Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Der dystopische Roman Fahrenheit 451 von Ray Bradbury erschien erstmals 1953 im Verlag Ballantine Books (heute Random House) und wurde seitdem in zahlreiche Sprachen übersetzt. Er basiert auf der Kurzgeschichte The Fire Man von Bradbury, die in Galaxy Science Fiction (Vol. 1, No. 5, Feb. 1951) erschien. Der Titel des Romans bezieht sich auf die hier angenommene Selbstentzündungstemperatur von Papier, 451 °F (entspricht 233 °C). Die erste deutschsprachige Übertragung stammt von Fritz Güttinger und erschien erstmals 1955 unter dem Titel Fahrenheit 451. Roman im Arche Verlag in Zürich. Inzwischen gibt es mehrere Fassungen von verschiedenen Übersetzern.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Fahrenheit 451 spielt in einem Staat, in dem es als schweres Verbrechen gilt, Bücher zu besitzen oder zu lesen. Die Gesellschaft wird vom politischen System abhängig, anonym und unmündig gehalten. Drogen und Videowände lassen dennoch keine Langeweile aufkommen. Selbstständiges Denken gilt als gefährlich, da es zu anti-sozialem Verhalten führe und so die Gesellschaft destabilisiere. Bücher gelten als Hauptgrund für ein nicht systemkonformes Denken und Handeln.

Die noch vorhandenen Bücher aufzuspüren und zu vernichten ist Aufgabe der Feuerwehr. Die Bücher werden an Ort und Stelle verbrannt. Mechanische Hunde helfen beim Aufspüren der Bücher. Die Maschinen jagen Buchbesitzer und Staatsfeinde und fangen oder töten sie. Auf den Helmen und Uniformen der Feuerwehr steht die Zahl 451, jene Fahrenheit-Temperatur, bei der Papier Feuer fängt und Bücher sich entzünden. Außerdem tragen die Uniformen einen Salamander auf der rechten Schulter, ein Tier, von dem es in Legenden heißt, es könne im Feuer leben.

Protagonist des Romans ist der 30-jährige Feuerwehrmann Guy Montag, der zunächst scheinbar kritiklos in diesem System funktioniert, heimlich jedoch einige gestohlene Bücher in seinem Haus versteckt. Durch die 16-jährige Clarisse lernt er die Kunst der Worte, den Wert freien Denkens und die Schönheit der Natur kennen. Clarisse stellt ihm die Frage, ob er glücklich sei. Als seine Frau Mildred beinahe an einer angeblich versehentlichen Überdosis Schlaf- und Beruhigungstabletten stirbt, beginnt Montag, intensiver über Clarisses Frage nachzudenken, und gerät in Zweifel. Ihm fällt auch auf, dass in den Medien kaum über den Krieg berichtet wird, in den sein Land gerade verwickelt ist.

Bei einem seiner nächsten Einsätze begeht eine alte Frau Selbstmord, indem sie sich selbst mit ihren Büchern verbrennen lässt. Sie will lieber sterben, als sich dem Druck des Systems zu beugen. Traumatisiert bleibt Montag ein paar Tage seiner Arbeit fern. Sein Vorgesetzter, Captain Beatty, sucht ihn auf und belehrt ihn über die Ursprünge der herrschenden Verhältnisse: Die Ablehnung von Literatur, Kultur und selbstständigem Denken wurde nicht von der Regierung aufgezwungen, sondern vollzog sich schrittweise durch gesellschaftliche Veränderungen, die nach einer Nivellierung des allgemeinen Niveaus und staatlicher Zensur strebten, so dass alle Bürger intellektuell gleichgestellt sind und sich keine Minderheit diskriminiert fühlt. Beatty gibt an, selbst Bücher gelesen zu haben, die Lektüre habe ihm aber nichts Nützliches gegeben.

