Rohsee

Rohsee
Schwarzerlen im nördlichen Teil des Rohsees bei niedrigem Wasserstand
Vegetation am südwestlichen Rand, am Übergang des Rohsees in die sumpfige Riedwiese

Der Rohsee, gelegentlich auch Rohrsee oder Rodsee genannt, ist ein Stillgewässer im Südwesten der hessischen Stadt Frankfurt am Main. Das von Grundwasser und Regenwasser gespeiste, sehr flache Gewässer ist ein linker beziehungsweise südlicher Altarm des Flusses Main.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Charakteristik

Als Fluss-Altarm hat der Rohsee einen sehr schmalen, langgestreckten Grundriss in annähernd geradliniger, süd-südwestlicher/nord-nordöstlicher Ausrichtung. Nach der Binnengewässerkunde (Limnologie) handelt es sich um einen Waldtümpel, der in einen Sumpf übergeht.

Das Gewässer liegt am nordwestlichen Rand des Frankfurter Stadtwaldes auf dem Gebiet des Stadtteils Schwanheim. Es gehört zum Landschaftsschutzgebiet des Frankfurter Grüngürtels. Der Wasserstand des Rohsees unterliegt starken jahreszeitlichen Schwankungen; das Gewässer fällt abhängig vom Grundwasserspiegel zeitweilig nahezu trocken. Es handelt sich um eines der artenreichsten Stillgewässer in Frankfurt. Die Ufervegetation weist nach einer im Jahr 2006 erfolgten Zählung 44 verschiedene Arten höherer Pflanzen auf.[1] An seinem südlichen Ende geht der Rohsee nahtlos in das Sumpfgebiet Riedwiese über, an dessen südlichem Rand der Kelsterbach entlangfließt.[2]

Seit dem Jahr 2003 gilt das am Rohsee liegende Waldgebiet nach den FFH-Richtlinien der EU als Flora-Fauna-Habitat.[3]

Flora und Fauna

Der Rohsee ist dem Vegetations-Charakter nach zum überwiegenden Teil ein Erlen-Bruchwald auf nassem Niedermoor-Boden.[4] Die vorherrschende Baumart ist die Schwarz-Erle (Alnus glutinosa), die besonders gut auf nassen bis überschwemmten Böden gedeiht, da sie ein sehr feuchtigkeitsbeständiges Holz hat. Eine Besonderheit des Erlenbestandes im Rohsee sind dessen bei Niedrigwasser und Trockenheit freiliegende Wurzelstöcke („Stelz-Erlen“ oder „Stelzwurzel-Erlen“), denen ein sehr hohes Alter zugeschrieben wird. Diese Form der Wurzelstöcke entstand durch jahrhundertelang betriebene, in Abständen von etwa 100 Jahren wiederholte Abholzung der Bäume, nach der die Wurzelstöcke stets erneut ausschlugen und neue Stämme bildeten.[5] Ein Alter der Wurzelstöcke von mehr als 1000 Jahren wird für möglich gehalten.[6] Der Schwanheimer Arzt und Naturforscher Wilhelm Kobelt schrieb im Jahr 1913 über den Rohsee:

„Aus dem seichten Wasser und seiner Umgebung ragen seltsame Wurzelgebilde empor, die erst in etwa einem Meter Höhe in eine Anzahl schwacher Erlenstangen übergehen und an der Übergangsstelle einen Absatz bilden, der meist Moos und Farne trägt … Ein getreues Bild der Sümpfe, die zur Römerzeit große Gebiete Deutschlands erfüllten.“[7]

Neben der vorherrschenden Schwarz-Erle sind am Rohsee auch die Baumarten Hänge-Birke (Betula pendula) sowie in der Strauchschicht der Faulbaum (Frangula alnus) anzutreffen.[4] An dem wenige Meter vom westlichen Rand des Gewässers entfernt an diesem entlangführenden Rohseeweg stehen außerdem mehrere sehr alte Exemplare der Winter-Linde (Tilia cordata).[2] Weitere am und im Rohsee vorkommende Pflanzenarten sind die Wasserfeder (Hottonia palustris), die dort ihr letztes natürliches Vorkommen in Frankfurt hat, die in Deutschland besonders geschützte Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus), sowie die in Frankfurt selten gewordene Sumpf-Dotterblume (Catha palustris).[6]

