Russophilie

Russophilie

Russophilie (Wortbildung mit Suffix aus dem Altgriechischen φιλία philía „Freundschaft“, „Liebe“, „Zuneigung“) bezeichnet die Liebe von Nicht-Russen für alles Russische. Das kann die Mentalität der Russen sein, wie beispielsweise beim US-amerikanischen Autor Robert Alexander: „Ich liebe die Russen für ihre dramatisches, gefühlsbetontes Gemüt. Sie haben keine Angst, zu lieben, verletzt zu werden, zu übertreiben oder impulsiv zu handeln.“ ("I love Russians for their dramatic, emotional nature. They're not afraid to love, not afraid to get hurt, not afraid to exaggerate or act impulsively.")[1]

Auch das Land selbst, aber auch die russische Geschichte, russische Traditionen, die russische Sprache, die russische Küche, die russische Literatur etc. können Gegenstand der Russophilie sein. Das Antonym zur Russophilie ist die Russophobie, die Angst vor Russischem.

Inhaltsverzeichnis

Russophilie in Europa

Im Oktober 2004 verlautbarte die Gallup Organization die Ergebnisse ihrer internationalen Umfrage,[2], gemäß der ungefähr 20% der Bewohner Westeuropas Russland positiv sähen, mit der positivsten Sicht in Island, Griechenland, and Großbritannien. Die Prozentzahl der Befragten, die eine positive Einstellung gegenüber Russland haben, war 9% in Finnland, der Türkei und Japan, 38% in Litauen, 36% in Lettland, und 34% in Estland. Litauen, Estland und besonders Lettland haben einen großen Bevölkerungsanteil von ethnischen Russen, die wahrscheinlich das Ergebnis beeinflusst haben.

Russophilie in Serbien und Montenegro

Russland ist sehr beliebt in Serbien und Montenegro, und Serben habe immer die Russen als engen Verbündeten angesehen. Während bei den andere Nationen Osteuropas die Russen wegen ihres Einflusses über sie während des kalten Krieges unbeliebt sind, gab es in Serbien und Montenegro, die auch die orthodoxe Religion mit Russland teilen, keine sowjetische Okkupation und die Russen werden immer als freundliches brüderliches Volk gesehen. Über 53 % der Serben sehen Russland als ihren ersten Verbündeten in der internationalen Politik.

Russophilie in der Ukraine

In der Ukraine leben nach offiziellen Angaben mehr als 7.900.000 Russen – insgesamt also 17,3% der Gesamtbevölkerung, wobei diese Zahl aufgrund der Ehen von Ukrainern und Russen stark zurückgeht und die Kinder als ukrainisch angesehen werden. Die russische Sprache in der Ukraine ist hingegen weiter verbreitet und dominiert als Muttersprache im Osten und Süden des Landes, wird aber als Verkehrssprache angesehen. Laut zweier Studien ziehen etwa 53% der ukrainischen Gesamtbevölkerung und 81,5% der Bevölkerung im Süden und Osten der Ukraine die Kommunikation auf Russisch vor. Vor allem im überwiegend russischsprachigen, östlichen Teil der Ukraine möchten die russischen und ukrainischen Bürger eine russophile Haltung der Regierung gegenüber Russland sehen und träumen von einer engeren wirtschaftlichen Partnerschaft und einer nationalen Einheit.

Russophilie war vom 18. bis zum 20. Jahrhundert eine soziale, politische, sprachliche und literarische Bewegung in der westlichen ukrainischen auf dem Gebiete von Galizien, Transkarpatien und Bukowina. Die Ursachen für die Entstehung dieses Phänomenes waren der Verluste der ukrainischen Staatlichkeit durch die Einverleibung von Russland und die darauffolgenden Jahrhunderte der Fremdherrschaft sowie fragmentierte ukrainischen Territorien, die verstreut lebende Bevölkerung und der Verfall der ukrainischen Elite.

Als Galizien und Bukowina 1772 von Österreich-Ungarn annektiert wurden, behandelte die österreichische Regierung die ukrainische Bevölkerung mit Argwohn, und sie fürchteten den russische Einfluss aufgrund der Nähe der ukrainischen und russischen Sprachen und Kulturen. Das Misstrauen der Behörden wurde von einflussreichen polnischen Politiker und Aktivisten in dem Bemühen, das Wachstum des nationalen Bewusstseins auf Gebieten, in denen Polen traditionell Einfluss zuvorzukommen, verstärkt.

Jeder Einfluss der russischen Kultur und Russophilie wurde seitens der österreichischen Regierung mit Feindseligkeit entgegengenommen. Nach der Auflösung Österreich-Ungarns schwand auch der russische Einfluss, sodass mehr Wert auf Nationalität und Kultur gelegt wurde. So setzte M. Levytsky die Einführung ruthenischen Sprache in Grundschulen, in Grammatikbüchern und in Unterrichtseinheiten an Universitäten in ruthenischen durch.

Die Russophilie breite sich in Transkarpatien am Ende des 18. Anfang Jahrhundertes aus, als sich vermehrt russische Politiker und Adlige, die in Verbindungen mit der Regierung und den Hof des Zaren standen, dort niederließen. So auch berühmte Wissenschaftler und soziale Aktivisten, wie I. Orlai , M. Baludiansky und P. Lodiy, die eine enge Beziehungen zu dem Land unterhielten und damit das Interesse an Russland, seiner kulturelle Leben, Sprache und Literatur förderten.

Situation in Estland

In Estland gibt es eine große russische Minderheit von 25,7 %. Jedoch ist es trotz zahlreicher staatlicher Programme nicht gelungen, die in der Zeit der Sowjetunion zugewanderten oder gezielt angesiedelten Einwohner nichtestnischer Nationalität vollständig zu integrieren. Es gibt sogar Russen, die ihre Familiennamen geändert haben, in der Hoffnung, bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen. Im Durchschnitt verfügen die Esten im Vergleich zu der russischsprachigen Minderheit über ein höheres Einkommen. Esten sind vor allem in Leitungspositionen anzutreffen, Russen eher im Dienstleistungs- und Produktionsbereich.

Mittlerweile lassen sich zahlreiche Ausländer einbürgern. Das Einbürgerungsverfahren ist jedoch mit einem Sprachtest verbunden, den viele vor allem ältere Russen als unzumutbar und schwierig empfinden. Teilweise lehnen sie es aus Nationalstolz auch ab, Estnisch zu lernen. Jüngere Russen beherrschen vielfach Estnisch und tun sich mit den Aufnahmekriterien leichter. In letzter Zeit bringen Russen vermehrt ihre Kinder in die estnischen Kindergärten und Schulen, um ihnen eine bessere Integration zu ermöglichen.

Auf der anderen Seite sprechen die Esten wiederum immer weniger Russisch, was die Kommunikation mit den Geschäftspartnern aus Russland erschwert und den Russisch sprechenden Einwohnern bessere Berufsaussichten eröffnet.

Literatur

  • Peter Jahn: Russophilie und Konservatismus. Die russophile Literatur in der deutschen Öffentlichkeit 1831–1852. Klett-Cotta, Stuttgart 1980, ISBN 3-12-912170-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. An Interview with Robert Alexander
  2. Helsingin Sanomat, October 11, 2004, Internationale Umfrage: Antirussische Gefühle sind sehr stark in Finnland vertreten. Nur der Kosovo hat eine noch negativere Einstellung (International poll: Anti-Russian sentiment runs very strong in Finland. Only Kosovo has more negative attitude) englischsprachig

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