Zugmeldeverfahren

Zugmeldeverfahren
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Als Zugmeldeverfahren bezeichnet man im Bahnbetrieb ein Verfahren zur Sicherung von Zugfahrten, bei dem im festen Raumabstand gefahren wird. Die dazu notwendige Kommunikation zwischen den Betriebsstellen erfolgt fernmündlich oder halbautomatisch über eine Zugmeldeanlage, per sogenannter Zugmeldung.

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

Um ein Fahren im festen Raumabstand zu gewährleisten, muss sichergestellt sein, dass eine Fahrt in einen Streckenabschnitt zwischen zwei Betriebsstellen (einen sog. Zugfolgeabschnitt), nur dann erfolgt, wenn

  • der Abschnitt (inkl. Durchrutschweg) frei von Fahrzeugen ist
  • das Gleis nicht durch einen Zug der Gegenrichtung beansprucht wird.

Dazu müssen sich die beteiligten Betriebsstellen über

  • das Zulassen einer Zugfahrt (sog. Anbieten und Annehmen)
  • die voraussichtliche Abfahrt (sog. Abmelden)
  • und die vollständige Räumung des Abschnitts (sog. Rückmelden)

verständigen. Werden Streckengleise in nur einer festgelegten Richtung befahren (wie etwa auf zweigleisigen Strecken), so wird auf Anbieten und Annehmen in der Regel verzichtet. Das Rückmelden wird bei funktionsfähigem Streckenblock durch diesen übernommen, das Abmelden erfolgt jedoch immer.

Betriebsstellen, die die Reihenfolge der Zugfahrten regeln, werden dabei als Zugmeldestelle bezeichnet (etwa Bahnhöfe, Überleitstellen und Abzweigstellen); Betriebsstellen, die nur die Folge der Züge regeln, als Zugfolgestellen (etwa Blockstellen). Das Anbieten und Abmeldung erfolgt immer von Zugmeldestelle zu Zugmeldestelle, die Rückmeldung jedoch durch/an die letzt-/nächstgelegene Zugfolgestelle.

Wortlaut und Verfahren der Zugmeldungen sind aus Gründen der Betriebssicherheit genau festgelegt. Insbesondere muss eine fernmündlich gegebene Zugmeldung vom Anrufer als solche angekündigt und vom Gesprächspartner wiederholt werden. Die Richtigkeit der Wiederholung muss der Anrufer bestätigen. Die Kommunikation wird darüber hinaus im Zugmeldebuch oder selbsttätig z. B. durch einen Zugnummerndrucker dokumentiert.

Wortlaut

Beim Anbieteverfahren bietet der Fahrdienstleiter, der einen Zug ablassen will, ihn dem Nachbarfahrdienstleiter an mit den Worten:

  • "Zugmeldung, wird Zug (Zugnummer) angenommen?"

Der Befragte antwortet, wenn er zustimmt, mit den Worten:

  • "Zug (Zugnummer) ja".

Ist er nicht einverstanden, antwortet er:

  • "Nein warten"; später nimmt er den Zug ohne erneutes Anbieten an mit: "Jetzt Zug (Zugnummer) ja".


Die Abmeldung erfolgt mit den Worten:

  • "Zug (Nummer) in (Ort) (voraussichtlich) ab (Minute der voraussichtlichen Ab- oder Durchfahrzeit)".

Die Rückmeldung erfolgt mit den Worten:

  • "Zugmeldung, Zug (Zugnummer) in (Name der Räumungsprüfstelle)".

Alle Zugmeldungen, auch Weigerungen, werden schriftlich dokumentiert und dann wörtlich wiederholt und vom anfragenden Fahrdienstleiter mit "richtig" bestätigt.


In einem konkreten Beispiel könnte das Anbieteverfahren in Verbindung mit dem Abmelden und späterer Rückmeldung wie folgt ablaufen:

  • Fahrdienstleiter A: "Zugmeldung, wird Zug 602 angenommen?"
  • Fahrdienstleiter B: "Zug 602 ja".
  • Fahrdienstleiter A: "Zug 602 in A voraussichtlich ab 13".
  • Fahrdienstleiter B: "Ich wiederhole: Zug 602 in A voraussichtlich ab 13".
  • Fahrdienstleiter A: "Richtig".

...

  • Fahrdienstleiter B: "Zugmeldung, Zug 602 in B."
  • Fahrdienstleiter A: "Ich wiederhole: Zug 602 in B."
  • Fahrdienstleiter B: "Richtig".

