Salanoia durrelli

Salanoia durrelli
Salanoia durrelli
Systematik
Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
Überfamilie: Katzenartige (Feloidea)
Familie: Madagassische Raubtiere (Eupleridae)
Unterfamilie: Madagaskar-Mangusten (Galidiinae)
Gattung: Salanoia
Art: Salanoia durrelli
Wissenschaftlicher Name
Salanoia durrelli
Durbin et al., 2010

Salanoia durrelli ist eine Raubtierart aus der Familie der Madagassischen Raubtiere (Eupleridae). Gemeinsam mit dem Schlichtmungo (S. concolor) bildet sie die Gattung Salanoia. Die beiden Arten sind sich genetisch sehr ähnlich, unterscheiden sich jedoch morphologisch so stark, dass sie als eigene Arten beschrieben wurden. S. durrelli wurde 2004 entdeckt und 2010 als erste neue Raubtierart seit 24 Jahren wissenschaftlich beschrieben.[1] Ihr Verbreitungsgebiet beschränkt sich auf das Gebiet am Lac Alaotra im nord-östlichen Madagaskar.

Salanoia durrelli ist ein kleines Raubtier, das sich u. a. durch breite Füße mit auffallend großen Ballen, die rötlich-gelbe Unterseite sowie breite, kräftige Zähne vom Schlichtmungo unterscheidet. Das Gewicht zweier gewogener Individuen lag bei 600 g und 675 g. Es handelt sich um einen Sumpfbewohner, der sich wahrscheinlich von Krebstieren und Weichtieren ernährt. Das Gebiet des Lac Alaotra ist ein gefährdetes Habitat und entsprechend ist es möglich, dass S. durrelli aufgrund der Lebensraumzerstörung sowie aufgrund der Konkurrenz mit eingeführten Arten (Schleichkatzen, Ratten etc.) gefährdet ist.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Salanoia durrelli ähnelt in seiner Erscheinung sehr stark seinem nächsten Verwandten, dem Schlichtmungo.[2] Es handelt sich entsprechend um ein kleines, schlankes mangustenähnliches Raubtier.[3] Die Art ist rotbraun gefärbt und dabei blasser als der Schlichtmungo.[4] Der Kopf und der Nacken sind gesprenkelt.[5] Die Unterseite ist rötlich-gelb, nicht braun wie beim Schlichtmungo.[4] Der größte Teil des Schwanzes entspricht der Körperfarbe, die Spitze ist jedoch gelblich-braun. Die Innenseite des stark-befellten Ohres ist rötlich-gelbbraun. Die breiten Füße sind auf der Unterseite nackt, wobei die Haut an den Vorderfüßen rötlich-gelbbraun und an den Hinterfüßen dunkelbraun ist. Sie haben sehr ausgeprägte Ballen. Jeder der Zehen der Vorder- und Hinterfüße trägt eine lange, dunkelbraune Kralle und entlang der Außenseite der Füße haben sie eine Reihe borstiger Fühlhaare.[5] Der Schlichtmungo hat demgegenüber schmalere Füße und weniger prominente Ballen.[4] Das Fell ist lang und weich.[5]

Der Holotyp, ein Weibchen, hat eine Kopf-Rumpf-Länge von 310 mm, die Schwanzlänge beträgt 210 mm. Die Länge des Hinterfußes ist 66,8 mm und die Ohrlänge 17,5 mm. Das Körpergewicht beträgt 675 g. Bei einem anderen, wieder freigelassenen Individuum betrug die Kopf-Rumpf-Länge etwa 330 mm, die Schwanzlänge 175 mm und das Körpergewicht etwa 600 g.[5] Diesen Daten entsprechend ist S. durrelli wahrscheinlich etwas kleiner als der Schlichtmungo.[4]

