Römisches Bad (Wien)

Römisches Bad (Wien)
Römisches Bad: Laues und kaltes Bassin für Herren
Das Freischwimmbecken um 1900
Die beiden unteren Geschoße des langgestreckten Baus in der Holzhausergasse stammen noch vom Römischen Bad

Das Römische Bad war eine im Weltausstellungsjahr 1873 eröffnete und 1953[1] geschlossene private Badeanstalt in der Leopoldstadt, dem 2. Wiener Gemeindebezirk.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Römische Bad wurde von der eigens dazu gegründeten „Actien-Gesellschaft für Hotels und Bade-Anstalten“, an der Rudolf Ditmar von Hopfen, von Haber, Baron Johann Mayer, Dr. Mitscha und Dr. Johann Nepomuk von Heinrich (der eigentliche Gründer) beteiligt waren, nach Plänen der Architekten Heinrich Claus und Josef Groß unter Mitarbeit von Johann Nepomuk von Heinrich, errichtet. Es befand sich an der Ecke Kleine Stadtgutgasse 9 – an der auch der Eingang war – zur Holzhausergasse, also in unmittelbarer Nähe von Praterstern und Nordbahnhof, dem damals wichtigsten Bahnhof Wiens. Gleichfalls in der Leopoldstadt, fand im Eröffnungsjahr des Bades die Wiener Weltausstellung 1873 statt.

Zur künstlerischen Ausgestaltung des Bades wurden Künstler wie Franz Melnitzky (Figuren über dem Eingang) und Hans Canon (zwei Gemälde im Vorsaal des Herrenbades) gewonnen.

Kaiser Franz Joseph I. besichtigte das Bad am 12. August 1873 vor seiner Eröffnung; weitere prominente Gäste waren am 13. März 1877 Dom Pedro II., Kaiser von Brasilien, und am 13. Juli 1878 Naser ad-Din Schah, der Monarch von Persien.[2]

Das Römische Bad, kurz auch Römerbad genannt, war eine luxuriöse Badeanstalt für die gehobenen Schichten; Dampfbad und Heißluftbad waren 1873 die größten der Welt. Von der Stadtverwaltung betriebene Hallenbäder für die Allgemeinheit wurden erst fünfzig Jahre später errichtet (siehe: Amalienbad, Jörgerbad). Die Besucher des Römischen Bades verfügten zum beträchtlichen Teil über „Tagesfreizeit“ und waren zum Badbesuch nicht an die Abendstunden und den Sonntag gebunden.

Gerüchte über homosexuelle Umtriebe im Römischen Bad, an denen auch allerhöchste Prominenz nicht unbeteiligt gewesen sein soll, brachten dieses mehrfach in die Schlagzeilen und in Verruf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hier Razzien der Polizei gegen Schwarzmarkthändler durchgeführt, die in dem von Bombentreffern beschädigten Gebäude ihren Geschäften nachgingen. Die Instandsetzung und Weiterführung des Badebetriebes war angesichts der Konkurrenz der kommunalen Bäder und der veränderten Lebensgewohnheiten nicht mehr wirtschaftlich; außerdem lag das Bad im (bis 1955) sowjetisch besetzen Sektor Wiens.

Das Römische Bad wurde geschlossen, der Eingangsbereich an der Kleinen Stadtgutgasse einschließlich des Erdgeschoßes abgetragen und zu einem Bürogebäude für den Kunststoffproduzenten Heinrich Schmidberger Werke aufgestockt (auf dem Dach befand sich jahrzehntelang ein großes, beleuchtetes HSW-Logo). Der erhalten gebliebene Teil des Gebäudes an der Holzhausergasse 4–6 wurde als Lager genutzt und später um zwei Stockwerke für Büros und Werkstätten aufgestockt.

Beschreibung

Die zeitgenössische Presse lobte anlässlich der Eröffnung das im Renaissancestil erbaute Bad wegen seiner luxuriösen Ausstattung, die offenbar keine Wünsche offen ließ. Das Römische Bad stand Männern und Frauen gleichermaßen offen, allerdings streng nach Geschlechtern getrennt. Den Herren standen 400 Umkleidekabinen zur Verfügung, den Damen nur 200.

In dem für die Herren zugänglichen Teil des Bades führte der Weg von der Kassa im Vestibül durch das Herren-Entree zunächst in den Empfangssaal und von dort weiter zu den Umkleidekabinen und anschließend zum eigentlichen Eingang ins Bad, wo sich Retiraden befanden. Anschließend folgte der große Baderaum mit einem Marmorbassin (Wassertemperatur ungefähr 26 Grad Celsius), Duschen und einer von 24 Säulen getragenen Kuppel. Weiter ging es entweder zu römisch-türkischen oder russischen Schwitzstuben und danach zur Frottierkammer, wo die Körperreinigung durch Bedienstete erfolgte. Anschließend daran kam der Badegast in einen 30 x 6 Klafter großen Saal, dessen Decke von 28 Marmorsäulen getragen wurde, mit einem lauen und einem kalten Bassin und Duschen. Den Abschluss bildeten ein eigener Duschraum und die Abtrocknungsstube, von wo aus wieder die Kabinen erreicht wurden.

Einen ähnlichen Verlauf nahm der Badbesuch auch bei den Damen, allerdings in räumlich kleinerem Umfang. Zum Angebot gehörten neben verschiedenen Bädern auch Wasserkuren und elektrische Bäder zur Behandlung von Nervenleiden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Christine Klusacek/Kurt Stimmer: Leopoldstadt. Eine Insel mitten in der Stadt, Wien 1978, S. 209.
  2. Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien, Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 2004, ISBN 3-218-00748-8, S. 690

Weblinks zu zeitgenössischen Berichten (mit Abbildungen) anlässlich der Eröffnung

Literatur

  • Johann Nepomuk von Heinrich: Der Wegweiser im Herrenbad des Römischen Bades am Praterstern in Wien, Verlag der Actien-Gesellschaft für Hotels und Bade-Anstalten, Wien, 1873 (mit 1 Plan).
  • Ders.: Der Wegweiser im Damen- und Herrenbad des Römischen Bades am Praterstern in Wien, Verlag der Actien-Gesellschaft für Hotels und Bade-Anstalten, Wien, 1874 (mit 5 Plänen und Pressedokumentation).
  • Claudia Feichtenberger: Unsere Bäder – Von der Badestube zur Erlebniswelt – Wiener Bäderkultur einst und jetzt, Compress Verlag, Wien 1994, ISBN 3-900607-257
  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 690
  • Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien – ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte, LIT Verlag, Wien 2005, ISBN 3-8258-7754-x
48.21972222222216.388791666667

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