Besondere Formen für das Anbieten und Abmelden gibt es beim Abweichen vom Regelbetrieb, beispielsweise wenn Züge auf mehrgleisigen Strecken ein Streckengleis gegen die gewöhnliche Fahrtrichtung befahren sollen.

Grundlage für die Räumungsprüfung ist immer noch, wie in den Anfangszeiten der Eisenbahn, das Zugschlusssignal am letzten Fahrzeug des Zuges. Wenn beispielsweise bei gestörtem Streckenblock das Zugschlusssignal nach dem Befahren der betroffenen Blockstrecke beobachtet worden ist, gilt die Blockstrecke als "frei". In den ausgedehnten Stellbereichen moderner Stellwerke sind jedoch vor Ort nur noch wenige Mitarbeiter vorhanden, die das Vorhandensein des Zugschlusssignals beobachten könnten. Bei einer gestörten Streckengleisfreimeldeanlage erfolgt hier die Räumungsprüfung unter Mitwirkung des Zugpersonals, das eine Zugvollständigkeitsmeldung abgibt, oder bei längeren Störungen durch einen an einer Signalzugschlussstelle eines Hauptsignal aufgestellten Rückmeldeposten. Bei kurzfristig aufgetretenen Störungen kann zur Beschleunigung des Betriebes auf die Räumungsprüfung verzichtet werden, hier muss der nächste Zug dann die betroffene Blockstrecke oder auch mehrere einander folgende Blockstrecken auf Sicht, d.h. mit höchstens 40 km/h befahren. Der Triebfahrzeugführer muss seine Fahrweise so einrichten, dass er den Zug vor jedem Hindernis rechtzeitig anhalten kann. Wenn diese Zugfahrt ordnungsgemäß verlaufen ist und eine Räumungsprüfung erfolgreich durchgeführt wurde, gilt die Blockstrecke wieder als frei.

Anwendung

Das archaische mündliche Zugmeldeverfahren ist auch heute noch Basis des lokalen Zugbetriebes. Auf stärker befahrenen Strecken erfolgen die Zugmeldungen allerdings nicht mehr mündlich, sondern größtenteils automatisiert über Zugmeldeanlagen. Die Zugmeldeanlagen führen die Vormeldung automatisch durch und dokumentieren diese auf einem Protokolldrucker. Das Anbieten und Annehmen wird durch die Fahrdienstleiter über ein Eingabeterminal mit Anzeige durchgeführt.

Alternativen

Das Zugmeldeverfahren kommt, egal ob fernmündlich oder per Zugnummernmeldeanlage auf allen regulär nach Fahrdienstvorschrift betriebenen Strecken zum Einsatz. Auf Nebenbahnen mit geringerer Belastung und vereinfachten betrieblichen Bedingungen kann der sogenannte Zugleitbetrieb zum Einsatz kommen. Die Zugleiter wickeln mit den benachbarten Fahrdienstleitern bzw. Zugleitern den Bahnverkehr mit modifizierten Zugmeldungen ab, der Betrieb innerhalb des Zugleitbereichs erfolgt nach einem eigenen Meldeverfahren. Die dort gegebenen Zuglaufmeldungen dienen im Wesentlichen der Verständigung zwischen dem Zugleiter und den Zugpersonalen, wie z. B. der Erteilung von Fahraufträgen.

Ausland

Das Zugmeldeverfahren in dieser Form oder mit leicht geändertern Wortlauten kommt bei diversen Bahngesellschaften zum Einsatz, wie z. B. in Luxemburg oder Österreich. Die Annahme eines Zuges bei den ÖBB geschieht beispielsweise nicht mit dem Wortlaut "Zug (Nummer) ja", sondern mit "Zug (Nummer) darf kommen".

Andere Bahnen setzen eigene Zugmeldeverfahren ein, die von den Grundideen (Anbieten auf eingleisigen Strecken, Abmelden einer Fahrt, Rückmeldung einer stattgefundenen Fahrt) her identisch sind, aber einem anderen Wortlaut unterliegen, durch Codes ersetzt sind oder beispielsweise zur besseren Protokollierung mit dem Austausch bestimmter (Zufalls-)Zahlen ergänzt werden. In Frankreich wird auf Zugmeldungen im Regelfall verzichtet, wenn die Züge in der Reihenfolge des vorgesehenen Fahrplans verkehren, eine bestimmte Verspätung nicht überschreiten und keine Störung in der Stellwerkstechnik vorliegt.


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