Der Schädel stimmt im Wesentlichen mit dem des Schlichtmungos überein, die Schnauze ist jedoch breiter ausgebildet. Das Nasenbein ist breit und kurz, der knöcherne Gaumen ist ebenfalls breit. Die Mandibula ist kräftig und weist einen hohen Coronoid-Fortsatz auf. Vergleichende Messungen des Schädels zeigen deutliche Unterschiede zum Schlichtmungo.[6]

Salanoia durrelli hat eine kräftigere Bezahnung als der Schlichtmungo und die Zähne sind breiter mit größeren Oberflächen.[4] Der erste und der zweite obere Schneidezahn sind kleiner als der dritte, der von den Eckzähnen durch eine deutliche Lücke getrennt ist.[7] Der raubtiertypische Eckzahn ist größer und kräftiger als der des Schlichtmungos. Der erste Prämolar ist klein, die beiden folgenden deutlich größer – beide sind kürzer und breiter als beim Schlichtmungo.[8] Der vierte Prämolar ist ebenso groß wie der erste Backenzahn.[7] Der zweite obere Backenzahn ist in seiner Größer kleiner als 1/3 des ersten Backenzahns und ist stärker zurückgebildet als beim Schlichtmungo, der etwa 2/3 des ersten Backenzahns ausmacht.[8] Der erste untere Schneidezahn ist deutlich kleiner als die anderen beiden. Der Eckzahn, die Prämolaren und der erste Backenzahn sind gut ausgebildet, der zweite Backenzahn ist breit,[7] jedoch schmaler als der des Schlichtmungos.[8]

Verbreitung, Lebensraum und Lebensweise

Verbreitungsgebiet von Salanoia durrelli

Salanoia durrelli wurde bei Andreba, einer Sumpfregion in 750 m NN Höhe am östlichen Ufer des Lac Alaotra nachgewiesen.[5] Die nächsten Nachweise des verwandten Schlichtmungos liegen etwa 55 km entfernt vom Alaotra-Gebiet. Das erste beobachtete Individuum wurde schwimmend gesichtet und war wahrscheinlich auf der Flucht vor den Wissenschaftlern am Ufer. Die beiden für die Erstbeschreibung verwendeten Individuen wurden auf einer treibenden Pflanzenmatte gefangen.

S. durrelli lebt entsprechend in einem sumpfigen Habitat, wodurch es sich von dem waldbewohnenden Schlichtmungo unterscheidet. Er hat eine robustere Bezahnung als der weitgehend insektenfressende Schlichtmungo und ernährt sich wahrscheinlich von hartschaligeren Beutetieren wie Krebsen und Mollusken sowie von kleinen Wirbeltieren. Gefangen wurden die Tiere mit Fallen, die mit Fisch und Fleisch als Köder bestückt waren. Die Art ähnelt in verschiedener Hinsicht der auf dem afrikanischen Kontinent lebenden und etwas größeren Sumpfmanguste (Atilax paludinosus), einem fleischfressenden Sumpfland-Bewohner, der ebenfalls schwimmende Vegetationsmatten nutzt.[9]

Systematik

Der Schlichtmungo (S. concolor) ist der nächste Verwandte von S. durrelli[10]

Ein einzelnes Individuum von Salanoia durrelli wurde 2004 erstmalig während einer Bestandserfassung von Bambuslemuren (Gattung Hapalemur) im Umland des Lac Alaotra durch den Durrell Wildlife Conservation Trust (DWCT) schwimmend beobachtet. Das Tier wurde gefangen, fotografiert und anschließend wieder freigelassen; die Begutachtung der Fotos zeigte jedoch, dass das Tier keiner der bekannten madagassischen Raubtiere zugeordnet werden konnte. 2005 wurden zwei weitere Individuen der Art vom DWCT eingefangen, von denen eines zum Abgleich morphologischer Daten getötet wurde.[2] 2010 erfolgte die Erstbeschreibung durch die Konservatorin Joanna Durbin und ein Team der Climate, Community & Biodiversity Alliance, Nature Heritage, des Natural History Museum, Conservation International und des DWCT.[11] Der Artname durrelli ehrt Gerald Durrell, einen bekannten Konservator, Autor und Gründer des DWCT.[5] Bereits im Vorfeld waren Berichte über ein kleines Raubtier im Bereich des Lac Alaotra durch die örtliche Bevölkerung bekannt, es wurde jedoch angenommen, dass es sich um den Schlichtmungo handele.[12]

