Sozialraumorientierung

Sozialraumorientierung

Sozialraumorientierung ist die Bezeichnung für einer konzeptionellen Ausrichtung Sozialer Arbeit, bei der es nicht (wie traditionell) darum geht, Einzelpersonen mit pädagogischen Maßnahmen zu verändern, sondern Lebenswelten so zu gestalten und Verhältnisse zu schaffen, die es Menschen ermöglichen, besser in schwierigen Lebenslagen zurechtzukommen. [1] Im behördlichen Sinne meint Sozialraumorientierung eine von Verwaltung und Politik definierte Raumeinteilung in Stadtteile oder Regionen, die häufig mit der Implementierung von Sozialraumbudgets verbunden wird.

Inhaltsverzeichnis

Sozialarbeitswissenschaftliche Grundlagen

Sozialraumorientierte Sozialarbeit ist eine Weiterentwicklung der Gemeinwesenarbeit, deren Grundmotiv darin besteht, dass die Ursachen von Armut und sozialer Ungerechtigkeit nur gemeinsam mit den Betroffenen bekämpft werden können. Außerdem knüpft das sozialraumorientierte Handlungskonzept an die von Hans Thiersch geprägte Lebensweltorientierung an, wonach auf klassische Einzelfallhilfe ((Anamnese - Diagnose - Therapie) verzichtet wird. Zudem wird auf Sozialkapitalkonzepte von Pierre Bourdieu, James S. Coleman und Robert D. Putnam zurückgegriffen, wie auch auf die Bourdieu'sche Vorstellung des Sozialen Raumes und sozialökologische Erkenntnisse der frühen Chicagoer Schule. Sozialraumorientierung ist somit auch als Ent-Pädagogisierung und Ent-Therapeutisierung Sozialer Arbeit zu verstehen.[2]

Prinzipien sozialraumorientierter Arbeit

Laut Wolfgang Hinte ist sozialraumorientierte Soziale Arbeit keine neue Theorie, "sondern eine unter Nutzung und Weiterentwicklung verschiedener theoretischer und methodischer Blickrichtungen entwickelte Perspektive, die als konzeptioneller Hintergrund (Fachkonzept) für das Handeln in zahlreichen Feldern sozialer Arbeit dient."[3] Sozialraumorientierung ist[4] fünf Prinzipien verpflichtet: Orientierung am Willen der Menschen[5], Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe, Konzentration auf die Ressourcen (der Menschen und des Sozialraumes), zielgruppen- und bereichübergreifende Sichtweise sowie Kooperation und Koordination.

Den "inneren Kern" des Handlungskonzeptes Sozalraumorientierung bildet der konsequente Bezug auf die Interessen und den Willen der Menschen[6], "dem Aspekte wie der geografische Bezug, die Ressourcenorientierung, die Suche nach Selbsthilfekräften und der über den Fall hinausreichende Feldblick logisch folgen."[7]

Sozialraumorientierte Soziale Arbeit ist somit ein "hochgradig personenbezogenes" Konzept, sowie gleichzeitig eines mit sozialökologischen und auf die Veränderung von Verhältnissen angelegten Zielen. Damit kommt es zur Integration von zwei elementaren Handlungsanstätzen der Sozialen Arbeit.[8]

