Walther Lampe

Walther Lampe

Walther Lampe (* 10. September 1894 in München-Gladbach; † 18. September 1985 in Hannover) war ein deutscher Jurist und evangelisch-lutherischer Kirchenbeamter.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Walther Lampe studierte Rechtswissenschaften, besuchte die Archivschule Marburg und promovierte. Er trat 1924 als Assessor in den Dienst der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. 1926 wurde er Landeskirchenrat und juristischer Dezernent für Land- und Friedhofsangelegenheiten im Landeskirchenamt Hannover, ab 1933 im Rang eines Oberlandeskirchenrats. Ab 1933 war er nebenamtlicher Leiter des Landeskirchlichen Archivs und betrieb in dieser Funktion die Gründung der Arbeitsgemeinschaft landeskirchlicher Archivare, deren Schriftführer er wurde. Lampe hatte zunächst eine Nähe zur NS-Ideologie, war seit 1933 Mitglied der NSDAP und auch der Deutschen Christen. Er nutzte das nationalsozialistische Interesse an den Kirchenbüchern in Form der Reichsstelle für Sippenforschung, um für diese kirchliche Quellen und das kirchliche Archivwesen insgesamt zu sorgen. Dafür verfolgte er die Idee, dezentrale Kirchenbuchämter innerhalb der Landeskirche einzurichten. Im April 1935 wurde in Hannover das erste Amt eröffnet, das den Namen „Sippenkanzlei“ trug und neben der Ausstellung von Ariernachweisen auch für die Kirchenbuchführung sämtlicher Kirchengemeinden der Stadt zuständig war. Zwar konnte Lampe auf diesem Weg höhere Sicherheitsstandards für die Aufbewahrung der Kirchenbücher realisieren, allerdings machte er sich dabei keine Gedanken zu den Folgen der Auskünfte für diejenigen, die keine Taufbescheinigungen oder keinen Ariernachweise erhielten. Im Laufe der Zeit wandte er sich von den Deutschen Christen ab und folgte der Linie des Landesbischofs August Marahrens. Während er stärker die Eigenständigkeit der Kirche betonte, reduzierte er die Kooperation mit der Reichsstelle für Sippenforschung. Die daraus folgende Ablehnung des geltend gemachten staatlichen Anspruchs auf die Kirchenbücher bedeutete jedoch nicht, dass Lampe sich grundsätzlich vom nationalsozialistischen Rassendiskurs distanziert hätte. Hans Otte konstatiert in Lampes Handeln „'blinde Orientierung' an der Praxis mit ihren schrecklichen Folgen“.[1]

Heimatpflege und Archivwesen waren große persönliche Interessen. 1925 war er Mitbegründer der hannoverschen Ortsvereinigung der Goethe-Gesellschaft, 1930 Mitbegründer und später stellvertretender Vorsitzender der Wilhelm-Busch-Gesellschaft.[2] 1933 wurde er zum Vorsitzenden des Heimatbunds Niedersachsen (HBN) gewählt und behielt dieses Amt bis zur Auflösung des Vereins 1942.

In den Jahren 1934 bis 1939 und 1947 bis 1974 fanden nach der Heuernte um den Johannistag herum in der Waldgaststätte Marienberg die Marienbergfeste mit der Jahreshauptversammlung des Heimatbunds Niedersachsen statt. In der Eröffnungsveranstaltung des Jahres 1934 betonte Walther Lampe in seinem Grußwort die Eigenständigkeit der Arbeit des Heimatbundes mit den Worten, „dass der Heimatbund nur eine einzige Aufgabe kenne, nämlich die, unter seinen Mitgliedern die Kunde von der Heimat zu vertiefen, mit ihnen im Dienste der Heimat zu stehen und die Liebe zur Heimat zu wecken.“[3]

Walther Lampes ambivalente Haltung zum Nationalsozialismus ermöglichte ihm einen schnellen Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg. „Er sah sich nicht kompromittiert, konnte er doch darauf hinweisen, dass er bei der Gauleitung als unzuverlässig galt. Angesichts der Nöte der Nachkriegszeit schien ihm ein kritischer Rückblick unnötig zu sein. Erneut war sein Pragmatismus gefragt.“[1]

Bis 1962 leitete er das Landeskirchliche Archiv Hannover und bis 1960 das Archivamt der Evangelischen Kirche in Deutschland in Hannover (vormals Archivamt der Deutschen Evangelischen Kirchenkanzlei Breslau). Er war der Initiator des 1946 bis 1957 angegliederten Kirchenbuchamtes für den Osten. In der Arbeitsgemeinschaft landeskirchlicher Archivare übernahm er 1947 bis 1961 ebenso den Vorsitz wie im wieder gegründeten Heimatbund Niedersachsen (1946-1973).

Auszeichnungen

Schriften

  • Sippenforschung im Dritten Reich. In: Das Evangelische Deutschland 12 (1935), S. 71 f.
  • Walther Lampe: Ludwig Brüel. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, S. 658.
  • Kirchenbuch-Verzeichnis der Evangelisch-lutherischen Kirche in Oldenburg, Evangelisch-Lutherischer Oberkirchenrat (Hrsg.), Oldenburg 1972
  • Nachwort zur Neuauflage Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Gedichte, Insel-Verlag, Leipzig 1938

Literatur

  • Waldemar R. Röhrbein: Die Marienbergfeste. In: Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.): Heimat bewahren, Heimat gestalten. Beiträge zum 100jährigen Bestehen des Heimatbundes Niedersachsen. Hannover 2001. Seiten 108-113.
  • Nachträge und Corrigenda zum Personenlexikon zum deutschen Protestantismus 1919-1949., bearbeitet von Hannelore Braun und Gertraud Grünzinger, Göttingen 2006
  • Hans Otte: Pragmatismus als Leitmotiv: Walther Lampe, die Reichsstelle für Sippenforschung und die Archivpflege in der hannoverschen Landeskirche in der NS-Zeit, in: Manfred Gailus: Kirchliche Amtshilfe: die Kirche und die Judenverfolgung im "Dritten Reich", Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 2008, S. 131-194, ISBN 9783525553404
  • Hans Otte: Die Archivalien sind selbst in die Hand zu nehmen. Zur Geschichte des Landeskirchlichen Archivs Hannover, in: Stefan Flesch und Udo Wennemuth (Hrsg.), Aus evangelischen Archiven (Neue Folge der „Allgemeinen Mitteilungen“), Im Auftrag des Verbandes kirchlicher Archive in der Arbeitsgemeinschaft der Archive und Bibliotheken in der evangelischen Kirche, Nr. 49, Hannover 2009

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Hans Otte: Pragmatismus als Leitmotiv: Walther Lampe, die Reichsstelle für Sippenforschung und die Archivpflege in der hannoverschen Landeskirche in der NS-Zeit, in: Manfred Gailus: Kirchliche Amtshilfe: die Kirche und die Judenverfolgung im "Dritten Reich", Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 2008, S. 131-194, ISBN 9783525553404, S. 174 f.
  2. Chronik der Wilhelm-Busch-Gesellschaft, abgerufen am 19. Mai 2010
  3. Jahresbericht des Heimatbundes Niedersachsen 1934, Seite 3.

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