Montag will selbst Erfahrungen mit Büchern machen und überredet seine Frau, mit ihm zusammen zu lesen. Mildred reagiert abweisend, denn sie fühlt sich in ihrer gewohnten Aktivität stundenlangen Fernsehens gestört. In dieser Situation erkennt Montag, dass er Hilfe braucht, und sucht einen Mentor in dem pensionierten Literaturprofessor Faber, der noch miterlebt hat, wie in den Universitäten die kulturwissenschaftlichen Fachbereiche geschlossen wurden. Montag missachtet Fabers Warnung, sich unauffällig zu verhalten, und liest Mildred und ihren Freundinnen das Gedicht Dover Beach von Matthew Arnold vor. Daraufhin wird er von seiner Ehefrau bei Beatty denunziert. Zur Strafe muss Montag mit seinem Flammenwerfer sein eigenes Haus mit den Büchern anzünden. Als Beatty zudem mit der Verhaftung Fabers droht, richtet Montag den Flammenwerfer auf seinen Vorgesetzten und tötet ihn. Mit Fabers Hilfe gelingt Montag die Flucht durch den Fluss in die Wälder außerhalb der Stadt. Dort schließt er sich einer Gruppe von Dissidenten an, die, von den Medien totgeschwiegen, in den Wäldern vor der Stadt leben und einmal gelesene Bücher im Gedächtnis bewahren, um sie vor dem Vergessen zu retten.

Es kommt im Krieg zu einem Fliegerangriff auf Montags Stadt, die dabei fast völlig zerstört wird. Nach der Zerstörung machen sich die Dissidenten auf den Weg zurück in die Stadt, in der Hoffnung auf einen Neubeginn mit den Überlebenden.

Die Gesellschaft

Die Gesellschaft wird im Roman nicht detailliert beschrieben, die politische Führung agiert allerdings offensichtlich autoritär und menschliche Bedürfnisse werden zur Herrschaftssicherung unterdrückt. Das Ziel staatlichen Handelns ist es, die Bevölkerung ununterbrochen mit simplen Mitteln zu beschäftigen und sie so von wichtigen Ereignissen wie Kriegen abzulenken. Dies wird zum Beispiel mit Fernsehshows erreicht, die über Videoleinwände im heimischen Wohnzimmer zu schauen sind und an denen sich die Zuschauer beteiligen können, aber auch durch große Vergnügungsparks. Viele Menschen sind aufgrund der ständigen Medienbeschallung durch Radio und Fernsehen dazu gezwungen, Schlafpillen zu sich zu nehmen, um überhaupt schlafen zu können.

Zudem ist die Gesellschaft sehr aggressiv. Soziale Zwänge bringen die Menschen, darunter vor allem die Jugendlichen, dazu, Mord als Spaß anzusehen. So werden beispielsweise Hetzjagden auf andere Bürger im Straßenverkehr zu alltäglichen Vergnügen. Auch Montags Flucht wird im Fernsehen übertragen und endet mit dem Tod eines Unschuldigen, der für Montag ausgegeben wird. Die Jugend ist auch durch die Schule unausgelastet und so sind die „Vergnügungsparks“ mehr im Sinne der Regelung von Aggressionen gedacht. Zusätzliche Verbote wie das Verbot, zu langsam zu fahren, können einen Freigeist in Haft bringen.

Selbstständiges Denken ist in dieser Gesellschaft ein absolutes Tabu. Der allgemeinen Ansicht nach führe es nur dazu, dass die Menschen sich unsozial verhalten und die ganze Gesellschaft aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Um genau dieses selbstständige Denken zu vermeiden, wird die Gesellschaft pausenlos unterhalten. Als Hauptfeind der Gesellschaft werden Bücher, etwa Romane, Biographien und Gedichte, gesehen, da sie Gefühle im Menschen hervorrufen und ihn in einen traurigen Zustand versetzen können. Bücher werden daher von der „Feuerwehr“ gesucht und verbrannt.

Die „Feuerwehr“ in dieser Dystopie ist nicht dazu da Feuer zu löschen, sondern um Feuer zu legen. Man kann sie neben der Polizei als zweite Staatsgewalt ansehen. Menschen, die Bücher besitzen und lesen, sind Staatsfeinde, die verfolgt werden. Ihre Häuser und Bibliotheken werden von Feuerwehrmännern angezündet, wobei auch Tote in Kauf genommen werden.

