Christine Dimt

Christine Dimt

Christine Busta, verh. Christine Dimt (* 23. April 1915 in Wien; † 3. Dezember 1987 ebenda) war eine österreichische Lyrikerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sie wurde mitten in den Nöten des Ersten Weltkriegs geboren als uneheliches Kind einer jungen alleinstehenden Mutter ohne erlernten Beruf. Früh machte sie die Erfahrungen eines harten Existenzkampfes und des Einsamseins in der kärglichen Wohnung. Franz Peter Künzel, der ihr persönlich nahestand, berichtet: „Ihre Erinnerung an Kindheit und Jugend ist Erinnerung an peinigende, peinliche Kargheit.“ Diese Erfahrungen spiegeln sich im herben Grundton ihrer Lyrik, aber auch in ihrem Mitgefühl für die Bedürftigen, Geschlagenen und Ausgeschlossenen. Peter Scheiner berichtet uns von zwei grünen Bettdecken, die Busta in ihrer Kindheit liebte und die ihrer Phantasie als Ersatz für die Wiesen dienten, die sie nicht betreten konnte. Das magische Grün dieser Decken findet sich in ihrer Lyrik wieder als ein unermüdliches Dennoch wider Angst, Gewalt und Zerstörung.

1929, in ihrem 14. Lebensjahr, wurde ihre Mutter arbeitslos. Sie musste von nun an den Lebensunterhalt auf allerlei Arten selbst verdienen. 1933 maturierte sie und belegte an der Wiener Universität einige Semester Anglistik und Germanistik. Ein Nervenzusammenbruch zwang sie, das Studium abzubrechen. 1940 heiratete sie den Musiker Maximilian Dimt, der 1942 einrücken musste und seit 1944 vermisst ist – schmerzliches Ende von Bustas einziger Ehe. Nach dem Krieg arbeitete sie als Dolmetscherin und Leiterin eines Hotels für englische Besatzungsmitglieder.

Endlich, ab 1950, fand sie berufliche Heimat als Bibliothekarin der Wiener Städtischen Büchereien. Im selben Jahr erschien ihr erster Gedichtband „Jahr um Jahr“. Kurz darauf (1953) lernte sie Franz Peter Künzel kennen, den Mann, der als Übersetzer arbeitete und dem sie später als „anderem Hieronymus“ ihre Liebesgedichte „Inmitten aller Vergänglichkeit“ widmete. Sie versorgte weiterhin ihre Mutter, bis diese am 23. März 1974 starb (vgl. das Gedicht „Meiner Mutter“ im Band „Salzgärten“). 1983 ging Busta in Pension. Es entstanden letzte Gedichte, die im Band „Der Himmel im Kastanienbaum“ gesammelt sind. Sie starb am 3. Dezember 1987 in Wien und wurde in einem ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem Ottakringer Friedhof (Gruppe 3 A, Reihe 4, Nummer 39) beigesetzt.

Künstlerisches Schaffen

Die beiden hervorstechendsten Kennzeichen der Lyrik Christine Bustas mögen zwei Zitate verdeutlichen, die Andere, kommentierend, ihren Gedichtbänden hinzugefügt haben.

Franz Peter Künzel: „Zentralwort für Leben und Werk war ihr Liebe. Die Liebe schlechthin. Wenige Lyriker haben sie mit solchem Facettenreichtum dargetan und mit solchem Metaphernreichtum ausgeschmückt wie die Verfasserin der nachfolgenden Seiten.“ (Der Himmel im Kastanienbaum, S. 35)

Ignaz Zangerle: „Sie ist ergriffen von der Sakralität, die dem Dasein als solchem schon innewohnt. […] Christine Busta bleibt mütterlich hinabgebeugt, fühlt sich kindertraulich hineingeholt in die Welt der Kinder, der Mütter und der kleinen Leute, in die Welt der Tiere, Pflanzen und Steine, der Wolken, Winde und Wasser.“ (Der Regenbaum, S. 134)

Sie stellt sich in die lange Tradition christlicher Überlieferung, bekennt sich unablässig zu ihr, bezieht Themen und Bilder aus dem Evangelium. Dort findet sie den, der die Leiden aller Geschlagenen kennt, weil er sie selbst getragen hat: Christus, den Gekreuzigten. In ihren Gebeten, von denen ihr Gesamtwerk nicht wenige enthält, ruft sie Gott an, den sie als gnadenvollen Beschützer und Tröster, aber auch als unerbittlichen Richter und strengen Gesetzgeber, als rätselhaft und dunkel erfährt.

