Uwe Knietsch

Uwe Knietsch

Uwe Knietsch (* 1965 in Wiesbaden) ist ein deutscher Aktionskünstler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Begründer der ‚positivistischen Guerillataktik‘ fiel während seiner Schulzeit bereits durch Aktionen auf, die über freie Kunstprojekte und die ‚illegale‘ Belegung von Studiengängen der Philosophie, Politologie, Geschichte und Kunst, nach einer Ausbildung zur Dialogregie zu den ersten öffentlich beachteten Arbeiten führten. Er lebt seit 1974 in München.

Werke und Aktionen

  • Das Buch, das nie geschrieben wurde (1987) Neuauflage 2009, ISBN: 978-3-9813001-1-6. – ein Buch mit leeren Seiten, zunächst als Einzelkunstwerk geschaffen, fand es zuletzt 2009 mit einem Vorwort und einer Einleitung versehen, den Weg in den regulären Handel.

Die erste Fassung dieses Buchs ist manchmal noch auf Ausstellungen zu sehen, wogegen die Zweitausgabe 1987 im Rahmen einer öffentlichen Hinrichtung auf dem Königsplatz in München standrechtlich erschossen wurde. Uwe Knietsch bezog sich mit dieser Aktion auf die ungezählten Vernichtungen von Büchern, Aufzeichnungen und Geschichten, die sich durch die gesamte Geschichte der Menschheit ziehen und schloss alle Werke mit ein, die nie entstehen konnten. Auch verfälschte Werke gehören zu den symbolisch negierten Büchern, wie auch zensierte Texte, Bild-, Ton-, Datendokumente und Kommentare. 2008 folgte bisher die letzte Hinrichtung einer Ausgabe des Buches im Rahmen der Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag der Bücherverbrennungen durch die Nazis, als Vorspiel zu einer Reminiszenz des Künstlers an Ray BradburysFahrenheit 451“ ebenfalls in München, durch die Erschießung mit einem M16-Sturmgewehr. Die dritte Phase der Kunstaktion war die Herausgabe des Buches als "Popularauflage", wie Uwe Knietsch es nennt, um es als realen Platzhalter für all die symbolisch vertretenen Werke und als stetige Erinnerung in jedem Bücherregal vorzuhalten. Der Künstler selbst versteht sich eher als Herausgeber oder „executive producer“ denn als Auor.

  • Geldsäcke (2007). Schaufensterpuppen in Geldsäcke gekleidet, die, als Ausstellungsbesucher getarnt, als 'echte Geldsäcke' entscheiden, was gefragt ist. „Dies führt durch das damit untrennbar verbundene Medieninteresse zur wiederholten Multiplizierung der Darstellung in der Öffentlichkeit bis hin zur quälenden Penetration und trägt so multiplizierend zur stetig wachsenden immer einheitlicher wirkenden Bilderflut bei.“ (Künstler) Die vierte Installation ist seit 2007 der öffentlichen Verwitterung/Verrottung preisgegeben.
  • Faltbildautomat und Dosenkunst – Aufstellung von Kunstautomaten erstmals 1994, in denen in der Form normierte und individuelle Einzelkunstwerke/signierte Unikate zum Kauf von erstmals 2,– DM bis zuletzt für 4,– € angeboten wurden. Das Material und die Herstellung der Kunstwerke überstiegen jedoch die Abgabepreise erheblich, so dass der Kommentar zum Kunstkomerz zum Kultobjekt selbst wurde.
  • Abwrackprämie für Kunst (Feb. bis Sept. 2009). Kunstwerke konnten gegen Verrechnung einer vorher auf ein zu erwerbendes neues Kunstwerk +100% aufgeschlagenen Summe einer Abwrackprämie in Zahlung gegeben werden.
  • combat-Bepflanzung – Kahle Aufzugschächte und Wände wurden nachts in Großstädten in Guerillataktik von 1979 bis 1980 und 1984 bis 1987 mit wildem Efeu und Wein bepflanzt.
  • Kunstfreier Raum seit 2005 – In der Installation „Kunstfreier Raum“ zählt nur das, was man fühlt, riecht, sieht, schmeckt, hört, erwägt ... „Kunstfreier Raum lässt Dinge und Vorgänge wieder das sein, was sie im Ursprung waren und für immer sein werden!“ Ein gesungene Arie ist nur ein akustisches Ereignis, ein wertvolles Gemälde ist nur ein mit farbigen Substanzen beflecktes Tuch auf alten Holzlatten, ein Film ist nur eine Aneinanderreihung von Einzelbildern, deren Zwischenräume interessanter sein können als ...
  • Video – ich sehe Thema Gewalt – Lockschuppen Rosenheim 1993 – Raumfüllende Installation, die mit ihren optischen und akustischen Effekten die Betrachterinnen und Betrachter so einbezog, dass fast alle Besucherinnen und Besucher davon überzeugt waren, im Kontakt mit der Installation von einem Blitz getroffen worden zu sein.

