7 neue Fischarten nachgewiesen: Köhler, Meeräsche, Zwergdorsch, Seenadel, Steinköhler, roter Knurrhahn. Seltene Exemplare wie z.B. Aalmutter und Hornfisch flossen nicht in die Statistik ein, da bei denen nur von einer zufälligen Verteilung ausgegangen werden konnte. Dominierende Art ist der Dorsch. Mit Hilfe von Dorschmarkierungen, wurde eine Wiederfangquote von 16,8% ermittelt. Dieses Ergebnis war unerwartet hoch und spricht für die Standorttreue des Dorsches im Riff. Im Durchschnitt betrug die Fangbiomasse im Zeitraum von 2003 bis 2008: 33 kg pro Fangtag. Auch hier wurde eine tendenzielle Steigerung festgestellt. So betrug sie im Jahr 2004: 29 kg und im Jahr 2006: 43 kg.
Ergebnisse im Bereich des Bewuchses der Riff Elemente ergaben einen rasanten Anstieg der Biomasse. Vier Wochen nach dem Versenken der ersten Elemente siedelten sich die ersten Seesterne an. Vereinzelt wurden Hydroidpolypen nachgewiesen. Rotalgen erschienen sehr früh und nach acht Wochen waren die Flächen fast vollständig mit einer braunen Detritusschicht überzogen. Diese bestand aus Schlickröhren von kleinen Polychaeten. Nach zwei Monaten kamen die ersten Miesmuscheln, Seepocken und Polypenstadien der Ohrenqualle. Der Bestand an Seesternen stieg rasant bis 2007. Hauptnahrungsmittel der Seesterne ist die Miesmuschel. So kam es zu saisonalen Schwankungen der Seestern- bzw. Miesmuschelbestände (weniger Seesterne = mehr Miesmuscheln). Nach 7 Monaten stieg der Anteil an Kieselalgen und es wurde eine Zunahme der Artenanzahl von Polychaeten und Bryozoen nachgewiesen. Die Gesamtbiomasse stieg rapide bis Dezember 2005 auf 2500 g/m². Bis 2008 stabilisierte sich diese auf 2100 g/m².
Zum 31 Juli 2010 wurde der bis dahin bestehende Telemetriemast durch eine neue Forschungsplattform ersetzt. Die Arbeitsfläche von 40 m² mit einem Bürocontainer befindet sich 7 m über dem Meeresspiegel und ist in 12 m Wassertiefe mit drei Gründungspfählen im Meeresboden fixiert. Autonome Energiequellen versorgen die Forschungsstation mit Strom. Drei Unterwasser- und eine Überwasserkamera zeichnen das Geschehen am Riff auf. Die Datenübertragung zum Festland erfolgt über WLAN.
Forschung am Riff Nienhagen
Der Titel des aktuellen Projekts (2009–2012) lautet Riffe in der Ostsee und Erprobung eines Aquakulturvorhabens zur Produktion der Rotalge Delesseria sanguinea am Riff Nienhagen und weiterführende Untersuchungen für die wirtschaftliche Verwertung der sulfatierten Polysaccharide dieser Alge. Das Forschungsprojekt wird durch den Europäischen Fischereifonds der Europäischen Union und das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern gefördert und läuft vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012. Die Koordination obliegt der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern.
Basierend auf dem Projekt „Künstliches Riff - Nienhagen“ (2002–2008) werden die Forschungsarbeiten unter dem neuen Projekttitel weitergeführt. Neue Forschungsmethoden kommen zum Einsatz.
Ziele
2002 bis 2008
- Nachweis der Erhöhung fischereilicher Wertigkeit
- Erfassen und Bewerten der Auswirkungen auf Artengemeinschaften durch künstliche Unterwasserhabitate
- Erfassen der Auswirkungen auf Verhalten lokaler Fischbestände
- Erhaltung fischereilicher Ressourcen
- Erfassen der Auswirkungen auf Bestandsstrukturen und -größen wichtiger Fischbestände durch Konzentrations- und Schutzmechanismen
2009 bis 2012
- Bestimmung der Verweildauer von Dorschen in künstlichen Habitaten und des Wanderverhaltens möglicher lokaler Dorschbestände
- Ermittlung einer möglichen Verbesserung der natürlichen Wiederbesiedlungsrate und einer fischereilichen Aufwertung von Schütt- und Verklappungsstellen durch den Einbau künstlicher Habitate
- Erprobung einer kleintechnischen Experimentalanlage für die Aufzucht der Rotalge Delesseria sanguinea als Teilschritt zwischen Labor- und großtechnischer Produktionsanlage
- Entwicklung eines marktfähigen Produktes auf der Basis von Delesseria sanguinea und von einem leicht handhabbaren Kontroll- und Analyseverfahren für die industrielle Produktion
Literatur
Fachliteratur
- Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern: Künstliches Riff Nienhagen. In: Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern, Heft 38. Gülzow August 2007. ISSN 1618-7938
- Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern: Jahresbericht 2009. In: Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern, Heft 42. Gülzow April 2009. ISSN 1618-7938
- Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei: Fischerei & Fischmarkt in Mecklenburg-Vorpommern
Tageszeitungen
- Norddeutsche Neueste Nachrichten: EU-Riff-Projekt für Dorsch & Co., Nr.128/57. 5. Juni 2009
- Norddeutsche Neueste Nachrichten: Pralles Leben am künstlichen Riff, Nr.128/57. 5. Juni 2009
- Ostsee-Zeitung: Zweites Beton-Riff geplant, 5. Juni 2009 Ausgabe Rostock
- Ostsee-Zeitung: Künstliches Riff bekommt Forschungs-Plattform, 5. Juni 2009 Ausgabe Rostock
Weblinks
54.17511.943333333333Koordinaten: 54° 10′ 30″ N, 11° 56′ 36″ O
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