Vehra

Vehra

Vehra ist seit dem 1. Juli 1950 ein Ortsteil der Gemeinde Henschleben.[1] Das frühere Kirchdorf liegt südlich der Unstrut gegenüber von Straußfurt und ganz in der Nähe des Schleusentors des Unstrut-Rückhaltebeckens.

Vehra hatte Ende Dezember 2010: 153 Einwohner.

Geschichte

Etwa 1 km östlich von Vehra wurde durch Luftbildaufnahmen eine verschwundene Wallburg geortet: ein abgerundeter, viereckiger Ringgraben.

Der Name Vehra (althochdeutsch ver = Fähre) geht zurück auf eine alte Fährverbindung an dieser Stelle über die Unstrut. Bereits im 9. Jahrhundert soll hier eine Kapelle gestanden haben.

Im Jahre 1080 fand westlich von Vehra auf den "Mordäckern" eine Schlacht zwischen den Truppen von Kaiser Heinrich IV. und dem Gegenkaiser Rudolf statt, die Heinrich gewann. 1208 bestätigte Kaiser Otto IV. dem Zisterzienser-Kloster Pforta einen Meierhof mit Fischerei-Berechtigung namens vere. 1257 kam es zu einem Streit zwischen dem Pfarrer von Werningshausen und dem Kloster Pforta über das Bethaus in Vehra, in dessen Folge dem Pfarrer die Seelsorge in Vehra (und Henschleben) weiter zugebilligt wurde. Auf seinen bisherigen Zins musste er verzichten. Ein Dorf wurde aus Vehra erst seit dem 15. Jahrhundert. Nach Aufhebung des Klosters Pforta kam das Gut an die Familie von Selmnitz. Eine "Kirche bei dem Gute" wurde 1623/24 unter Ernst Friedemann von Selmnitz erbaut. Ab 1689 sind verschiedene andere Gutsbesitzer-Familien zu verzeichnen. Im 19. Jahrhundert war es die Familie von Henning.

1830 wurde der Fährverkehr über die Unstrut eingestellt, da beim Bau einer Chaussee von Weißensee nach Erfurt eine Brücke errichtet wurde. 1863 hatte Vehra 231 Einwohner. Nach altem Brauch verehrten die Pfingstburschen und -Maiden aus Werningshausen dem Rittergutsbesitzer in Vehra am dritten Pfingstfeiertag einen Strauß. Dieser wurde auf einem Marsch mit Musik überbracht, der Dank bestand in einem Fass Bier und der Möglichkeit zum Tanz in Vehra. 1870 wurde die Sitte eingestellt.

1918 war Elise von Pommer Esche, genannt von Henning auf Schönhoff, die "Fideikommisherrin auf Vehra". 1945 erfolgte die entschädigungslose Enteignung des Gutes Vehra. Der Rinderbestand des Gutes war tuberkulosefrei, so dass es das Städtische Krankenhaus in Erfurt beliefern durfte. Ein Teil der Wirtschaftsgebäude des ursprünglich stattlichen Vierseiten-Gutshofs, der zu einem VEG gehörte, verfiel später zu Ruinen.

1982 erfolgte unter Beteiligung der Bürger der Bau einer Trinkwasserleitung und Kanalisation, sowie die Rekonstruktion der Dorfbeleuchtung.

Glocke der in den 1970er Jahren abgerissenen Kirche in Vehra

In den 1970er Jahren fiel das Dach des Schiffs der Dorfkirche ein, woraufhin es abgetragen und der Kirchturm gesprengt wurde. Mit der Kirche ging ihre Innenausstattung verloren, darunter die in Stein gehauenen Ahnenwappen und Gedenktafeln, wie auch die Särge der Gutsbesitzer in der Gruft. Das Gelände wurde planiert. Nach der "Wende" errichtete man auf der begrünten Fläche ein Holzgerüst mit einer der beiden Glocken der Kirche, allerdings ohne jeglichen Hinweis auf die frühere Kirche.

An der Bundesstraße zwischen Vehra und Henschleben befindet sich eine kleine Baumgruppe. Hier stand hochwassersicher oberhalb der Unstrut eine Begräbniskapelle der Gutsbesitzer-Familien von Vehra. Die sterblichen Überreste der in Zinksärgen Beigesetzten wurden nach 1945 auf dem Ortsfriedhof von Vehra ohne Grabdenkmal beigesetzt; die Gruft diente als Kartoffelkeller der LPG, der übrige Raum als Lager. Es finden sich nur noch ungesicherte, ebenerdige Mauerreste zur Gruft. Auch hier erinnert keine Hinweistafel an die Geschichte des Platzes.

In Vehra steht vor einem Wirtschaftsgebäude des Guts ein Kriegerdenkmal für die gefallenen und vermissten Soldaten des Ersten Weltkriegs, nach der Wende ergänzt um eine Tafel für die Opfer des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern, Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart, 1995, ISBN 3-8246-0321-7, Herausgeber: Statistisches Bundesamt
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