Arbeitsfelder

Mit der Fotografie begann er bereits 1978 durch die Natur zurückeroberte Architektur festzuhalten. Diese Eindrücke führten in der Folge zu einer Reihe unerlaubter, wilder Bepflanzungsaktionen hoher Aufzugschächte in München, die er mit einigen dann zugestoßenen Graffitykünstlern bis weit in die 80er Jahre fortsetzte, die er zunächst noch nicht als künstlerische Aktionen verstand. Mit seinen Zeichnungen, Aquarellen, Öl- und Acrylbildern begann er 1981 neben Portraits auch die ersten Kunstaktionen planerisch festzuhalten. Mit den Skizzen und dem Drehbuch zu seinem ersten Kurzfilm „Somewhere New“ (1986) entstand der planerische Entwurf in einer Nachtaktion einen mit einer sechs Meter großen in volle Blüte stehende Weide bepflanzten Porsche auf einem exponierten Platz in München, der ihn durch seine Tristesse quälte, bis zu den Türen einzugraben. Diese Aktion führte er trotz abgeschlossener Vorbereitungen jedoch nicht aus, da sich kurz vor der Umsetzung eine Interessengruppe gründete, die sich mit der Stadt ins Benehmen setzte, den Platz parkähnlich umzugestalten. Im Rahmen der Umwidmung des bepflanzen Sportwagens, entstand der Begriff der „positivistischen Geuerillataktik“, mit der Knietschs Aktionen beschrieben werden. Was heute schlicht „Kunst in öffentlichen Raum“ heißt, war bei Knietsch „die Überraschung aus dem öffentlichen Raum“. Sowohl bei seinen Kunstautomaten (z.B. Faltbildautomat), als auch bei seinen Musikvideos mit der er 1985 begann (von „King of Reggae“ bis „shakira’s dance”), setzte sich dieses Profil durch. Neben eher handwerklichen Arbeiten wie die graphische Gestaltung von Plakaten und Titelseiten sowie Buchillustrationen (z.B. „Das Yoga Jahr“ 2006), setzt er auch bei seinen jüngeren Arbeiten wie die „Geldsäcke“ und „Der Kunstfreie Raum“ immer wieder neue Akzente mit der „Begegnung in der Realität mit der Wirklichkeit“, die er 1992 bei einer Ausstellungseröffnung (Thema Medienflut) zum ersten Mal proklamierte (SZ/Ebersberger Zeitung vom 13.November 1993).

Ausstellungen

  • Galerie am Gärtnerplatz/München 1991 – Werkschau
  • Dauerausstellung: „Galerie unArt“ 1991–1993 in Baldham/Vaterstetten bei München
  • Lockschuppen Rosenheim 1993 – Rauminstallation
  • Kulturzentrum Messestadt München 2007 – Bilder, Fotos, Computergrafiken, Skulpturen und Installationen (1984 bis 2007)

Weblinks


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