Diese Verfassung der Gesellschaft wurde allerdings nicht durch die herrschende, totalitäre Regierung herbei geführt. Vielmehr haben sich die Menschen durch ihren steigenden Medienkonsum, insbesondere durch das Fernsehen, selbst in diese Lage gebracht.

Entgegen der gängigen Meinung, der Roman warne vor einem totalitären Staat, der seine Macht durch Repression und Zensur zu sichern versucht, war Bradburys ursprüngliche Absicht eine andere. Nach einem am 30. Mai 2007 in der L.A. Weekly erschienen Artikel über Bradbury sagte er, dass seine ursprüngliche Absicht die Warnung vor der Zerstörung des Interesses an Büchern durch das Fernsehen war.[1] Eine Interpretation im Sinne des "totalitären Staates", die sich auf den auslaufenden McCarthyismus in den USA bezieht, ist jedoch auch möglich.

Film

François Truffaut verfilmte 1966 Fahrenheit 451. Die Hauptrolle des Feuerwehrmanns spielt Oskar Werner. Montags Frau und Clarisse werden in einer Doppelrolle von Julie Christie gespielt.

Die Geschichte weicht vom Roman etwas ab: Montags Frau heißt im Roman Mildred, im Film jedoch Linda. Clarisse ist im Roman ein fast 17-jähriges Mädchen, das im Laufe der Handlung zusammen mit ihrer Familie ums Leben kommt. Im Film dagegen ist Clarisse bereits älter und arbeitet als Lehrerin, die schließlich ihre Anstellung verliert und fliehen muss. Auch fehlt im Film die Rolle des alten Mannes Faber, eines ehemaligen Wissenschaftlers, der auf Seiten der geheimen "Bücherbewegung" (im Film: Büchermenschen) steht und Montag wertvolle Hinweise zur Flucht aus der Stadt gibt (nur durch ihn konnte Montag in letzter Sekunde dem mechanischen Hund entrinnen). Im Film erfährt Montag durch Clarisse von den Büchermenschen und wie er den Weg zu ihnen finden kann. Der Krieg aus der zweiten Hälfte des Buches, der am Ende zu einer völligen Zerstörung der Stadt durch eine Nuklearexplosion führt, kommt im Film nicht vor, ebenso wenig der Roboterhund, der den fliehenden Montag jagt.

Derzeit arbeitet Frank Darabont als Drehbuchautor und Regisseur an einer neuen Verfilmung.

Der Film Equilibrium (2002) mit Christian Bale in der Hauptrolle ist inhaltlich ebenfalls stark an das Buch angelehnt. Im Film gilt es als schweres Verbrechen, Emotionen zu empfinden. Die Emotionen selbst werden mit Hilfe von Drogen unterdrückt. Die Hauptfigur gehört zur Gruppe der Grammaton-Kleriker, deren Aufgabe es ist, alle Gegenstände zu vernichten, die Emotionen hervorrufen können, besonders Kunstwerke. Im Verlauf der Handlung kommt auch die Hauptfigur mit Emotionen in Berührung und muss in den Untergrund flüchten.

Hörspiel

Im Jahre 1970 produzierte der WDR ein fünfteiliges Hörspiel, das sich an der Romanvorlage orientierte. Unter der Regie von Günther Sauer sprachen u. a.:

Theater

Die britische Theatergruppe "American Drama Group Europe" hat das Buch auf die Bühne gebracht. Sie ernteten Lob und Anerkennung für die Übertragung des Werkes. Das Stück wird von vier Personen gespielt, die jeweils verschiedene Rollen spielen. Das Bühnenbild ist sehr modern, es gibt lediglich einige viereckige Schränke, die als Betten und Stühle fungieren. Es wird viel mit Musik und Lichteffekten gearbeitet.

2010 erarbeitete das Theater der Jugend in München zusammen mit dem Regisseur Gil Mehmert, mit der Rockband Bananafishbones ein gleichnamiges Musiktheaterstück. Das Bühnenbild des Stücks besteht weitestgehend aus interaktiven Comic-Projektionen [2].

