- Villa Effertz
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Die Villa Effertz ist eine Villa im Stadtteil Kleefeld in Hannover. Sie steht in der Spinozastraße 5 im sogenannten Philosophenviertel (die Straßen des Viertels sind nach Philosophen benannt). Das 1909 errichtete Gebäude gilt als ein besonderes Exemplar hannoverscher Villen der Gründerzeit und steht unter Denkmalschutz. Das Gebäude aus Naturstein weist einen Fachwerkgiebel und einen runden Eckturm auf.
Baubeschreibung
Die Villa Effertz ist eine aus Sandstein erbaute im Stil der Neuromanik in Anlehnung an mittelalterliche Burganlagen Villa mit ausgeprägten Fachwerkfassaden, die ursprünglich dreigeschossig war. Das markante, ebenfalls aus Sandstein errichtete Eingangstor mit Rundbogen spiegelt ebenso den neuromanischen Stil wieder. Anfang der 1990er Jahre wurde im Rahmen einer Sanierung und Umgestaltung das Dachgeschoss mit einer Raumhöhe von siebeneinhalb Metern ausgebaut. Dadurch wurde die Villa zu einem viergeschossigen Gebäude, das zusammen mit dem dahinterliegenden Kutscherhaus einen Gebäudekomplex bildet. Das repräsentative Treppenhaus wurde aus Massivholz errichtet und verfügt über ein mit Marmor- und Kassettendecke aufwändig gestaltetes Portal.
Geschichte
Die Villa Effertz wurde um 1909 für den Großindustriellen und Stadtverordneten Reinhard Effertz (1848–1930) aus Königsborn in der damaligen Nietzschestraße errichtet, welche 1936 in Spinozastraße umbenannt wurde. Nach dem Tod Effertzs fiel die Villa in den 1930er Jahren in den Besitz der Stadt Hannover.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Villa fast ein Jahr lang (zwischen Dezember 1942 und Oktober 1943) als „Forschungsanstalt für Germanische Volks- und Rassenkunde“ genutzt. Am „Tag der Rassen- und Bevölkerungspolitik“ hatte der Gauleiter der NSDAP, Hartmann Lauterbacher, die Einrichtung eines Forschungsinstituts verkündet. Es sollte sich der „rassischen Reinheit der Bevölkerung des niedersächsischen Lebensraumes“ widmen und den „durch die fremdvölkischen Arbeitskräfte“ in Niedersachsen „entstandenen Gefahren“ entgegenwirken. Als Leiter des Instituts wurde der Biologieprofessor Ferdinand Rossner eingesetzt, der sich später in Briefen zu den kruden rassistischen Studien der Anstalt äußerte. Während dieser Zeit sollen in der Villa Bevölkerungsstatistiken geführt, „germanische“ Frühgeschichte und fragwürdige „Sippenforschung“ betrieben worden sein. Es kursiert das Gerücht, dass man im „Kutscherhaus“ hinter der Villa Schädel vermessen habe. In der „Kriegschronik“ ist allerdings nur von einem „Abguss des Leibniz-Schädels“ die Rede, den man im Auftrag eines Professors gefertigt habe. Nach den Luftangriffen auf Hannover im Oktober 1943 verschwand die Forschungsanstalt.
Nach dem Krieg machte die alte Stadtvilla eine paradoxe Wandlung mit: Sie wurde zum Durchgangsheim für ehemalige KZ-Häftlinge und der erste Austragungsort eines jüdischen Gottesdienstes nach der Befreiung vom Faschismus. Ab 1956 war die Villa für lange Zeit ein Wohnheim für die Schülerinnen der benachbarten Hedwig-Heyl-Schule (heute Alice-Salomon-Schule). 1989 verkaufte die Stadt die Villa, die seitdem als Wohngebäude genutzt wird. Im April 2011 wurde vor der Villa eine Szene des Films „Aus Liebe“ mit Ralph Herforth, Peter Heinrich Brix und Anica Dobra gedreht.
Literatur
- Haus mit Geschichte – die Villa Spinozastraße 5 in: Hannoversche Allgemeine Zeitung 2001
- Sabine Szameitat: Die Villa wahrt ihr Gesicht – Trotz Denkmalschutz hinten Dreiecksfenster in: Zeitschrift „Bauen und Wohnen“
52.370149.79366Koordinaten: 52° 22′ 13″ N, 9° 47′ 37″ OKategorien:- Villa in Niedersachsen
- Baudenkmal in Hannover
- Neuromanisches Bauwerk in Niedersachsen
- Erbaut in den 1900er Jahren
- Kleefeld (Hannover)
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