Salanoia durrelli wurde in die bis dahin monotypische Gattung Salanoia gestellt, die bislang nur den Schlichtmungo (S. concolor) aus dem östlichen Madagaskar enthielt. S. durrelli weist deutliche morphologische Unterschiede gegenüber dem Schlichtmungo auf, die mitochondriale DNA beider Arten ist jedoch sehr ähnlich.[13] Die Entdecker und Beschreiber entschieden sich aufgrund der signifikanten morphologischen Unterschiede für die Neubeschreibung einer eigenen Art. Diese Unterschiede werden als potenzielle Anpassung an die Lebensweise im Sumpfbereich des Lac Alaotra interpretiert, ebenso wie dies bei dem Bambuslemur Hapalemur alaotrensis der Fall ist, der sich morphologisch von dem weiter verbreiteten Hapalemur griseus stark unterscheidet, während auch hier der genetische Unterschied gering ist.[14]

Gefährdung

Die Sumpfregion des Lac Alaotra ist durch die Umweltverschmutzung, Lebensraumzerstörung für die Nutzung durch Reisfelder, Überfischung sowie die Etablierung eingeschleppter Arten (Neozoen) wie exotischer Fische, der Hausratte (Rattus rattus) und der Kleinen Indischen Zibetkatze (Viverricula indica), einem kleinen Raubtier, stark gefährdet.[15] Der Delacour-Zwergtaucher (Tachybaptus rufolavatus), eine Vogelart, deren Verbreitungsgebiet sich auf diese Region beschränkte, wurde 2010 für ausgestorben erklärt[16] und die Population der Bambuslemuren fiel innerhalb von fünf Jahren um etwa 30 % bis 2001. Als Art mit einem sehr eng begrenzten Lebensraum, der gefährdet ist, und in Konkurrenz zu mehreren eingeführten Arten, ist die Population dieser Art wahrscheinlich ebenfalls stark gefährdet, eine Erfassung hat jedoch noch nicht stattgefunden.

Der DWCT arbeitet am Schutz und der Erhaltung des Gebiets um den Lac Alaotra und die Region wurde als Schutzgebiet vorgeschlagen.[15]

Belege

  1. Artenvielfalt: Raubtierart auf Madagaskar entdeckt. Die Zeit, 12. Oktober 2010.
  2. a b Durbin et al., 2010, S. 342
  3. Garbutt, 2007, S. 219
  4. a b c d e Durbin et al., 2010, S. 348
  5. a b c d e f Durbin et al., 2010, S. 346
  6. Durbin et al., 2010, S. 344
  7. a b c Durbin et al., 2010, S. 347
  8. a b c Durbin et al., 2010, S. 349
  9. Durbin et al., 2010, S. 350
  10. aus Geoffroy Saint-Hilaire, I. 1839. Notice sur deux nouveaux genres de mammifères carnassiers, les Ichneumies, du continent African, et les Galidies, de Madagascar. Magasin de Zoologie (2)1:1–39.; cf. * Garbutt, N. 2007. Mammals of Madagascar: A Complete Guide. A & C Black; , S. 219–220. ISBN 978-0-7136-7043-1
  11. Durbin et al., 2010, S. 341
  12. Garbutt, 1999, S. 140
  13. Durbin et al., 2010, S. 345–346
  14. Durbin et al., 2010, S. 351–352
  15. a b Durbin et al., 2010, S. 352
  16. BirdLife International: Species factsheet: Tachybaptus rufolavatus. BirdLife International website. Downloaded on August 3, 2010.

Literatur


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