Comics

  • Tim Hamilton (Illustrator); Fritz Güttinger (Übers.) : Fahrenheit 451. Graphic Novel.
    • Rezension: Georg Seeßlen: Spiel mit dem Feuer. Ist eine Comicversion von "Fahrenheit 451", dem Roman über das Verschwinden der Texte und den Sieg der Bilder, nicht eine Erfüllung der eigenen Dystopie? Konkret 6, 2010, S. 49
  • In einem Donald Duck Comic "Lustiges Taschenbuch 243. Heiße Tage in Afrika" wurde die Geschichte unter dem Namen "Celsius 154" aufgegriffen. Allerdings geht es hier um Musik, welche der Präsident (dargestellt durch Dagobert Duck) verboten hat. Donald als Feuerwehrmann soll sie vernichten[3].

Weiteres

  • In einem Nachwort von 1979 weist Bradbury darauf hin, dass sein Werk durch kleine Änderungen vom Verlag "dem Zeitgeist angepasst" worden sei. In der zuletzt (vor diesem Jahr) erschienenen Auflage gäbe es 75 Abweichungen von der Erstauflage, wobei weder er als Autor gefragt, noch dem Leser die Stellen kenntlich gemacht worden seien; und das bei einem Buch, welches die Zensur zum Thema hat.
  • Die erste Fassung des Romans unter dem Titel The Fire Man schrieb Bradbury 1950 im Keller der Bibliothek der University of California in Los Angeles auf einer Münzschreibmaschine. Er steckte jeweils 10-Centstücke in die Schreibmaschine und schrieb gegen die ablaufende Zeit an. Insgesamt kostete ihn die erste Fassung 9,80 US-Dollar, schreibt Bradbury im Nachwort einer späteren Auflage.[4]
  • Im Nachwort einer späteren Auflage erwähnt Bradbury, dass er unbewusst die Namen zweier Personen mit dem Thema Buch und Literatur in Bezug gesetzt habe: Montag ist ein amerikanischer Papierhersteller und Faber ein deutscher Bleistiftproduzent.
  • Die Feuerwehr in diesem Science Fiction Roman hat nicht die Aufgabe, Feuer zu löschen, sondern mit Feuer Gefahren abzuwehren. In der englischsprachigen Originalversion bekommen die firemen und die fire brigade nun die ihrer wörtlichen Bezeichnung entsprechende Aufgabe.
  • Michael Moore, ein amerikanischer Regisseur, wählte den Titel seines Films Fahrenheit 9/11 in Anlehnung an Ray Bradburys Werk. Fahrenheit 9/11 sei laut Moore: „The temperature where freedom burns.“ (Die Temperatur, bei der die Freiheit Feuer fängt.) Dies geschah allerdings gegen den Willen von Bradbury. Dieser äußerte sich in einem Interview folgendermaßen: „Michael Moore ist ein dämlicher Drecksack. So denke ich über ihn. Er hat meinen Titel geklaut und die Zahlen ausgewechselt, ohne mich jemals um Erlaubnis zu fragen.“[5]
  • In StarCraft, einem Echtzeitstrategiespiel von Blizzard Entertainment, ist eine "Helden"- bzw. "Elite"-Einheit der Terraner nach dem Helden des Romans benannt worden (Guy Montag). Bezeichnenderweise handelt es sich hierbei um eine mit Flammenwerfern ausgerüstete Infanterieeinheit.

Literatur

Einzelnachweise

  1. http://www.laweekly.com/2007-05-31/news/ray-bradbury-fahrenheit-451-misinterpreted
  2. www.schauburg.net SCHAUBURG, Theater der Jugend, München
  3. Ehapa Verlag, PDF ”, Literarische Zitate des Ehapa Verlages, Band 243
  4. Nachwort zu: Ray Bradbury, Fahrenheit 451, Del Rey Books (Ballantine), 1995, ISBN 978-0-345-34296-6, Seite 167/168
  5. Online-Nachricht der FAZ
  6. mehrere Beispielseiten bei Amazon

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