siehe auch

Jugendhilfestation

Literatur

  • Roland Merten (Hrsg.): Sozialraumorientierung. Zwischen fachlicher und rechtlicher Machbarkeit, Weinheim ; München: Juventa-Verlag, 2002, ISBN 3-7799-1097-7
  • Wolfgang Budde (Hrsg.): Sozialraumorientierung. Wege zu einer veränderten Praxis, Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwiss., 2006, ISBN 978-3-531-15090-1
  • Wolfgang Hinte und Helga Treeß: Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe. Theoretische Grundlagen, Handlungsprinzipien und Praxisbeispiele einer kooperativ-integrativen Pädagogik, Weinheim; München: 2007, ISBN 3-7799-1776-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Wolfgang Budde und Frank Früchtel: Sozialraumorientierung
  2. Vgl. Wolfgang Hinte, Vortrag über Sozialraumorientierung in Nordfriesland
  3. Wolfgang Hinte: Sozialraumorientierung: ein Fachkonzept für Soziale Arbeit, S. 13.
  4. so Hinte, a.a.O.
  5. Der von Wünschen beziehungsweise wissenschaftlich definierten Bedarfen abzugrenzen ist, Vgl. Wolfgang Budde und Frank Früchtel: Sozialraumorientierung
  6. Vgl. Hinte, "Eigensinn und Lebensraum - zum Stand der Diskussion um das Fachkonzept 'Sozialraumorientierung'", in: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete (VHN), 1/2009, 78. Jg,, S. 20-33, hier S. 24.
  7. Hinte, a.a.O.
  8. Vgl. Hinte, a.a.O.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wolfgang Hinte — 2009 Wolfgang Hinte (* 18. Mai 1952 in Oberhausen) ist Sozialarbeitswissenschaftler und Vater des Konzepts Sozialraumorientierung.[1] Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Mobile Jugendarbeit — ist ein anwaltschaftliches (parteiisches), lebenswelt und adressatenorientiertes Arbeitsfeld der Jugendhilfe, das unterschiedliche Handlungsansätze und prinzipien der Sozialarbeit in einem sozialpädagogischen Handlungskonzept vereint; nämlich:… …   Deutsch Wikipedia

  • Dipl.-Soz.arb. (FH) — Soziale Arbeit dient seit den 1990er Jahren als Ober und Sammelbegriff der traditionellen Fachrichtungen Sozialpädagogik und Sozialarbeit. In der Schweiz umfasst der Begriff zusätzlich die Fachrichtung Soziokulturelle Animation. Seit 2001 ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Dipl.-Sozialpäd. — Soziale Arbeit dient seit den 1990er Jahren als Ober und Sammelbegriff der traditionellen Fachrichtungen Sozialpädagogik und Sozialarbeit. In der Schweiz umfasst der Begriff zusätzlich die Fachrichtung Soziokulturelle Animation. Seit 2001 ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Dipl.-Sozialpäd. (FH) — Soziale Arbeit dient seit den 1990er Jahren als Ober und Sammelbegriff der traditionellen Fachrichtungen Sozialpädagogik und Sozialarbeit. In der Schweiz umfasst der Begriff zusätzlich die Fachrichtung Soziokulturelle Animation. Seit 2001 ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Dipl. Sozialarbeiter — Soziale Arbeit dient seit den 1990er Jahren als Ober und Sammelbegriff der traditionellen Fachrichtungen Sozialpädagogik und Sozialarbeit. In der Schweiz umfasst der Begriff zusätzlich die Fachrichtung Soziokulturelle Animation. Seit 2001 ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Dipl. Sozialpädagoge — Soziale Arbeit dient seit den 1990er Jahren als Ober und Sammelbegriff der traditionellen Fachrichtungen Sozialpädagogik und Sozialarbeit. In der Schweiz umfasst der Begriff zusätzlich die Fachrichtung Soziokulturelle Animation. Seit 2001 ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Duisburg-Homberg — Homberg ist ein linksrheinischer Stadtteil von Duisburg. Im Stadtteil leben ca.31.000 Einwohner auf einer Fläche von 7,14 km² (Stand: 31. Dezember 2006). Homberg ist das Zentrum des Duisburger Stadtbezirks Homberg/Ruhrort/Baerl. Zum Stadtbezirk… …   Deutsch Wikipedia

  • Fürsorgerin — Soziale Arbeit dient seit den 1990er Jahren als Ober und Sammelbegriff der traditionellen Fachrichtungen Sozialpädagogik und Sozialarbeit. In der Schweiz umfasst der Begriff zusätzlich die Fachrichtung Soziokulturelle Animation. Seit 2001 ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Homberg (Duisburg) — Alt Homberg Stadtteil von Duisburg …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”