Verkehrsanbindung

Die Wanzenschneise im Frankfurter Stadtwald führt zum südwestlichen Ende des Rohsees. In der Bildmitte das Sumpfgebiet Riedwiese, in das der Rohsee übergeht. Blick nach Südosten

Der Rohsee liegt etwas abgeschieden in der westlichsten Ausbuchtung des Frankfurter Stadtwaldes. Nur seine nördliche Spitze ist direkt zu Fuß und mit dem Fahrrad zu erreichen.[5] Die Annäherung bis auf einige Meter an das westliche Ufer ist ausschließlich zu Fuß über den daran entlangführenden Rohseeweg möglich. Am östlichen Rand wird jeder Zugang durch einen dichten Schilfgürtel (Röhricht) verhindert.[3] Zum Erreichen des Gebiets mit Kraftfahrzeugen ist bis zum Rohsee zusätzlich ein Fußweg von einem Kilometer (Individualverkehr) bis zwei Kilometer (Öffentlicher Personennahverkehr) erforderlich.[8] Der Zugang erfolgt im letzten Abschnitt über unbefestigte Waldwege, die je nach Witterungslage eine aufgeweichte, schlammige Oberfläche aufweisen können.

An der dem Rohsee nächstgelegenen Haltestelle Rheinlandstraße verkehren die Straßenbahnlinien 12 und 19 sowie die Buslinien 62 und 73V der Frankfurter Verkehrsgesellschaft VgF. Die Entfernung der Haltestelle zum Rohsee beträgt etwa zwei Kilometer. Die nächstgelegen Parkmöglichkeiten für den motorisierten Individualverkehr gibt es am westlichen Ende der Rheinlandstraße; von dort aus ist es etwa ein Kilometer Fußweg bis zur nördlichen Spitze des Sees. Weitere zwei Parkgelegenheiten liegen an der Schwanheimer Bahnstraße, ebenfalls in etwa zwei Kilometern Entfernung vom Rohsee.[3][8]

Literatur

  • Gerd-Peter Kossler (Hrsg.) und weitere Autoren: Wald im Süden Frankfurts: Stadtwald, Gravenbruch, Mönchbruch. Darin: Kapitel Schwanheimer Wald, S. 59 ff. Selbstverlag, Frankfurt am Main 1991. ISBN 3-9800853-2-5
  • Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Umweltamt (Hrsg.): Stadtgewässer – Seen, Teiche, Tümpel. Darin: Kapitel Rohsee, S. 59. Frankfurt am Main, 2003
  • Umweltamt der Stadt Frankfurt am Main (Hrsg.): GrünGürtel-Freizeitkarte, 7. Auflage, 2011
  • Verschiedene Autoren: Natur vor der Haustür – Stadtnatur in Frankfurt am Main. Ergebnisse der Biotopkartierung. Kleine Senckenberg-Reihe 50, E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2009. ISBN 978-3-510-61393-9

Weblinks

 Commons: Rohsee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kleine Senckenberg-Reihe 50: Natur vor der Haustür. Darin: Kapitel Stillgewässer – Biotope aus Menschenhand, S. 79 f.: Rohsee
  2. a b Kleine Senckenberg-Reihe 50: Natur vor der Haustür. Darin: Kapitel Stillgewässer – Biotope aus Menschenhand, S. 139
  3. a b c Rohsee bei frankfurt.de (abgerufen am 4. Oktober 2011)
  4. a b Kleine Senckenberg-Reihe 50: Natur vor der Haustür. Darin: Kapitel Wald – Frankfurts schrumpfende Lunge, S. 112
  5. a b Umweltamt der Stadt Frankfurt: Stadtgewässer, S. 59: Rohsee
  6. a b Kossler: Wald im Süden Frankfurts, S. 60 ff.: Rohsee
  7. Wilhelm Kobelt, zitiert nach Gerd-Peter Kossler: Wald im Süden Frankfurts, S. 60
  8. a b Stadt Frankfurt am Main: GrünGürtel-Freizeitkarte.
50.0760758.550965

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