Daneben fühlt sie sich auch in die „heidnische“ Welt der griechischen Mythen ein, schreibt Gedichte über Orpheus, Odysseus, Elektra und Antigone. In einem Brief an ihren Verleger heißt es: „ […] um der Wahrheit willen muß ich gestehen, daß ich nicht nur ein wirklicher Christ sein möchte, sondern mit einem Teil meines Wesens immer auch ein frommer Heide bleibe […]“ (Der Regenbaum, S. 134) Welche Dichter haben sie besonders beeinflusst? Gestalten aus den Dramen Shakespeares finden sich in ihren Gedichten, zum Beispiel Cordelia aus „König Lear“. In einem Gedicht kurz vor ihrem Tod bekennt sie sich zu Rainer Maria Rilke. Weiteren Aufschluss über ihre literarischen Vorbilder gibt das Gedicht „Über einem Atlas“ (Der Atem das Wortes, S. 50), in dem sie u. a. auch Georg Trakl erwähnt.

Wer die Entwicklung ihres lyrischen Stils chronologisch betrachtet, entdeckt einen fortgesetzten Wandel von melodiösem Ton, Reim und Metrum hin zu freieren, aphoristischeren Formen. Dennoch sind alle Themen ihres Werkes bereits im Band „Der Regenbaum“ enthalten, ebenso wie viele der immer wiederkehrenden Bilder, die sich durch ihr ganzes Werk ziehen: Bienen, Schnee, Mohn, Bäume, die Hündlein, das Brot, die Sterne, die Sonnenblume und vieles andere.

Kritiker warfen ihr zu Lebzeiten vor, sie rede einer „heilen Welt“ das Wort. Dieses Urteil kann nur fällen, wer ihr Werk nur sehr oberflächlich kennt. Statt es umständlich zu widerlegen, sei lieber auf ein Gedicht aus dem Band „Der Himmel im Kastanienbaum“ verwiesen, in dem sie selber darauf antwortet („Erklärung gegen ein Missverständnis“, S. 19).

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

Lyrik

  • Jahr um Jahr, 1950
  • Der Regenbaum, 1951
  • Lampe und Delphin, 1955
  • Die Scheune der Vögel, 1958
  • Das andere Schaf, 1959
  • Unterwegs zu älteren Feuern, 1965
  • Salzgärten, 1975
  • Wenn du das Wappen der Liebe malst, 1981
  • Inmitten aller Vergänglichkeit, 1985
  • Der Himmel im Kastanienbaum, 1989 (postum hrsg. v. Franz Peter Künzel)
  • Der Atem des Wortes, 1995 (postum hrsg. v. Anton Gruber)
  • Einsilbig ist die Sprache der Nacht (Ausgewählte Gedichte mit CD), 2000 (postum hrsg. v. Anton Gruber)

Kinderbücher

  • Die Sternenmühle, 1959
  • Die Zauberin Frau Zappelzeh, 1979

Prosa

  • Bethlehemitische Legende, 1954
  • Der Regenengel (Legenden), 1988

Literatur

  • Christine Busta (1915–1987). Ausstellung zum 75. Geburtstag. 3.-27. April 1990, Österreichische Nationalbibliothek, Foyer des Hauptlesesaals. Wien 1990.
  • Yon-Suk Chae: Untersuchung zur Lyrik Christine Bustas. Wien: Univ. Diss. 1991.
  • Ilona Hatzenbichler: Motive und Themen in der Lyrik Christine Bustas. Graz: Univ. Diss. 1979.
  • Petra Renn: Christine Busta. Zur Entwicklung der poetischen Sprechweise und Gedichtauffassung. Wien: Univ. Dipl.-Arb. 2002.
  • Helga Elisabeth Türtscher: Sehnsucht nach Barmherzigkeit. Lebensgeschichte und theologisches Denken von Christine Busta. Innsbruck: Univ. Dipl.-Arb. 2003.
  • Wolfgang Wiesmüller: Christine Busta. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Hg. von Heinz Ludwig Arnold. 74. Nachlieferung. München: text+kritik 2003.
    • Ders. (1989): Das Gedicht als Predigt. Produktions- und rezeptionsästhetische Aspekte biblischer Motivik in Gedichten von Christine Busta. In: Sprachkunst 20. 2. Halbbd. S. 199–226.
    • Ders. (1991): Christine Busta im Briefwechsel mit Ludwig Ficker. Mit einem Verzeichnis der Gedichtmanuskripte Bustas im „Brenner-Archiv“. In: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 10. S. 39–71.
  • Hilde Domin (Hrsg.): Doppelinterpretationen. Das zeitgenössische Gedicht zwischen Autor und Leser. 2. Aufl. Frankfurt a. M. / Bonn: Athenäum 1966. S. 113–119. [Interpretation von Bustas Gedicht „In der Morgendämmerung“]

Weblinks


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